"Der Mensch soll nicht durch die Hand eines Menschen sterben, sondern an der Hand eines Menschen", erinnerte der Wiener Erzbischof an ein bekanntes Wort von Kardinal Franz König (1905-2004).
"Der Mensch soll nicht durch die Hand eines Menschen sterben, sondern an der Hand eines Menschen", erinnerte der Wiener Erzbischof an ein bekanntes Wort von Kardinal Franz König (1905-2004).
Wiener Erzbischof betont zu Neuregelung der Sterbehilfe: "Der Mensch soll nicht durch die Hand eines Menschen sterben, sondern an der Hand eines Menschen". Plädoyer für Beteiligung Österreichs an "Humanitären Korridoren" für Geflüchtete. Für Ex-Kanzler Kurz Respekt und Dank, aber kein "Persilschein".
Nach der von der Kirche kritisierten Freigabe der Möglichkeit des assistierten Suizids in Österreich muss die Hospiz-und Palliativarbeit Vorrang bekommen. Das hat Kardinal Schönborn in der am Sonntag ausgestrahlten Sendung "Club 3" von "Kronen Zeitung", "Kurier" und "profil" gefordert.
"Der Mensch soll nicht durch die Hand eines Menschen sterben, sondern an der Hand eines Menschen", erinnerte der Wiener Erzbischof an ein bekanntes Wort von Kardinal Franz König (1905-2004). Bis zum für ihn "verwunderlichen" Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs sei dies All-Parteien-Konsens und österreichische Linie gewesen. Er anerkenne zwar, dass sich die Legisten des aktuellen Gesetzes bemüht hätten, die Freigabe des assistierten Suizids auf möglichst niedrigem Niveau zu halten; im Gesetzwerdungsprozess seien "aber alle unsere Einwände, die sehr gut begründet waren, vom Tisch gewischt worden", so der Kardinal: "Das tut weh. Aber wir werden eben anders handeln."
Die Regierung habe "Gott sei Dank" eine massive finanzielle Stärkung der Hospizbewegung versprochen, erklärte Schönborn. Er sei hoffnungsvoll, dass die Palliativmedizin gestärkt werde und die mobile und stationäre Hospizarbeit Priorität bekommen. Dank des Einsatzes von Caritas, vielen weiteren christlichen Einrichtungen, aber auch von säkularen Spitälern sei die Hospizbewegung in Österreich stärker als in den meisten europäischen Ländern, fügte der Kardinal hinzu: "Die Sterbebegleitung ohne aktive Sterbehilfe ist stark in Österreich."
Eines der weiteren Themen des knapp einstündigen Interviews war das Flüchtlings- und Migrationsthema. Hier plädierte Schönborn einmal mehr für die Beteiligung Österreichs an sogenannten "Humanitären Korridoren". Es gebe Länder, die ganz gezielt besonders vulnerable Menschen aufnehmen. "Warum hat Österreich diesen Weg nicht weiter beschritten, der gut begonnen hat?", erinnerte der Kardinal an eine gemeinsame Initiative mit der damaligen Innenministerin Johanna Mikl-Leitner vor einigen Jahren. 2.500 besonders gefährdete Menschen seien damals aus der Kriegszone Syrien nach Österreich gebracht worden, und zwar "ohne Schlepper, ganz koordiniert mit der UNO-Flüchtlingshilfe".
Die Kirche sei unter anderem über die Caritas beteiligt an dieser "sehr guten Zusammenarbeit" mit dem Innenministerium beteiligt gewesen, sagte Schönborn. "Diese Menschen sind heute bestens integriert in Österreich." Daher weise die Kirche die Regierung immer darauf hin: "Bitte, entscheiden Sie sich für Humanitäre Korridore. Denn natürlich wird die Flüchtlingsfrage uns nicht verlassen, das ist evident. "
In Bezug auf Migration habe man auch mit der ÖVP "sehr unterschiedliche Standpunkte". Die kirchliche Position habe etwa auch Regierung unter Sebastian Kurz nicht immer gefallen, sagte der Kardinal: "Man hat in der Flüchtlingsfrage zu Recht gesehen, dass das Schlepperwesen ein Problem ist und dass hier auch viel Kriminalität im Spiel ist. Das muss benannt werden, das stimmt. Aber gleichzeitig geht es in der Flüchtlingsfrage primär um vulnerable Menschen."
Konfrontiert wurde der Wiener Erzbischof in dem TV-Talk auch mit seinen jüngsten Worten des Dankes für Ex-Kanzler Kurz nach dessen Rücktritt. Dazu stehe er, und es handle auch um keinen "Persilschein" für Kurz oder eine Absolution von realen oder möglichen Fehlern, die dieser in seiner Regierungsverantwortung begangen habe. "Aber ich plädiere für ein bisschen Respekt vor jenen, die ein politisches Amt übernehmen. Das schließt die kritische Beobachtung nicht aus."
Befragt zum gegenseitigen Verhältnis der Kirchen und Religionsgemeinschaften in Österreich sprach der Kardinal von einem "sehr guten Miteinander" im Land. So habe man auch in der Pandemie Schutzmaßnahmen gemeinsam geklärt. Papst Franziskus betone immer wieder, "dass das Erste und Wichtigste nicht ist, welche Religion du hast, sondern dass wir Menschen sind", so Schönborn: "Dieses Verbindende stärker herauszustellen hilft uns auch in den natürlich vorhandenen kulturellen Spannungen und religiösen Differenzen."
Auch er habe Sorge wegen der Religionsdemografie in Österreich mit einer hohen Zahl an Kirchenaustritten, antwortete Schönborn auf eine Nachfrage. "Die Österreicher wollen ihre Identität bewahren; die hat aber auch etwas mit dem Christentum zu tun. Wenn wir uns sang- und klanglos davon verabschieden, dürfen wir uns nicht wundern, dass Menschen, die sich von ihrer Religion, dem Islam, nicht verabschieden, mehr Profil haben", so der Wiener Erzbischof.
Gleichzeitig wolle er "diskret daran erinnern", dass das schon seit 2.000 Jahren immer wieder totgesagte Christentum lebt. "Es ist geht durch Krisen, weil das Christentum genauso aus Menschen gemacht ist wie andere Religionen", sagte Schönborn: "Aber es hat eine tiefe, innere Kraft."
Keine Neuigkeiten überbrachte der Wiener Kardinal, der im Jänner sein 77. Lebensjahr vollendet, zu seiner Nachfolge im Amt des Wiener Erzbischofs. 2023 stehe eine Synode an, "und ich glaube, es ist dem Papst nicht unwichtig, dass ich dabei bin", meinte Schönborn: "Dafür muss ich nicht aktiver Erzbischof von Wien sein. Das ist in Gottes Hand, und dort ist es gut untergebracht."