Im Wiener Erzbischöflichen Palais wurden Spitzenforscher und Nachwuchstalente für herausragende wissenschaftliche Leistungen geehrt.
„Das Licht der Wissenschaft ist in Zeiten von Fake News, alternativen Fakten und Wissenschaftsskepsis von unschätzbarem Wert“, betonte Kardinal Christoph Schönborn zu Beginn der Verleihung des Kardinal-Innitzer-Preises 2025. Mit dieser Auszeichnung, die als Zeichen hoher symbolischer Bedeutung gilt, ehrte die Erzdiözese Wien am Samstagmittag im Erzbischöflichen Palais herausragende wissenschaftliche Leistungen.
Kardinal Schönborn vertrat den designierten Erzbischof Josef Grünwidl und zeigte sich erfreut, den Preis bereits zum dreißigsten Mal überreichen zu dürfen. Der Große Preis für das wissenschaftliche Lebenswerk ging an den 92-jährigen Rechtswissenschaftler Theodor Tomandl. „Es ist eine Auszeichnung für die Treue zur Sache und den langen Atem der Vernunft“, hieß es dazu aus dem Kuratorium des Studienfonds.
Für Tomandl schloss sich ein bemerkenswerter Kreis: Bereits 1964 – ein Jahr vor seiner Habilitation – erhielt er als Nachwuchsforscher den Förderpreis des Fonds. 61 Jahre später kehrte er nun als Doyen seines Fachs an den Ort der ersten Ehrung zurück.
Der gebürtige Wiener leitete von 1968 bis 2001 das Institut für Arbeits- und Sozialrecht an der Universität Wien. In seiner Dankesrede hob er die gesellschaftliche Dimension seiner Disziplin hervor und dankte allen, die ihn auf seinem Weg begleitet haben. Wissenschaft lebe von Freundschaft und gegenseitiger Förderung, betonte Tomandl. Neben seiner Lehre war ihm die Unterstützung junger Wissenschaftler stets ein zentrales Anliegen. Auch nach seiner Emeritierung ist er wissenschaftlich aktiv und kommentiert aktuelle Fragen des Arbeits- und Sozialrechts. Darüber hinaus hat er als Autor historischer Kriminalromane eine zweite Karriere eingeschlagen.
Kardinal Schönborn griff in seinem Schlußwort Tomandls Gedanken auf: Wissenschaft sei zwar von Konkurrenz geprägt, doch unter heutigen Bedingungen nur als Gemeinschaftswerk denkbar – mit internationaler Vernetzung, kritischer Rezeption und Weiterentwicklung. Er erteilte erneut eine klare Absage an Verschwörungsmythen und würdigte die jungen Forscher, die bereits selbst Wegbereiter für kommende Generationen seien.
Neben dem Hauptpreis vergab der nach Kardinal Theodor Innitzer (1875–1955) benannte Studienfonds drei Würdigungspreise.
Im Bereich Geistes- und Sozialwissenschaften wurde die Grazer Historikerin, Prof. Barbara Stelzl-Marx (Historikerin, Graz) Leiterin des Ludwig Boltzmann Instituts für Kriegsfolgenforschung und Professorin für europäische Zeitgeschichte an der Universität Graz. Forschungsschwerpunkte: sowjetische Besatzung in Österreich (1945–1955), Besatzungskinder, Kriegsgefangene und Zwangsarbeit im Zweiten Weltkrieg sowie NS-Lager Liebenau. Mitglied des Rates für Forschung, Wissenschaft, Innovation und Technologieentwicklung (FORWIT), „Wissenschafterin des Jahres“ 2019.
Im Bereich Naturwissenschaft wurde Prof. Andreas Kugi (TU Wien) ausgezeichnet. Er ist Universitätsprofessor für komplexe dynamische Systeme an der TU Wien und seit 2023 wissenschaftlicher Leiter des AIT Austrian Institute of Technology. Forschungsschwerpunkte: Modellierung, Regelung und Optimierung komplexer Systeme, Robotik und Prozessautomatisierung. Autor von über 350 wissenschaftlichen Arbeiten, Inhaber von 149 Patenten. Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (acatech).
Im Bereich wurde das Wirken der Wissenschaftspublizistik Marlene Nowotny (ORF)gewürdigt. Sie ist Journalistin bei Ö1 und science.orf.at mit Schwerpunkt Wissenschaft, Bildung und Gesellschaft. Gestaltet Beiträge für Ö1-Journale, „Punkt eins“ und „Wissen aktuell“. Bekannt für die fundierte Vermittlung komplexer wissenschaftlicher Inhalte und die kritische Aufbereitung von Forschungsthemen für ein breites Publikum.
Acht Förderungspreise gingen an junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler:
Ernst Karl Csencsics (TU Wien), Sebastian Patrick Schwaminger und David Zweiker (Med Uni Graz), Thomas Steinkellner (Med Uni Wien), Isabella Walser-Bürgler (Uni Innsbruck), Alexander Wilfinger (Uni Graz) sowie Piotr Kubasiak (Theologische Kurse Wien/Uni Regensburg).
Der Kardinal-Innitzer-Studienfonds wurde 1962 zur Förderung der Wissenschaft in Österreich gegründet. Benannt nach Kardinal Theodor Innitzer (1875–1955), vergibt er jährlich Preise für herausragende Leistungen in Theologie, Geistes-, Sozial- und Naturwissenschaften sowie Publizistik. Die Auszeichnung zählt zu den renommiertesten wissenschaftlichen Ehrungen des Landes. Neben Würdigungen für etablierte Forscher liegt ein Schwerpunkt auf der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Die Preisverleihung erfolgt traditionell im Erzbischöflichen Palais in Wien.