Die Preisträgerin Elisabeth Lutter von der „Vernetzten Ökumene Wien West“.
Die Preisträgerin Elisabeth Lutter von der „Vernetzten Ökumene Wien West“.
Bischöfe Scheuer und Bünker verliehen Preis an Initiative "Vernetzte Ökumene Wien West" für Bemühungen um den christlich-jüdischen Dialog.
An der Universität Salzburg ist am Donnerstag, 1. Juni 2017 erstmals der Ökumene-Preis der katholischen und evangelischen Kirchen in Österreich verliehen worden. Der Preis ging an die Initiative "Vernetzte Ökumene Wien West", die sich u.a. um den christlich-jüdischen Dialog bemüht. Beim ausgezeichneten Siegerprojekt handelt es sich um einen Leitfaden für eine gemeinsame christlich-jüdische Gedenkstunde bzw. Einstimmung auf den "Tag des Judentums", der jedes Jahr am 17. Jänner begangen wird.
Hinter dem Ökumene-Preis stehen die Österreichische Bischofskonferenz, der Evangelische Oberkirchenrat A. und H.B. und die Evangelisch-methodistische Kirche. Der Linzer Bischof Manfred Scheuer und der lutherische Bischof Michael Bünker überreichten den Preis an die Leiterin der "Vernetzten Ökumene", Elisabeth Lutter, und ihr Team. Der Jury gehörten die Leiterin der Religionsabteilung im ORF-Hörfunk, Doris Appel, der evangelische Pfarrer Michael Simmer und die Pastoraltheologin Regina Polak an.
Polak hielt auch die Laudatio und würdigte das innovative Projekt. Der Leitfaden diene zur Förderung von Frieden und geistlicher Ökumene, besonders durch das Gespräch und die Vertrauensbildung zwischen Christen und Juden; nach der Katastrophe der Shoa eine bleibende Aufgabe für die christlichen Kirchen, so Polak.
Ökumene bedeutet neben dem Ringen um Wiederherstellung der getrennten Kirchen immer auch "Heilung, Versöhnung und Wiederherstellung verletzter Einheit", betonte Polak. Zu dieser verletzten Einheit der einen Kirche Jesu Christi gehöre aus christlicher Sicht von Anbeginn an - "und tragischerweise auch" - die gewaltbehaftete Trennung bzw. Abspaltung vom Judentum. Deutlich sei, "dass diese Geschichte auf Seite der Christen von Anfang an mit abgründiger Verachtung, ja sogar Hass verbunden ist - einem fundamentalen Antijudaismus".
Konfessionsübergreifender Judenhass habe aber den geistigen Nährboden zubereitet, auf dem das rassistische Gedankengut des Antisemitismus wachsen konnte, so die Theologin. Die Katastrophe der Ermordung von sechs Millionen Juden habe die christlichen Kirchen gezwungen, sich dieser Mitschuld zu stellen. Polak: "Heute wissen jene Katholiken und Evangelische, die sich seither im christlich-jüdischen Dialog engagieren, dass Christinnen und Christen ihren eigenen Glauben gar nicht verstehen können ohne Dialog mit dem Judentum in Geschichte und Gegenwart, und zwar so wie es sich selbst versteht." Der christlich-jüdische Dialog sei "das grundlegende Thema für das Selbstverständnis als Christinnen und Christen, er ist elementar für die Identität der Kirchen".
Diese fundamentaltheologische Bedeutung des Judentums für das Christentum betreffe Katholiken und Protestanten gleichermaßen, so Polak: "Die Aufgabe, diese Geschichte zu erinnern und miteinander sowie vom Judentum in seiner Vielgestaltigkeit zu lernen, stellt sich beiden Kirchen - und sie ist noch lange nicht abgeschlossen." Beide Kirchen seien auf dem Weg, den spirituellen und theologischen Reichtum Israels als Fundament des eigenen Glaubens neu zu entdecken.
Polak wies auf den zunehmenden Antisemitismus - "global und in vielerlei Gestalt" - hin, "rechts wie links, demokratisch wie autoritär, muslimisch wie auch nach wie vor innerhalb der Kirchen". In diesem Zusammenhang werde deutlich, "wie notwendig und aktuell ein solches Projekt wie der hier prämierte Leitfaden ist".
Ausgeschrieben wurde der Ökumene-Preis aus Anlass des Jubiläums "500 Jahre Reformation". Mit dem Preis - eine Reise ins Heilige Land für zwei Personen - soll ein weiterer Schritt auf dem Weg zur Einheit der Kirchen gesetzt werden, wie es in der Einladung zur Preisverleihung heißt. Den Festvortrag hielt der Münchner Soziologe Prof. Armin Nassehi zum Thema "Permanente Reformation. Politik, Religion, Kultur und Wissenschaft in komplexen Gesellschaften".
Evangelische Kirche in Österreich:
evang.at