Doppel-Bischofsweihe im Irak.
Doppel-Bischofsweihe im Irak.
Kardinal-Patriarch Sako: Großes Zeichen der Hoffnung für den Irak.
Ein besonderer "Tag des Festes" war für die chaldäische Kirche der Freitag, 18. Jänner 2019. Mit dem Dominikanerpater Michael Najeeb Moussa (63) und P. Robert Jarjis wurden an einem Tag zwei Priester von Kardinal-Patriarch Mar Louis Raphael Sako zu Bischöfen geweiht. Moussa ist fortan neuer Erzbischof von Mosul, Jarjis Weihbischof von Bagdad. Die doppelte Bischofsweihe bestätige die "Dynamik und Vitalität" der christlichen Gemeinschaft, die imstande sei, die sich ihr jeden Tag stellenden "tausend Herausforderungen" zu bewältigen, erklärte Sako laut Berichten der katholischen Nachrichtenagentur "AsiaNews". Die neuen Bischöfe sollten die Einheit der chaldäischen Kirche und auch die Stabilität des Iraks stärken, als Beitrag zum Frieden und Fortschritt im kriegsgebeutelten Land.
An der Bischofsweihe in der St.-Josephs-Kathedrale in Bagdad nahmen neben tausenden Gläubigen auch Bischöfe aus allen Teilen des Iraks teil, sowie Botschafter, Regierungsmitglieder und Führer des schiitischen und sunnitischen Islams im Irak.
Najeebs Ernennung und Weihe sei für das von den IS-Terroristen zerstörte und nach der opferreichen Befreiung am Boden liegende Mosul eine "Quelle der Hoffnung", hob Sako hervor. Auch viele Muslime hätten ihm mitgeteilt, wie froh sie seien, dass es in der Tigris-Metropole wieder eine christliche Autorität gebe. Der neue Erzbischof müsse ein Unterpfand des "Vertrauens auf die Zukunft" in einer Umgebung sein, die nur mühevoll die Spuren enormer Zerstörung überwinde. Moussa habe enorm viel Verantwortung zu tragen, könne als geborener Mosuler mit guten Vernetzungen in der Stadt aber auch sehr viel erreichen, vor allem in der Verbesserund der Beziehungen zwischen Christen und Muslime. Was der IS an Gewohnheiten und Ideologie in der Stadt hintergelassen habe, gelte es zu enttarnen. "Sei der neue Jona für Ninive", so Sako.
Besonders die Versöhnung und die Wiederherstellung des verloren gegangenen Vertrauens unter der Stadtbevölkerung nach der erfolgten IS-Gewalt seien die größten Herausforderungen für Najeeb, betonte der Patriarch; beides seien wichtige Voraussetzungen für dauerhaften Frieden. "Die Freude über die Befreiung und die Hoffnung auf Rückkehr der geflohenen Christen gilt es zu vertiefen", so Sako. Das seit dem 1. Jahrhundert zutiefst mit dem Christentum verbundene Profils von Mosul gelte es ein stück rückzugewinnen, denn: "einige der Kirchen, die wiederherzustellen sind, gehören zu den ältesten der Christenheit. Sie sind Teil des Lebens und der Geschichte der Stadt."
Der chaldäische erzbischöfliche Sitz von Mosul war seit 2015 vakant, nachdem der damalige Erzbischof Emil Shimoun Nona zum Oberhaupt der chaldäischen Katholiken in Australien - wo es eine große Diasporagemeinde gibt - ernannt worden war. Nona war in Mosul Nachfolger des Märtyrer-Bischofs Paulos Faraj Rahho, der von Islamisten im Jahr 2008 ermordet wurde.
Michael Najeeb Moussa wurde weltbekannt als der Retter der antiken Manuskripte des mesopotamischen Raums, die für die ganze Christenheit und auch für andere Religionen von größter Bedeutung sind. Als die IS-Terroristen im Sommer 2014 Mosul überfielen und Armee und Polizei ihr Heil in der Flucht suchten, sorgte Najeeb in Erbil nicht nur für die Flüchtlinge aus der Stadt am Tigris, sondern auch für die Evakuierung der kostbaren Handschriften nach Karakosch sowie später nach Erbil.
Zum Erfolg der Rettungsaktion trug bei, dass er schon zehn Tage vor dem IS-Ansturm damit begonnen hatte, aus den Gotteshäusern von Karakosch und anderen Kleinstädten der Ninive-Ebene die kostbaren Manuskripte und Ikonen zu bergen, erzählte der nunmehrige Erzbischof vergangenen November in einem "Kathpress"-Interview. Seine Erfahrungen schilderte der Dominikaner zudem in dem 2017 auf Französisch erschienenen Buch "Sauvez les livres et les hommes" (Rettet die Bücher und die Menschen). Dank dieser Voraussicht war es dem IS nicht gelungen, während der Schreckensjahre die Geschichte der Christen sowie auch anderer religiöser Minderheiten komplett auszulöschen.
Najeeb hatte bereits kurz nach seiner Priesterweihe 1987 das "Centre Numerique & de recherches sur les Manuscrits Orientaux" gegründet, mit dem er mit seinem Team über 8.000 Manuskripte digitalisierte und somit für die Nachwelt erhielt. Viele dieser Schriftstücke sind bereits mehr als 1.000 Jahre alt und in einem sehr schlechten Zustand, weshalb Najeeb auch mit der Restauration begann. Über 40.000 Manuskripte wurden von seinem Handschriftenzentrum zudem archiviert, wobei viele davon noch weiter auf ihre Digitalisierung warten. Ein Zukunftsprojekt ist die Digitalisierung der in Najeebs Besitz befindlichen größten Sammlung von Fotos des Iraks aus dem 19. und 20. Jahrhunderts.
Dank dieser Arbeit hat der neugeweihte Erzbischof eine enge Verbindung zu Österreich und Deutschland: Mit den Diözesanarchiven von St. Pölten und Passau besteht seit vielen Jahren eine enge Kooperation, berichtete der St. Pöltner Diözesanarchivar Thomas Aigner am Samstag gegenüber "Kathpress". Najeebs Verdienste um das Kulturerbe seien nicht hoch genug einzuschätzen, "denn für die Menschen vor Ort bedeutet der Erhalt der Dokumente Identität, Geschichte und Existenzbeweis". In allen Tätigkeiten sei es dem Dominikaner vor allem um die Menschen gegangen, was sich auch in der herzlichen Beziehung zu den Gläubigen vor Ort widerspiegle.
Gemeinsam mit Moussa wurde auch der 45-jährige Robert Jarjis zum Bischof geweiht. Er absolvierte vor dem Theologiestudium eine Ausbildung zum Tierarzt. Sieben Jahre war er Pfarrer in der Maria Himmelfahrt-Gemeinde im Bagdader Stadtteil Mansour, seit wenigen Monaten Dompfarrer an der Josefskathedrale der irakischen Hauptstadt.
Für den Kardinal-Patriarchen Louis Raphael Sako ist die doppelte Bischofsweihe am Freitag ein Zeichen für die allgemeine Verbesserung der Situation im Irak. Freilich seien die Probleme im Bereich der Wirtschaft, vor allem die Arbeitslosigkeit, geblieben. Aber es gebe positive Entwicklungen wie die kontinuierliche Rückkehr der christlichen Vertriebenen und Flüchtlinge nach Mosul und in die Kleinstädte und Dörfer der Ninive-Ebene, erklärte er gegenüber "Asianews".