"Wir möchten zum Thema machen, was bisher kaum Thema war", heißt es von der Armutskonferenz. "Wir fragen die Betroffenen und die Praktiker, was hilft."
"Wir möchten zum Thema machen, was bisher kaum Thema war", heißt es von der Armutskonferenz. "Wir fragen die Betroffenen und die Praktiker, was hilft."
Reformbedarf besteht bei Themen Prävention, Behinderung, Unterhalt neu, Sonderbedarf, Vollzug, Hilfe bei Krankheit und leistbares Wohnen
Auf "vergessene Probleme in der Mindestsicherung" hat die Armutskonferenz hingewiesen. Eine Reihe von heiklen Themen würden sich dabei "nicht nach den Kampagnen der Parteibüros richten": Vertreter des Bündnisses nannten bei einer Pressekonferenz am Donnerstag, 14. April 2016, u.a schlechten Vollzug, fehlende Soforthilfe, den Aufwand bei Menschen mit Behinderungen, veralteter Unterhalt, mangelnde Hilfe bei Gesundheitsproblemen, nicht leistbares Wohnen.
Grundsätzlich sei nicht der Missbrauch, sondern die hohe Nicht-Inanspruchnahme trotz gravierender Notlage das Problem, unterstrich Martina Kargl, Sozialexpertin der Caritas Wien. "Die Sozialämter fordern Antragsteller vielerorts pauschal dazu auf, ihre Angehörigen auf Unterhalt zu klagen." Als Folge davon würden viele Personen von einer Antragstellung absehen. Obwohl im Jahr 2013 laut Zahlen der Statistik Austria und der Mindestsicherungsstatistik 14,1 Prozent der Bevölkerung einkommensarm waren, erhielten nur 2,8 Prozent die Mindestsicherung, erklärte Kargl.
Dringenden Verbesserungsbedarf sieht Kargl bei der Soforthilfe. Die Strukturen für eine effektive Hilfe fehlten fast überall. Auch wenn die Entscheidungsfrist von sechs auf drei Monate verkürzt wurde, brauche es in diesen drei Monaten Unterstützung bei der Miete, dem Lebensunterhalt und im Krankheitsfall.
Auch im Bereich der Gesundheitsleistungen gebe es gravierende Lücken, sagte der Sozialexperte der Diakonie, Martin Schenk: Therapien und Heilbehelfe wie Brillen, Hörgeräte oder ein moderner Rollstuhl seien für Bezieher der Mindestsicherung oft nicht leistbar. Im Rahmen der Reform der 15-A-Vereinbarung zwischen Bund und Ländern müsse daher auch ein erleichterter Zugang zu diesen Leistungen und eine unbürokratische finanzielle Unterstützung geregelt werden, forderte Schenk. "Obwohl seit einem halben Jahr die Debatte über die Mindestsicherung läuft, werden diese Probleme nicht angesprochen", kritisierte er.
Zu den Forderungen der Armutskonferenz zählt auch die bessere Unterstützung von Menschen mit Beeinträchtigungen: Diese seien "eine vergessene Gruppe in der Mindestsicherung", sagte Norbert Krammer vom Sachwalterverein "VertretungsNetz". Sie hätten oft höhere Lebenshaltungskosten, erhielten aber in der Regel in der Mindestsicherung keine zusätzlichen Hilfestellungen. Krammer forderte statische Erhebungen, "damit diese Gruppe sichtbar wird und man besser auf ihre Bedürfnisse reagieren kann".
"Wir möchten zum Thema machen, was bisher kaum Thema war", so die Armutskonferenz. "Wir fragen die Betroffenen und die Praktiker, was hilft". Die Armutskonferenz richtete am Donnerstag die "vergessenen" Reformvorschläge an die Verhandler in Ministerium und Länder.
www.armutskonferenz.at