Vortragende in Lambach: Diakon Martin Mayr, Markus Büker, Sigrun Zwanzger, Anja Appel, Männerorden-Vorsitzender Abt em. Christian Haidinger und P. Franz Helm.
Vortragende in Lambach: Diakon Martin Mayr, Markus Büker, Sigrun Zwanzger, Anja Appel, Männerorden-Vorsitzender Abt em. Christian Haidinger und P. Franz Helm.
Ursachen für verschiedenste Formen von Armut und Ausbeutung und deren Auswirkungen mannigfaltig.
Aktuell leiden laut der Weltgesundheitsorganisation WHO rund 815 Millionen Menschen weltweit an Hunger. Auslöser dafür sind nach Einschätzung der Geschäftsführerin der Koordinierungsstelle der Österreichischen Bischofskonferenz für internationale Entwicklung und Mission (KOO), Anja Appel, jedoch nicht etwa fehlende Ressourcen oder die Zunahme der Weltbevölkerung sondern eine fehlende Verteilungsgerechtigkeit: "Jedes Kind, das heute an Hunger stirbt, wird ermordet, weil es eigentlich genug Nahrung gibt", zitierte Appel den Soziologen Jean Ziegler am Samstag, 21. Juli 2018 am Rande der "weltkirche.tagung" - vormals "Fachtagung Weltkirche" - in Lambach gegenüber "kathpress".
Hunger und Mangelernährung zu beseitigen, sei deshalb eine der größten Herausforderungen "unserer Zeit", mahnte die KOO-Geschäftsführerin. Man dürfe es dabei allerdings nicht mit der Beseitigung von Hunger bewenden lassen, vielmehr müsse es darum gehen, dass sich Menschen mit "qualitativ guten Nahrungsmitteln" versorgen können. Hunger habe schließlich auch eine theologische Dimension und stehe in diesem Zusammenhang "für den Hunger nach Gerechtigkeit, die Hoffnung auf ein nährendes Leben in vielerlei Hinsicht und für ein gutes Leben für alle".
Auf die Frage, wieso Menschen weltweit trotz Überproduktion und Lebensmittelverschwendung immer noch Hunger leiden müssten, gebe es keine einfachen Antworten: "Die Ursachen für die verschiedensten Formen von Armut und Ausbeutung und deren Auswirkungen sind mannigfaltig, Lebens- und politische Umstände komplex und daher lassen sich auch nicht singuläre Antworten geben", erläuterte Appel.
"Antreiber" des "weltweiten Ungleichgewichts" seien u.a. globale Handels- und Wirtschaftsstrukturen und das Konsumverhalten der Menschen in Industrie- und zunehmend auch in Schwellenländern. Wie sich diese negativ auf Entwicklungsländer auswirken, erläuterte die EZA-Expertin am Beispiel der Fleischproduktion und des Fleischkonsums:
In Österreich werden pro Jahr und Kopf rund 60 Kilogramm Fleisch- und Wurstwaren verzehrt, 40 Kilogramm mehr als von Gesundheitsstellen empfohlen. Ernährt werden diese Tiere aber nicht mit Soja aus Österreich oder Europa sondern mit in der Regel gentechnisch veränderten Importen, bevorzugt aus Argentinien und Brasilien. Pro Jahr importiere die Alpenrepublik etwa 500.000 Tonnen an Soja und trage so indirekt in den Regionen zu Landvertreibung, Zerstörung der Biodiversität oder Vergiftung des Bodens durch Chemikalien bei. "Ethisch korrekt" ist laut Appel Fleischkonsum übrigens nur dann, wenn es sich um Produkte handelt, die nach den strengen Regeln eines Bio-Gütesiegels produziert wurden.
Wie "absurd" das globale Wirtschaftssystem ist, wird nach Einschätzung der KOO-Geschäftsführerin am Beispiel österreichischer Fleischexporte nach China sichtbar: Mit dem Land gebe es einen neuen Vertrag, der den Export von hierzulande über Subventionen ermöglichtes Billig-Schweinefleisch fördere, so den lokalen Markt im bevölkerungsreichsten Land Asiens zerstöre und den chinesischen Bauern die Lebensgrundlage nehme. Negativ wirke sich dieses System aber nicht nur auf die Bauern in China sondern auch auf heimische Kleinbauern aus, "denn auch diese können mit den Preisen der Großbetriebe nicht mithalten".
Die diesjährige Tagung in Lambach stellte den Endpunkt einer dreiteiligen Veranstaltungsreihe dar, die der Papst-Enzyklika "Laudato si" gewidmet war. 2016 stand die Tagung unter dem Titel "Schöpfung in Gefahr! Aufstehen gegen Raubbau und Gier", 2017 unter dem Motto "Die Erde sind wir - Schritte zur ökologischen Umkehr". Heuer diskutierten die internationalen Referenten zum Thema "Ernährungsgerechtigkeit - Auf dem Weg zu einer globalen Tischgemeinschaft".
Die von den Ordensgemeinschaften, der KOO und der Missionsverkehrsanstalt MIVA getragene Veranstaltung beleuchtete vom 20. bis 22. Juli, die aktuellen globalen Herausforderungen zu Nahrungsmittelproduktion und Ernährung, vor allem aus Perspektive der Ortskirche in Afrika und Lateinamerika. Referent waren der in Brasilien engagierte oberösterreichische Entwicklungshelfer Martin Mayr und der deutsche Theologe Markus Büker. Den Festgottesdienst am Sonntag im "Christophorus-Haus" der MIVA in Stadl-Paura, dem offiziellen Schlusspunkt der Tagung, leitete Militärbischof Werner Freistetter.