Markus Bugnyar leitet das Österreichische Pilgerhospiz in Jerusalem seit über 20 Jahren. Im Gespräch schildert er die aktuellen Herausforderungen in einer von Konflikten geprägten Stadt und die Rolle des Hospizes als Ort der Begegnung.
Ein tiefes Misstrauen prägt das Verhältnis zwischen Israelis und Palästinensern, so der Rektor des Österreichischen Hospizes in Jerusalem, Markus Bugnyar. Vor dem Hintergrund des Hamas-Angriffs vom 7. Oktober 2023 und des anhaltenden Gaza-Krieges erklärt der Priester: "Ich sehe nicht, wie sich die Situation wieder beruhigen soll, geschweige denn, wann man sich wieder an einen Tisch setzen kann."
Seit zwei Jahrzehnten arbeitet Bugnyar im Herzen Jerusalems, in der Altstadt, wo sich das Hospiz befindet. Trotz des Konflikts hält er die Einrichtung bewusst offen – als einen neutralen Raum, in dem sowohl Israelis als auch Palästinenser willkommen sind. In einer solch vergifteten Atmosphäre seien selbst kleine Begegnungen zwischen den Parteien ein Zeichen der Hoffnung, betont er.
Christliche Orte als neutraler Boden
Für Bugnyar spielen christliche Einrichtungen im Heiligen Land eine besondere Rolle. Sie fungieren als neutrale Orte, da sie keiner der beiden Konfliktparteien angehören. "Wir Christen haben die Aufgabe, Orte der Begegnung zu schaffen", sagt der Rektor und hebt hervor, wie wichtig solche Initiativen für den Frieden im Heiligen Land sind.
Trotz der gegenwärtigen Konflikte entschied sich Bugnyar, das Hospiz an der Via Dolorosa weiter zu betreiben. Das Gästehaus und das dazugehörige Café Triest werden sowohl von Israelis als auch von Palästinensern besucht. "Allein der gemeinsame Aufenthalt im selben Raum ist ein Fortschritt", sagt der Priester. Hier hätten Menschen zumindest die Chance, einander zu begegnen – auch wenn jeder selbst entscheiden müsse, ob er diese Gelegenheit nutzen möchte.
Neues Buch über Jerusalem
Begleitend zu seiner Arbeit hat Markus Bugnyar kürzlich sein Buch Irdisches Jerusalem. Über Heiliges und Schwieriges veröffentlicht. Auf 128 Seiten bietet der Priester persönliche Einblicke in das Leben in Jerusalem und die Herausforderungen des Zusammenlebens in einer geteilten Stadt. Das Buch, erschienen im Be+Be-Verlag, zeigt außerdem die heiligen Stätten von Jerusalem, Bethlehem, Nazareth und dem See Genezareth. Es richtet sich sowohl an Pilger, die die Region erkunden möchten, als auch an jene, die bereits dort waren und Erinnerungen auffrischen wollen.
Pilgerreisen unterbrochen, Hospiz bleibt geöffnet
Der anhaltende Krieg hat das Pilgerwesen im Heiligen Land stark beeinträchtigt. Gruppenreisen nach Jerusalem wurden nahezu eingestellt, dennoch kommen weiterhin Einzelreisende ins Österreichische Hospiz. Bugnyar erklärt, dass Besucher in der Stadt selbst wenig vom Kriegsgeschehen im Süden des Landes mitbekommen. Er ruft die Unterstützer des Hospizes dazu auf, in dieser schwierigen Zeit nicht den Kontakt zu Jerusalem und den heiligen Stätten zu verlieren.
Bugnyar wird sein neues Buch am 24. September um 18:30 Uhr im Wiener Curhaus präsentieren. In einem Gespräch mit ORF-Korrespondent Tim Cupal wird er über sein Leben und seine Arbeit im Heiligen Land berichten.