Unsere Sehnsucht: dass junge Menschen Gott begegnen und die Musik dabei hilft!
Interview mit Lucia Riedl über ihr musikalisches Engagement an der KHG
Lucia (24) studiert Musiktherapie, aber das ist nicht alles. Unter ihrer Leitung lebt die Votivkirche jede Woche kirchenmusikalisch auf: in der HOPE, der Sonntagsmesse für alle Studierenden in Wien. Mit ein paar Stunden arbeitet sie für die Katholische Hochschulgemeinde und verbindet zwei Dinge für die ihr Herz brennt: Jüngerschaft und Musik!
Lucia, du koordinierst in deinem Team zurzeit 15 ehrenamtliche studentische Musikerinnen und Musiker. Wie kommst du dazu?
Konkret in der KHG bin ich von meinem Vorgänger mal gefragt worden, ob ich in der Werktagmesse Querflöte mitspielen würde. So hat es angefangen. Und irgendwann kam P. Simon auf mich zu, dass sie sich mich in der KHG gut für diese Aufgabe vorstellen könnten. Das hat mich extrem gefreut!! Ich kann mich noch an meinen Anruf daheim erinnern: Mama du wirst es nicht glauben!
Was reizt dich daran, Musik für die HOPE zu machen?
Einerseits die musikalische Freiheit! Aber vor allem – klingt jetzt vielleicht krass, es vereint das, wofür ich lebe! Musik hat mich schon immer begleitet, nun auch in meinem Studium. Durch Musik Menschen zu begegnen, sie zu berühren, ihnen zu helfen, das ist etwas Großes! Und nun konnte ich das auf einmal ganz neu verbinden mit meinem Glauben. Ich hatte zum ersten Mal das Gefühl, so richtig auf meine Art Mission leben zu können - so wie ich bin! Denn mit Worten bin ich da nicht so groß... Mit meinem Handeln versuche ich es natürlich, aber eher im Kleinen. Aber mit der Musik den Menschen Jesus bringen zu dürfen, das ist einfach mein Traumjob!
“Ich hatte zum ersten Mal das Gefühl, so richtig auf meine Art Mission leben zu können”
Wie lebst du das?
Die Beziehung zu den einzelnen Menschen ist mir extrem wichtig. Ich trommle die Leute zusammen, kümmere mich um meine Musiker, schau dass ich sie auch außerhalb der Musik sehe, frage nach Feedback. Ich bete auch gern für meine Musiker oder bitte andere um Gebet für sie. Denn jeder einzelne ist mit seinen Talenten ein absolutes Geschenk Gottes!
Stell dir vor, jemand schaut durch ein Fenster in die Votivkirche - was sieht er da bei den Proben?
Freude! Wir lachen viel gemeinsam. Dann auch immer wieder einfach die Frage “wie geht’s dir?” Mir ist einerseits wichtig, die Probe konsequent durchzuführen, aber eben auch ein Gespür für die Personen zu bekommen: Aus was für einem Tag kommen sie gerade? In letzter Zeit achte ich viel auf verzwickte Blicke und dann frag ich einfach nach der Probe nach: Ich glaub irgendwas hat vorhin nicht gepasst, magst du das teilen? Nach der Messe sind wir mit beim Get-together im Café Caspar, und oft ziehen wir dann noch weiter für eine Jamsession. Einfach so, frei improvisiert. Mit Musik aus Musicals, Rock und Pop, manchmal auch mit Abendgebet.

“Es ändert sich alles, wenn die Stimme des Herzens mitschwingt.”
Sind deine Leute eigentlich Profimusiker?
Richtige Musikstudenten habe ich gerade nur einen. Aber alle haben Talent und die HOPE ist echt auch ein Raum, um die Musiker zu ermutigen und Wachstum zu ermöglichen. Neulich hat eine Studentin zum ersten Mal eine Solostimme gesungen. Das Lied lag ihr und ich hab sie ermutigt: Trau dich! Es geht nicht um die Perfektion. Geistliche und Worship-Lieder haben oft einen sehr berührenden Text. Und da ändert sich alles, wenn die Stimme des Herzens mitschwingt.
Wie kommst du zu jungen Leuten, die bei der Musik mitmachen?
Manche frage ich gezielt an, aber es kommen auch Personen auf mich zu. Einmal nach der Messe kam ein Mädel, von zwei Freundinnen begleitet wie von Bodyguards. Und dann hat sie schüchtern gefragt: “Ich würde urgern mal mitsingen, darf ich das??” - Natürlich! Und nach dem ersten Mal hat sie gesagt, es war ihr größter Traum, mal in der HOPE mitzusingen. Heute ist Anna eine meiner treuesten Sänger! Eine andere, Marie, kenne ich aus dem Unikontext. Sie war auf der Suche und hatte gemerkt, dass es sie zurück zum Christentum zieht, wusste aber nicht wohin. Bei einem Ausflug hab ich sie einfach mal in die HOPE eingeladen. Die Messe hat sie total berührt, sie kam dann regelmäßig. Neulich habe ich sie einfach für die Musik gefragt. Sie ist im Glauben selbst noch eher neu unterwegs und kann die Mission trotzdem total mittragen.
Du studierst Musiktherapie - was hilft dir davon am meisten für die Arbeit in der KHG?
Puh, schwere Frage. Ich glaub, ein Punkt ist das Bewusstsein über die Kraft und die Wirkung der Musik – und dass dies eine Aufgabe darstellt, die mit Verantwortung verbunden ist. Einfach in dem Sinn, dass Musik unglaubliche Kraft entfalten, viel auslösen kann, was man nicht immer vor Ort auffangen kann. Sie kann auch für gute und fragwürdige Zwecke eingesetzt werden. Gerade weil der Mensch sensibel auf Musik ist, ist mir die Frage eines bewussten Umgangs wichtig.
“Das Bewusstsein über die Kraft der Musik ist mit Verantwortung verbunden.”
Spannender Punkt. Im Kontext Worship gibt es teilweise kritische Anfragen, gerade in Bezug auf Emotionalisierung. Wie siehst du das?
Emotionen gehören zum Menschen. Emotionen anzusprechen ist ja nicht gleich emotionalisieren. Ich denk, oft ist eine relevante Frage einfach die der guten Ordnung. Durch den Kontext der Messe wird da manches leichter: Es soll ja die Liturgie im Fokus stehen. Diesen Fokus versuchen wir durch die Musik zu unterstützen. Es geht darum, dass die Menschen Gott begegnen können - und dass die Musik dafür einen guten möglichen Rahmen bereitet.
Wie geht das?
Nicht zu viel Schlagzeug! (lacht) Ne, wir fragen einfach: Welche Rolle und Bedeutung hat jeder Teil der Messe? Welche Stimmung, welche Texte sind geeignet, um dem Ausdruck zu verleihen? Vor dem Einzug spielen wir z.B. gern ruhigeren Worship, der helfen kann beim Ankommen und sich zu sammeln. Das Einzugslied ist dann eher was zum Aufwachen. Beim Heilig darf man schon das Gefühl bekommen, dass die ganze Schöpfung und die Himmlischen Heerschaaren mitsingen. Zum Auszug etwas, das die Freude und Kraft der Sendung unterstreicht. Aber auch wie wir die Dinge instrumentieren. Während der Kommunion lassen wir es oft sehr schlicht.
“Musik aus der Mitte der Kirche”
Kannst du noch mehr zu eurem Musikkonzept grundsätzlich sagen? Was macht die Musik bei der HOPE aus?
Unsere Sehnsucht ist, dass junge Menschen Gott begegnen und dass die Musik dabei hilft! Die HOPE verstehen wir als die Messe für alle Studierenden in Wien. Daher wollen wir milieu- und stilübergreifend Andockpunkte bieten. Außerdem bleiben die Studierenden nicht auf ewig bei uns. Später gehen sie vielleicht in eine normale Gemeindemesse, docken bei ganz unterschiedlichen geistlichen Gemeinschaften oder kirchlichen Orten an – und dafür wollen wir schon während sie bei uns sind Brücken bauen, auch musikalisch. --
Dieser Wunsch, Musik aus der Mitte der Kirche zu spielen, macht’s herausfordernd. Aber es ist eine total schöne Herausforderung! Wir probieren auch verschiedenes aus. Etwa wenn wir Lobpreis-Lieder mit klassischen Instrumenten spielen - plötzlich bekommen sie eine Vielschichtigkeit und Tiefe. Oder das Schubert-Heilig, was jeder irgendwie kennt, manchmal als etwas Verstaubtes.... Aber vierstimmig gesungen, mit Instrumenten wie Waldhorn und Posaune, bekommt es nochmal einen neuen und erhebenden Touch. Letzte Woche z.B. haben wir die Messe mit KHG-Chor und HOPE-Band gemeinsam gestaltet. Das war auch stark und es konnten dadurch sehr viele mitmachen!
Welche Instrumente sind vertreten?
Aktuell haben wir Klavier, als Streicher Geige, Bratsche, Kontrabass und Cello, dann Posaune, Oboe, Waldhorn, verschiedene Flöten, Orgel und akustische Gitarre.
“Unsere Sehnsucht ist, dass junge Menschen Gott begegnen und die Musik dabei hilft!”
Leadership ist als Thema hoch im Kurs. Wie lebst du Leitung?
Es gibt klar eine Leitungsposition, die ist wichtig und der muss ich mir bewusst sein. Ich versuche Orientierung und Halt zu geben, gerade wenn wir die Messe spielen. Sie wissen: wenn’s schief läuft, können sie sich an mir anhalten. Überhaupt möchte ich einfach verlässlich sein. Genauso gibt es Bereiche, wo es gut ist, wenn wir etwas gemeinsam machen, z.B. Lieder aussuchen. Ich frag auch sonst gern meine Musiker, freu mich über ihre Ideen oder ihre Beiträge: denn sie spielen Instrumente, die ich selbst gar nicht kann. In den letzten Wochen ist auch das gemeinsame Gestalten in den Fokus gerückt.
Ihr habt sogar ein Lied geschrieben?
An einem Tag konnten wir uns nicht so recht auf ein Agnus Dei einigen. Und dann kam spontan die Idee auf: “dann schreiben wir ein eigenes!”. Das war ein sehr spannender Prozess, bei dem ich auch vieles aus dem Studium einbringen konnte. Tobias hat gleich im Notenprogramm mitgeschrieben. Die Melodie haben wir dann noch mit Akkorden ausgestattet.
Habt ihr das schon irgendwo aufgenommen?
Nein, nicht offiziell. In der nächsten Probe wollen wir noch weitere Stimmen dazu schreiben – und noch vor Weihnachten werden wir es in der HOPE erstaufführen!