Dass die Regierung eine "Flüchtlingspolitik der Mitte" verfolge, die "Lob verdienen würde - und stattdessen von allen Seiten verdammt wird", ist eine Einschätzung, die Diakonie-Direktor Michael Chalupka so nicht stehen lassen will.
Dass die Regierung eine "Flüchtlingspolitik der Mitte" verfolge, die "Lob verdienen würde - und stattdessen von allen Seiten verdammt wird", ist eine Einschätzung, die Diakonie-Direktor Michael Chalupka so nicht stehen lassen will.
Chalupka widerspricht Lob für Regierungskurs der Mitte bei Flüchtlingsaufnahme.
Dass die Regierung eine "Flüchtlingspolitik der Mitte" verfolge, die "Lob verdienen würde - und stattdessen von allen Seiten verdammt wird", ist eine Einschätzung, die Diakonie-Direktor Michael Chalupka so nicht stehen lassen will: Mit dem von ihr "konstruierten" Notstand als Begründung für eine willkürliche Obergrenze bei Asylanträgen stehe die Regierung vielmehr "im menschenrechtlichen Abseits", sie "desavouiere" das viele positive Engagement rund um die Flüchtlingsaufnahme und sie versuche, europäische Asylrechtsstandards zu unterminieren.
Chalupka reagierte mit dieser Kritik auf einen Kommentar in der Tageszeitung "Der Standard", wo seine Replik am Montag als "Kommentar der anderen" abgedruckt wurde. Am Freitag hatte es dort geheißen, die Regierung fahre einen lobenswerten Kurs zwischen "rechten" und "linken" Positionen: Einerseits gebe es die, die alle Grenzen schließen wollten, andererseits jene, die "jede Einschränkung des Asylrechts" ablehnten.
Der Diakonie-Chef dazu: "Das ist ein merkwürdiges Gegensatzpaar. Denn das Asylrecht geht nicht von offenen Grenzen aus." Es sei vielmehr ein Grundrecht für von Verfolgung bedrohten Menschen, in einem geordneten Verfahren hinter der Grenze Schutz zu finden, sofern ihr Asylantrag angenommen wird. "Genau diese Möglichkeit soll durch die Konstruktion des Notstands in der Sonderverordnung außer Kraft gesetzt werden."
Asyl entziehe sich, wie alle Menschenrechte, der Einordnung in Links-rechts-Schemata, betonte Chalupka. "Das Einhalten von verbrieften menschenrechtlichen Standards ist weder links noch rechts, sondern der feste Grund, auf dem der demokratische Rechtsstaat gebaut ist." Grund- und Menschenrechte gefühlten Mehrheiten auszuliefern, "beraubt sie ihres Sinns", warnte Chalupka. "Sie schützen Minderheiten vor Mehrheitsdespotie, sie schützen das Individuum gegen Institutionen, sie schützen Linke und Rechte, und auch die in der Mitte - das macht Demokratie aus."
Österreichs Flüchtlingspolitik - eigentlich eine "innenpolitische Symbolpolitik", wie der Diakonie-Direktor schrieb - habe auch unabsehbare Folgen für den Zusammenhalt der EU. Das österreichische Asyl- und Fremdenrecht folge seit vielen Jahren einem gemeinsamen europäischen Rechtsrahmen, der verbindlich ist. "Möchte ein Land aus diesem gemeinsamen Rechtsrahmen ausscheren, braucht es dafür einen wirklich guten Grund. Einen solchen gibt es in Österreich nicht." Wer die Erläuterungen zur Notverordnung liest, könne sich nur wundern, so Chalupka. "Eine Regierung schreibt ihr Land schlecht und desavouiert, was durch die Zusammenarbeit von Kommunen, Ländern und der Zivilgesellschaft an Positivem geschafft wurde."
Chalupka rechnet fix damit, dass der Europäische Gerichtshof die Notverordnung kippen wird. "Würde das österreichische Beispiel Schule machen, wäre das der Tod der ohnehin auf tönernen Füßen stehenden europäischen Asylpolitik". Der "österreichische Weg, sich auszuklinken", gehe in die falsche Richtung.
Chalupka forderte Österreichs Politik vielmehr auf, "die gleiche Energie, die sie derzeit in Abschottung und Konstruktion unhaltbarer Zustände steckt", in die Schaffung von guten Integrationsbedingungen und europäischen Lösungen zu stecken. Konkret bedeute dies ein einheitliches europäisches Asylsystem, Umsetzung des im Türkei-Deal versprochenen Resettlements und schnellere Familienzusammenführung.