Die machtbewusste Regentin Maria Theresia mit Ehemann Franz Stephan und elf ihrer 16 Kinder.
Die machtbewusste Regentin Maria Theresia mit Ehemann Franz Stephan und elf ihrer 16 Kinder.
Dinge, die wir so noch nicht wussten, beleuchtet Historikerin Katrin Unterreiner in ihrem Buch „Maria Theresia. Mythos & Wahrheit“.
Maria Theresia ist wie die meisten historischen Persönlichkeiten von Klischees überlagert. „Mir war es wichtig, sie ins rechte Licht zu rücken“, erklärt die Historikerin und Habsburgexpertin Katrin Unterreiner im Gespräch mit dem SONNTAG. In ihrem Buch „Maria Theresia. Mythos & Wahrheit“ hinterfragt sie das häufig verklärte Bild der Monarchin. Im SONNTAG-Interview gibt Unterreiner Einblick in die spannendsten Lebensbereiche Maria Theresias.
„Maria Theresia war keine liebende Mutter und hat sich in erster Linie als Monarchin gesehen“, sagt Kathrin Unterreiner: „Sie hatte überhaupt kein schlechtes Gewissen, wenig Zeit für die Kinder zu haben, oder dabei, die Kinder ungleich zu behandeln.
Sie sah die Kinder als ihr Eigentum.“ Die Kinder mussten die Vorstellungen der Kaiserin erfüllen und dementsprechend „funktionieren“. Danach orientierte sich auch die Erziehung. Ihre Tochter Maria Amalia widersetzte sich. Sie wurde mit Kontaktabbruch und Geldentzug bestraft. „Die Kinder waren für sie Möglichkeiten, politische Strategien zu entwickeln und politische Ziele zu erreichen. Maria Theresia hatte nicht so viele Kinder, weil sie so gerne Mutter war.“
„Bemerkenswert ist, wie sich Maria Theresia durchgesetzt hat, denn am Beginn ihrer Regierung hat es gar nicht gut ausgesehen“, sagt die Historikerin.
Umgeben von schlechten Beratern, musste die junge und völlig unvorbereitete Regentin kämpfen – mit den Mitteln einer Frau. „Sie hat auf ihre Weiblichkeit zurückgegriffen, sich intuitiv und ohne Scheu auf ihr Bauchgefühl verlassen und emotional regiert.
Das hat die Leute im positiven Sinn überrascht. Sie hat damit ihr Umfeld und die Bevölkerung erreicht, so dass diese sie unterstützten. Sie suchte sich Berater, hatte aber ihre eigene Meinung.“
Maria Theresia ließ Protestanten gemeinsam mit Verbrechern und Prostituierten nach Siebenbürgen aussiedeln und zeigte dabei kein Erbarmen. Familien und Ehepaare wurden auseinandergerissen, Kinder von ihren Eltern getrennt. Auch die jüdische Bevölkerung Prags wurde unter Maria Theresia in voller Härte vertrieben.
„Unter Maria Theresia erfolgten ganz wesentliche Schritte in Richtung Modernisierung“, betont Katrin Unterreiner.
Einer der wichtigsten war der Erlass der allgemeinen Unterrichtspflicht. Ziel war es, die Verwaltung des Landes zu zentralisieren, die Macht von Adel und Klerus einzuschränken. Für die neue Verwaltung brauchte das Reich gebildete Menschen. „Die Aufhebung der Steuerfreiheit für den Klerus war ein wichtiges Signal an die Bevölkerung.“ Die Aufhebung der Leibeigenschaft wurde unter Maria Theresia vorbereitet.
Die gesellschaftlichen Umwälzungen, die sich in anderen Ländern blutig Bahn brachen, konnten friedlich verlaufen. „Die Habsburger sind hier sehr klug vorgegangen und haben viel Unheil abgehalten.“
„Franz Stephan von Lothringen, der Ehemann Maria Theresias, war ihr absoluter Lebensmensch, von dessen Tod sie sich in Wahrheit nie erholte“, sagt Unterreiner.
Mit ihm teilte sie ein gemeinsames „bürgerliches“ Schlafzimmer, was damals in Adelskreisen für Kopfschütteln sorgte. Diverse Liebschaften verzieh sie ihm. Maria Theresia ist nicht, wie oft angenommen, Begründerin der so genannten „Keuschheitskommission“ mit dem versteckten Ziel, die Frauengeschichten ihres Mannes zu verfolgen.
die Buchautorin

Katrin Unterreiner, Historikerin und Buchautorin
Perspektiven – „Kaiserin von Gottes Gnaden“, von Stefanie Jeller: 15. Mai, 17.30 Uhr auf
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