Die um 1490 entstandene Darstellung (Diözesanmuseum Rottenburg-Stuttgart) zeigt, wie Jesus zu den Goldmünzen greift.
Die um 1490 entstandene Darstellung (Diözesanmuseum Rottenburg-Stuttgart) zeigt, wie Jesus zu den Goldmünzen greift.
Für den Theologen und Mikrofinanzexperten Helmut Berg bedeutet Geld an sich nichts Schlechtes. Es kommt immer darauf an, was man damit tut. Was sagen die Evangelien über den Umgang mit Geld?
Die drei Weisen aus dem Morgenland brachten dem neugeborenen Messias auch Geld in Form von Gold. Was hat das zu bedeuten?
Helmut Berg: Es gibt zwei extreme Sichtweisen: Die einen, zu denen gehört Moses Hess, ein Vorgänger von Karl Marx, hat dieses Bild angeschaut und gesagt: "An der Wiege des ersten Menschenkindes standen die guten Engel, aber auch der Satan. Dieser hat dem Kind ein blankes Goldstück in die Wiege gelegt. Jenes streckte gierig die Hand nach diesem Golde aus und hat sich dann quasi abgewandt von seinen guten Anlagen." Nach Moses Hess ist der Mensch von Anfang an der Geldgier verfallen.
Die andere Sichtweise stammt von meinem Doktorvater Ferdinand Reisinger. Er hat sich oft gewundert, dass in mittelalterlichen Gemälden so drastisch dargestellt wird, dass das Jesuskind mit beiden Händen nach dem Gold greift. Er hat sich darüber Gedanken gemacht und hat einen nicht negativen Zugang gefunden. Er versucht das lebensbejahende und Mut machende Bild als Kontrastgeschichte zu sehen, indem er sagt: "Eine Facette, die im Gold aufleuchtet, das das Jesukind in die Hand nimmt, ist die der Lebensdienlichkeit. Geld kann auch Segen in der Hand des Menschen sein." Jesus hat auch nie Scheu davor gehabt, zum Geld ja zu sagen. Er weist es nicht überheblich oder verächtlich zurück, sondern er nimmt es an, um es sinnvoll zu verteilen. Es gibt den locus classicus des Geldes bei Lukas 16, 9: "Macht euch Freunde mit dem ungerechten Mammon". Da wird sehr eindeutig gesagt, dass man mit dem Geld auch Gutes tun kann, nicht nur das intrinsisch Schlechte darin sehen muss. Das ist durchaus eine kirchliche Botschaft, dass es nicht nur die besondere Gnadennähe Gottes zur Armut gibt, sondern die Nähe zum Reichtum, der sich sozial verpflichtet fühlt.
Welche Aussagen über den Umgang mit Geld gibt es in den Evangelien?
Helmut Berg: Es gibt im wissenschaftlichen Diskurs sehr unterschiedliche Sichtweisen darüber, was die einzelnen Abschnitte der Evangelien bedeuten. Aber im Grunde kann man schon sagen, dass vielen Überlegungen eine Idee zugrunde liegt: Man soll das Geld nicht vergöttlichen. Das, woran du dein Herz hängst, soll nicht das Geld, sondern im Idealfall Gott sein. Das ist die Warnung, die in den meisten Evangelienstellen ausgesprochen wird. Mir erscheint am geeignetsten folgender Zugang zum Geld: Schauen wir einmal, was man mit dem Geld tun kann. Wenn Menschen viel Geld haben, gehören sie nicht automatisch zu den nicht Angesprochenen der jesuanischen Botschaft, sie sind aber auch am meisten gefordert nachzudenken, was sie mit ihrem Geld tun.
Jesus personifiziert das Geld mit "Herr". Viele Theologen sind der Meinung, diese Evangelienstelle (Mt 6,19-24 oder Lk 16,9-13) ist dazu da, dass man sich klar wird, dass Geld kein zweiter Gott sein kann. Denn, wo euer Schatz ist, da ist euer Herz, wie es bei Matthäus 6,21 heißt. Das ist schon eine bedeutende Stelle, denn man muss sich wirklich überlegen: Was stelle ich an die erste Stelle in meinem Leben? Das ist in unserer sehr ökonomisierten Gesellschaft schon etwas Schwieriges. Für viele Menschen ist tatsächlich heute Geld ein Gottersatz. Genau darin besteht die Gefahr, dass das nicht zum Glück führt und die Menschen entfremdet sind von ihrem eigentlichen Sein und dem, was sie eigentlich auf Erden tun sollen.
Sie sind der Auffassung, dass es im Vaterunser auch um den Erlass von Geldschulden geht.
Helmut Berg: In der fünften Vaterunser-Bitte heißt es: "Und vergib uns unsere Schuld". Viele Wissenschaftler sind der begründeten Meinung von den Übersetzungen des griechischen Wortes "opheilémata" her, dass es dabei um Geldschuld handelt, die vergeben werden soll. Die Steuerlast der römischen Besatzung war so erdrückend, dass die Menschen nicht nur für das tägliche Überleben gebetet haben, ausgedrückt in der Bitte um das tägliche Brot, sondern auch in der Bitte „Befreie uns von unserer Schuld!“. Theologen sagen, dass dies genau auf die damalige Lebenssituation der Menschen Bezug nimmt: "Es wird von uns so viel Geld verlangt, wir können das nicht zahlen, die Großgrundbesitzer nehmen es uns weg. Wir sind dann nicht mehr Kleinbauern und Handwerker, sondern nur mehr Angestellte dieser Leute und arbeiten für einen Hungerlohn. Wenn wir unsere Schulden nicht bezahlen können, werden wir in die Schuldsklavenschaft verkauft." Erst in zweiter Linie kam mit der Schuld/den Schulden auch eine moralisch-sittliche Komponente dazu.
Helmut Berg Vom Gelde, das dem Leben dient |
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