Der Tod des renommierten Bibelwissenschaftlers und Jesuiten Norbert Lohfink hinterlässt eine Lücke in der theologischen Forschung, die er mit seinem Engagement für Exegese, jüdisch-christlichen Dialog und seine prägende Lehrtätigkeit maßgeblich beeinflusst hat.
Der renommierte Theologe und Bibelwissenschaftler Norbert Lohfink SJ ist am Montagabend im Alter von 96 Jahren in München verstorben. Der Jesuitenorden bestätigte den Tod des Gelehrten, der Generationen von Bibelwissenschaftlern geprägt und inspiriert hat. Lohfink hinterlässt ein beeindruckendes akademisches Erbe, das sowohl die wissenschaftliche Exegese des Alten Testaments als auch den jüdisch-christlichen Dialog tief beeinflusst hat.
Geboren 1928 in Frankfurt am Main als ältestes von vier Kindern, wuchs Lohfink in einer katholischen Familie auf. Schon früh wurde sein Weg in die Theologie geebnet. Nach seinem Abitur trat er 1947 in den Jesuitenorden ein und legte damit den Grundstein für seine beeindruckende Laufbahn. Lohfink studierte Philosophie und Theologie in Deutschland und setzte seine Ausbildung am Päpstlichen Bibelinstitut in Rom fort. Dort promovierte er 1962 mit einer bahnbrechenden Arbeit zum Buch Deuteronomium, die ihn in der Fachwelt bekannt machte.
Lohfinks akademische Karriere führte ihn schließlich zurück nach Deutschland, wo er von 1962 bis 1996 an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt am Main lehrte. Während dieser Zeit hatte er auch eine Professur am Päpstlichen Bibelinstitut in Rom inne. Seine wissenschaftlichen Schwerpunkte lagen auf dem Deuteronomium, den Psalmen und der biblischen Theologie, zu denen er fast 900 Bücher und Artikel veröffentlichte.
Neben seiner wissenschaftlichen Arbeit war Lohfink auch stark im interreligiösen Dialog engagiert. Er setzte sich aktiv für das Verständnis und die Zusammenarbeit zwischen jüdischen und christlichen Theologen ein. Dieser Dialog, der vor allem nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil an Bedeutung gewann, war für Lohfink ein wesentlicher Bestandteil seiner theologischen Arbeit.
Norbert Lohfinks Wirken hinterlässt bleibende Spuren. Zu seinem 90. Geburtstag bezeichnete der Wiener Alttestamentler Ludger Schwienhorst-Schönberger ihn als einen „Glücksfall für die Alttestamentliche Bibelwissenschaft“. Seine Arbeiten hätten das Verständnis des Alten Testaments revolutioniert und nachhaltig beeinflusst.
Nach seiner Emeritierung im Jahr 1996 zog sich Lohfink langsam aus dem öffentlichen Leben zurück, blieb jedoch bis ins hohe Alter aktiv in wissenschaftlichen Diskussionen und Veröffentlichungen. Seit 2021 lebte er im Seniorenheim Pedro Arrupe in Unterhaching bei München, gemeinsam mit anderen älteren Jesuiten.