"Und schaut der Steffl lächelnd auf uns nieder ...!" Unter diesem Titel veröffentlicht Domarchivar Reinhard H. Gruber seit vielen Jahren eine beliebte Serie im Pfarrblatt der Dompfarre St. Stephan. Nun versammelt er erstmals eine Auswahl der populärsten Artikel in einem "Best-of Alter Steffel".
Der "Alte Steffl" hat eine große und treue Leserschaft: Seit nunmehr 23 Jahren teilt er im Pfarrblatt von St. Stephan Geschichten aus seiner jahrhundertelangen Lebenserfahrung sowie Gedanken zum Alltag auf dem Wiener Stephansplatz und zum Weltgeschehen. Seine wohlgesinnten Leserinnen und Leser haben seine quasi "rechte Hand" und Protokollanten, den Domarchivar Reinhard Gruber, dazu bewegt, "The very Best of Alter Steffl" in Buchform zu veröffentlichen, wie der Autor im Vorwort bemerkt.
Am Donnerstag um 19 Uhr präsentiert der Theologe sein Buch "Seien Sie gegrüßt! Gedanken des Steffl" am südlichen Seiteneingang im hohen Turm des Stephansdoms (Primglöckleintor, vis a vis Stephansplatz 3). Aus dem Verborgenen liest Kabarettist Markus Oezelt Passagen vor, sodass der alte Stephansdom für einen Abend scheinbar zum Leben erwacht, heißt es in der Ankündigung.
Zur Geschichte des schreibenden "Alten Steffls": Auf Bitten von Dompfarrer Toni Faber übernahm Gruber die Redaktion des Pfarrblatts von St. Stephan im Jahr 2002. "Die Idee war damals, dass eine neutrale Figur die Möglichkeit bekommt, sich frei und dann und wann auch mit spitzer Zunge zu jedem möglichen Thema äußern zu können", erklärt Gruber in dem im Buch beigefügten Interview mit Monika Jaros (Radio klassik Stephansdom). "Der Alte Steffl" habe sich nicht lange bitten lassen. Der Titel der Serie "Und blickt der Steffl lächelnd auf uns nieder!" geht auf das alte Wienerlied "Die Stadt der Lieder" von Oscar Hofmann (1854-1898) zurück.
"Der Alte Steffl diktiert seine Gedanken und gibt ausschließlich seine eigene Meinung wieder", beschreibt Gruber, der seit 30 Jahren im Stephansdom wirkt, die Exegese der Texte. Der "schon sehr betagte und in die Jahre gekommene mittelalterliche Autor" habe keine Vorgaben zu Themen, sei "unbestechlich und unverbesserlich". Mal ernst und sorgenvoll, mal frech und mit Humor schildert er seine Perspektive aus 136,44 Metern auf den Lauf der Welt.
Gleichzeitig erzählen die Texte Grubers, der in 30 Jahren schon als Aufseher, Mesner, Türmer und Ausstellungskurator im Stephansdom gewirkt und im Jahr 2000 das Domarchiv übernommen hat, die Geschichte des Stephansdoms. Auch der Sankt-Stephansturm besteht auf historisch richtige Bezeichnungen: Es handelt sich bei seiner "Person" um den Südturm, mit "Steffl" sei nicht der gesamte Dom gemeint, lässt er in einer seiner Mitteilungen seinem Ärger Luft. Selbst wenn er nicht mehr das höchste Gebäude der Stadt sei, so doch immer noch der höchste Kirchturm Österreichs und einer der höchsten der Welt. Seine Erneuerung Ende des 19. Jahrhunderts, als man nach Abtragung seiner Spitze vorübergehend "einen unansehnlichen Stumpf" zu sehen bekam, amüsierte den "Alten Steffl" nicht.
Auch wenn sich der "Alte Steffl" - der sich selbst als "Fingerzeig Gottes" versteht - manchmal spitzzüngig äußert, so doch "aber immer respektvoll und mit großem Verständnis für die Nöte und Sorgen des Alltags", wie Gruber und der "Alte Steffl" im Buch betonen. Dieses will - so die Autoren - "den Blick auf die kleinen und großen Freuden des Alltags lenken". Gebraucht werden kann es als "Nachtkästchenbuch", so die Empfehlung, "das man vor dem Schlafengehen oder vor dem Aufstehen zur Hand nimmt, um mit einem guten Gedanken entweder den Tag zu schließen oder ihn zu beginnen".
Vom "Alten Steffl" wird nicht nur am Donnerstag neben Musik von Domorganisten Ernst Wally und Bertl Mütter auf der Posaune zu hören sein. Auch in Zukunft wird er seine messerscharfen Einschätzungen geben, da er sich trotz seines hohen Alters noch "geistiger Frische" erfreut, verriet Gruber im Buch. Dieses ist kürzlich im Wiener Dom-Verlag erschienen.
Reinhard H. Gruber ist in Stams in Tirol aufgewachsen und studierte in Innsbruck und Wien. Seit 1995 am Stephansdom tätig, leitet er seit dem Jahr 2000 als Domarchivar das Archiv der Domkirche. Über seine eigentlichen archivarischen Tätigkeiten hinaus publiziert er in diversen Medien und ist Autor mehrerer Bücher über das Wiener Wahrzeichen, in denen er sich vor allem mit dessen Geschichte und Ikonografie beschäftigt.