Was tun gehen die Angst, die trotz aller Bemühungen bleibt? Jesus hat dagegen ein klares Rezept, das freilich nicht einfach ist. Er schlägt uns eine „Prioritätenliste“ vor: Was ist dir das Allerwichtigste im Leben?
Was tun gehen die Angst, die trotz aller Bemühungen bleibt? Jesus hat dagegen ein klares Rezept, das freilich nicht einfach ist. Er schlägt uns eine „Prioritätenliste“ vor: Was ist dir das Allerwichtigste im Leben?
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn zum Evangelium, 7. August 2016 (Lk 12,32-40)
In Europa geht die Angst um. Wann kommt das nächste Attentat? Wo schlägt der Terror zu? Wie sich schützen gegen enthemmte Täter, die sich und möglichst viele anderen mit in die Luft sprengen? Wer traut noch wem? Jeder Koffer, der irgendwo alleine steht, könnte einen Sprengsatz enthalten. Jeder etwas fremd Aussehende löst Verdacht aus. Kein Urlaubsort scheint mehr sicher zu sein. Die Polizei wird aufgestockt. Viele Orte sind strenger bewacht. Und dennoch wissen wir alle: Es gibt weder die totale Kontrolle noch die völlige Sicherheit.
Was tun gegen die Angst, die trotz aller Bemühungen bleibt? Jesus hat dagegen ein klares Rezept, das freilich nicht einfach ist. Er schlägt uns eine „Prioritätenliste“ vor: Was ist dir das Allerwichtigste im Leben? Was das Zweitwichtigste? Und was ist wirklich nicht so wichtig, dass du dir deswegen Sorgen machen sollst? Die Ängste, die uns bewegen, stellen uns ja die Frage: Wovor hast du Angst? Was befürchtest du am meisten? Und wie gelingt es uns, die Angst zu überwinden?
„Fürchte dich nicht, du kleine Herde“, sagt Jesus heute. Warum sollen seine Jünger sich nicht fürchten? Bin ich ein schlechter Jünger Jesu, weil ich noch manche Ängste und Befürchtungen habe? Aber die Evangelien berichten uns auch von Situationen, wo Leute wie Petrus, die doch erfahrene Männer waren, „vor Angst aufschrien“.
Ganz werden wir die Angst auf dieser Erde wohl nie los. Sie ist ja auch eine berechtigte Reaktion in wirklich gefährlichen Situationen. Sie ist mit unserer Natur gegeben, die vor Bedrohung zurückschreckt. Aber wir kennen auch Menschen, die ihre Angst weitgehend überwunden haben. Jesus gibt zwei wichtige Hinweise, wie wir zu dieser angstfreien, furchtlosen Haltung kommen können.
Der erste: „Verschafft euch einen Schatz im Himmel“. Ein solcher Schatz ist sicher, ungefährdet, unzerstörbar. Woran hängt unser Herz? „Denn wo dein Schatz ist, da ist auch euer Herz.“ Die früheren Generationen haben sich hier leichter getan. Der Tod war mitten im Leben, er konnte einen jederzeit holen. Das irdische Leben war ein Durchgang zum ewigen Leben, dem eigentlichen Ziel.
Weil sie so stark an das ewige Leben glaubten, hatte der leibliche Tod für sie nicht den Schrecken, den er heute für uns hat. Der Tod war ja nicht das Ende, sondern der Anfang des ewigen Glücks. Die Menschen sahen sich viel mehr als Pilger, die durch die Mühsal der Erde zur ewigen Heimat pilgerten.
Daraus ergab sich auch ein leichterer Zugang zur zweiten Haltung, die Jesus anspricht: „Seid wachsam! Haltet euch bereit!“ Hier geht es aber nicht um noch mehr Kontrolle, um ein noch dichteres Sicherheitsnetz, um totale Überwachung. Es geht um die Wachsamkeit des Herzens. Wir sollen spüren, hören, wahrnehmen, wann und wie Gott bei uns anklopft, um ihm zu öffnen. Es geht schlicht um das Gottvertrauen.
Terror ist schrecklich. Die Opfer verdienen unsere volle Anteilnahme. Jeder kann einmal von solchen Gewalttaten getroffen werden. Sie sind ja nicht neu. Es gab sie immer wieder. Sie stellen jedem von uns die Frage: Bin ich bereit, wenn es Zeit ist zu gehen? Könnte heute mein Sterbetag sein? Jeder Tag kann mein letzter sein. Lebe so, dass du ihn nicht fürchten musst.
In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: Fürchte dich nicht, du kleine Herde! Denn euer Vater hat beschlossen, euch das Reich zu geben. Verkauft eure Habe, und gebt den Erlös den Armen! Macht euch Geldbeutel, die nicht zerreißen. Verschafft euch einen Schatz, der nicht abnimmt, droben im Himmel, wo kein Dieb ihn findet und keine Motte ihn frisst. Denn wo euer Schatz ist, da ist auch euer Herz. Legt euren Gürtel nicht ab, und lasst eure Lampen brennen! Seid wie Menschen, die auf die Rückkehr ihres Herrn warten, der auf einer Hochzeit ist, und die ihm öffnen, sobald er kommt und anklopft. Selig die Knechte, die der Herr wach findet, wenn er kommt! Amen, ich sage euch: Er wird sich gürten, sie am Tisch Platz nehmen lassen und sie der Reihe nach bedienen. Und kommt er erst in der zweiten oder dritten Nachtwache und findet sie wach - selig sind sie. Bedenkt: Wenn der Herr des Hauses wüsste, in welcher Stunde der Dieb kommt, so würde er verhindern, dass man in sein Haus einbricht. Haltet auch ihr euch bereit! Denn der Menschensohn kommt zu einer Stunde, in der ihr es nicht erwartet.
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