Angela Köhn: "Man kann Fehler machen, aber man braucht sie nicht wiederholen."
Angela Köhn: "Man kann Fehler machen, aber man braucht sie nicht wiederholen."
Nach ihrer Sportkarriere suchte Angela Köhn das Hochgefühl in Drogen. Heute ist sie dankbar, dass sie überlebt hat.
Als Kind ist Angela Köhn immer in Bewegung, mit sechs Jahren wird sie Leistungsschwimmerin. „Dabei habe ich gelernt, dranzubleiben und mich durch schwierige Zeiten durchzubeißen, ich habe Niederlagen und Siege erlebt“, sagt die ehemalige österreichische Jugendmeisterin, „auf der anderen Seite hat es mir ein Stück Leichtigkeit genommen, weil es immer um Erfolg ging.“
Nach der Matura hört Angela Köhn mit dem Leistungssport auf und fühlt sich zunächst unglaublich befreit. „Ich bin aber in ein tiefes Loch gefallen, das mit Verschiedenem aufgefüllt wurde, das auch „kick“ gibt.“ Sie geht viel aus, trinkt Alkohol und probiert diverse Drogen, beim Heroin bleibt sie hängen. Es wird zur Gewohnheit und allmählich zur Sucht.
Sie modelt und gibt fast ihren ganzen Verdienst für Drogen aus. Freunde und Familie bemerken ihre Sucht und reden ihr ins Gewissen. „Zu Anfang hab’ ich mir gedacht, ich hab’ doch eh kein Problem damit. Diese Verleumdung begleitet alle Süchtigen.“
Nach mehreren halbherzigen Versuchen, von den Drogen loszukommen, wird ihr klar: „Ich muss mich vor mir selbst schützen.“ Beim Verein „Grüner Kreis“ macht Angela Köhn eineinhalb Jahre lang Therapie.
„Einen Entzug zu machen ist körperlich und noch mehr geistig wirklich ganz grauslich.“ Kraft geben ihr Familie und Freunde. „Wenn der eigene Wert nicht mehr groß genug ist, dass man es für sich selbst macht – und der geht als Suchtkranker auf der Strecke verloren – geben Familie und Freunde Halt. Ich wollte sie nicht enttäuschen und ihnen beweisen, dass es mich auch wieder anders gibt – so wie früher.“
Nach zehn Jahren Drogenkonsum schafft Angela Köhn den Absprung. „Ich möchte keinen einzigen Tag missen, auch nicht die schmerzhaften Phasen, weil ich durch all das zu dem Menschen wurde, der ich heute bin. Ich hab’ das Schicksal oft herausgefordert und ganz viele Schutzengel gehabt, dafür bin ich zutiefst dankbar.“ Angela Köhn glaubt daran, dass sie eine höhere Macht durch das Leben geleitet – „auch wenn ich meine eigenen Interpretationen von dieser höheren Macht habe“. Der Glaube war für sie immer ein Thema.
Zum Leben gehört für Angela Köhn auch das Verzeihen – anderen Menschen und sich selbst. „In der Drogenzeit hab’ ich so gut wie jeden, den ich geliebt habe, betrogen, bestohlen und belogen. Dieser Selbsthass, der da entsteht, löst sich nur auf, indem man sich selbst verzeiht, dass man es in dem Moment nicht besser konnte, aber es für alle Zukunft besser machen wird. Man kann schon Fehler machen, aber man braucht sie nicht wiederholen.“
Heute arbeitet Angela Köhn als Friseurin – ihr Traumberuf – und lebt mit ihrem Mann und den zwei kleinen Töchter bei Wien. „Dass ich das erleben darf und alles so gut ist, macht mich ganz demütig. Ich konnte mir mein Leben auch ohne Kinder gut vorstellen, aber jetzt weiß ich, was ich geschenkt bekommen habe.“
Was Angela Köhn demütig macht, wofür sie dankbar ist und wie sie mit ihrer Familie lebt, hören sie am Samstag, 1. April, von 19 - 20 Uhr.
DaCapo am Mittwoch, 5. April, von 19 - 20 Uhr.
Nachzuhören auf www.radioklassik.at als podcast.
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