Die verpflichtende Ehelosigkeit katholischer Priester ist aus Sicht des Münchner Kardinals Reinhard Marx kein Dogma.
Die verpflichtende Ehelosigkeit katholischer Priester ist aus Sicht des Münchner Kardinals Reinhard Marx kein Dogma.
Kaum Spielraum in der Frage der Weihe für Frauen. Für Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz regionale Einschränkung des Zölibats denkbar.
Die verpflichtende Ehelosigkeit katholischer Priester ist aus Sicht des Münchner Kardinals Reinhard Marx kein Dogma. Katholische Geistliche hätten eine klare Verpflichtung zur Ehelosigkeit; gleichzeitig gebe es aber in der Kirche verheiratete Priester, sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz im Interview der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung", Ausgabe 8. September 2019. "Die Weihe von verheirateten Männern zu Priestern ist eine Frage, die man besprechen kann und deren Vor- und Nachteile es abzuwägen gilt".
Zur Debatte um den Pflichtzölibat sagte der Kardinal, entscheidend für ihn sei, "ob und wie der Zölibat so gelebt werden kann, dass er ein positives Zeichen ist und auch die Priester in ihrem Leben nicht beschädigt." Eine Zulassung verheirateter Priester wäre ein "gewaltiger Einschnitt in der Kirchengeschichte". Die Kirche in Deutschland könne das nicht allein entscheiden und auch keinen Sonderweg gehen. "Aber die Diskussion voranbringen können wir schon."
Mögliche Antworten erhofft sich der Kardinal von der bevorstehenden Amazonas-Synode im Vatikan. Dort steht im Oktober auch die Frage nach der Weihe verheirateter Männer auf der Tagesordnung. Er könne sich durchaus vorstellen, dass es sinnvoll sein könnte, unter bestimmten Voraussetzungen und in bestimmten Regionen verheiratete Priester zuzulassen, sagte Marx, der Mitglied der Synode ist.
Eng damit verbunden damit sei die Frage, wie weit Ortskirchen in manchen Fragen eigene Wege gehen könnten, ohne die Einheit der Kirche in Frage zu stellen. Der Kardinal betonte, er habe schon in seiner Dissertation 1988 für mehr Subsidiarität plädiert, also mehr Entscheidungsfreiheit auf unteren Ebenen. Das Verhältnis von Einheit und Vielfalt müsse in der Kirche neu austariert werden.
Kaum Spielraum sieht Marx in der Frage der Weihe für Frauen. Papst Johannes Paul II. habe 1994 klar festgelegt, dass die Kirche keine Vollmacht dazu habe, sagte er. "Ich kann nicht erkennen, wie wir das heute theologisch beiseite legen können." Die Diskussion sei aber nicht zu Ende.
Die Kirche sollte sich nach den Worten von Marx darauf konzentrieren, wie Frauen stärker mitwirken könnten - auch bei Beratungen der Bischofskonferenz und bei Bischofssynoden. "Dass Nichtgeweihte dann auch mit abstimmen, lässt das Kirchenrecht wahrscheinlich nicht zu." Auch in Afrika und Lateinamerika bewege das Thema Frauen die Kirche stärker, "als das viele Bischöfe wahrhaben wollen".
Im Blick auf Konsequenzen aus der Missbrauchsproblematik sagte Marx, dass die Kriterien für die Priesterauswahl nicht gesenkt werden dürften: "Sie müssen womöglich noch strenger werden. Wenn es um die persönliche Reife eines Kandidaten geht, dann muss ich die moralische Gewissheit haben, dass er auch mit seiner zölibatären Lebensweise zurechtkommt."
Der Vorsitzende der Bischofskonferenz forderte ein verpflichtendes Monitoring. "Jedes Bistum muss durch Statuten der Bischofskonferenz verpflichtet werden, etwa alle drei Jahre seine Arbeit in den Bereichen Prävention von sexuellem Missbrauch oder vielleicht auch in der Priesteraus- und -fortbildung von einem unabhängigen Institut begutachten zu lassen und die Ergebnisse zu veröffentlichen."