Diskussion zwischen Doraja Eberle und Robert Misik.
Diskussion zwischen Doraja Eberle und Robert Misik.
Podiumsdiskussion in Wien u.a. mit dem neuen Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft Vural und dem Journalisten Misik. Thema: "Europa vor der Zerreißprobe - Was bringt uns wieder zusammen?"
Auf die Suche nach dem gesellschaftlichen Zusammenhalt begab sich am Dienstagabend, 8. Jänner 2019 die Akademie für Evangelisation in Wien und lud zur Podiumsdiskussion "Europa vor der Zerreißprobe - Was bringt uns wieder zusammen?".
Die ehemalige Salzburger Landesrätin und Gründerin der Hilfsorganisation "Bauern helfen Bauern", Doraja Eberle, berichtete dabei von ihrer Arbeit in Bosnien-Herzegowina. In ihrer 27-jährigen Tätigkeit dort habe sie gesehen, wohin geschürter Hass, Nationalismus, Korruption und hasserfüllte Politik führen können. Die Sehnsucht nach dem "großen Wurf haben wir uns ganz schnell abgeschminkt", so Eberle. Sie versuche deshalb auch heute, sich von der Tagespolitik so wenig wie möglich beeinflussen zu lassen, sondern "auf die Menschen zu zu gehen und auf sie zu hören".
Ihr sei in Bosnien aufgefallen, wie schnell man in diesem "korrupten Rad" drinnen steckt, so Eberle: "Wir haben uns entschlossen, die zu stärken, die Visionen und eine Hoffnung für die Zukunft haben und immer noch daran glauben, dass etwas gut wird. Das beginnt immer im Kleinen."
Eberle zitierte Mutter Teresa: "Krieg und Frieden beginnt immer zu Hause." Sie habe erkannt, dass sie mit gutem Beispiel vorangehen müsse: "Es gibt eine Zukunft, man kann Brücken bauen. Das geht aber nicht alleine."
Der Journalist Robert Misik meinte, dass das Zerreißen der Gesprächsbasis, wie man es derzeit erlebt, eine Folge der sich intensivierenden politischen Kontroversen sei. Dass die Intensität härter sei, müsse an sich nicht Schlimmes sein, "das kann in einer Demokratie etwas belebendes sein". Schlimmer sei, dass Gefühle nun immer öfter für die Politik instrumentalisiert würden. In der heutigen Politik gehe es immer weniger um Konzepte, sondern darum, Slogans zu generieren, die es zu Schlagzeilen schaffen, leicht einprägsam seien und so emotionalisieren, dass es möglichst viele im Netz teilen. Gut durchdachte Kommentare würden weniger oft geteilt, bemängelte Misik. Das trage alles zur heutigen Situation bei.
Der neue Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, Ümit Vural, berichtete von der Wahrnehmung vieler Muslime, Bürger zweiter Klasse zu sein. Er nehme zudem wahr, dass immer mehr Menschen aufgrund der sichtbaren Zugehörigkeit zu ihrer Religion, Angriffen ausgesetzt seien und daher "Angst haben, in die Straßenbahn einzusteigen. Das kann es in unserem Rechtsstaat nicht geben". Die Religionsfreiheit sei ein Fundament der Demokratie, so Vural: "Das ist eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung, wir können nicht zulassen, dass wir auseinander dividiert werden."