Frau Carina hat immer ein offenes Ohr für die Kunden im Sozialmarkt Krems. Nach ihrer befristeten Anstellung möchte sie auch weiter im Verkauf arbeiten: „Mir würde alles gefallen.“
Frau Carina hat immer ein offenes Ohr für die Kunden im Sozialmarkt Krems. Nach ihrer befristeten Anstellung möchte sie auch weiter im Verkauf arbeiten: „Mir würde alles gefallen.“
Betroffene zu Hauptakteuren zu machen, das unterstützt im Kampf gegen die Armut. Initiativen wie Sozialmärkte, Mutter-Kind-Häuser und Lerncafés, helfen benachteiligten Menschen ihr Leben wieder in die Hand zu nehmen. Eine Reportage von Stefan Hauser über Caritasprojekte in Niederösterreich.
Krems, Bahnhofsviertel. Ein kleines feines Geschäft hier ist erste Station meiner Reise. Es ist der SOMA, der Sozialmarkt.
Einer der ersten Kunden, Herr Franz. Seit fünf Jahren ist der Witwer auch Pensionist: „Ich brauch’ was für mein Frühstück, schau’ nach Brot, Salzstangerl, Gemüse und Obst“. Herr Franz hat 860 Euro monatlich zur Verfügung. „Ich komme her, weil es billiger als in einem normalen Geschäft ist.“ Der ehemalige Arbeiter am Bau schildert, dass er öfter krank und daher froh ist, sich um wenig Geld hier Lebensmittel kaufen zu können.
Ich treffe Frau Brigitte. Die alleinstehende 60-jährige Frau hat im Korb Joghurt, Brot und Obst: „Ich bin froh, dass es den SOMA gibt, weil von den Preisen her, ist der für viele Menschen wichtig.“
Seit zehn Jahren gibt es den Sozialmarkt Krems. Er ist eine Win-Win-Situation. Einerseits können Menschen mit geringem Einkommen Lebensmittel hier einkaufen, andererseits wirkt er dem Abfallstrom entgegen, werden doch so viele Lebensmittel einfach weggeworfen.
In den Verkaufskästen sehe ich das Brot und Gebäck von gestern, Gemüse und Obst mit kleinen Schrammen und Konserven. Sie sind mit wenigen Cent ausgepreist. Marktleiterin Gerti Ulrich schildert mir: „Wir haben zwischen zehn und achtzehn Lieferanten, die wir täglich anfahren, darunter mehrere Großbäcker.“
Zum Einkauf berechtigt sind Menschen, deren Monatseinkommen nachweislich 950 Euro nicht übersteigt. Ein spezieller Pass ermöglicht wöchentlich drei Einkäufe in limitierter Menge.
Für 3.000 Menschen in der niederösterreichischen Stadt habe man einen Bedarf eruiert, 2.000 haben den nötigen Pass bisher beantragt. „Es gibt Scham, bei uns einzukaufen“, vermutet Ulrich eine Hemmschwelle. Die Mitarbeiterinnen im SOMA sind Frauen, denen durch eine befristete Anstellung, die Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt ermöglicht wird.
Eine der Verkäuferinnen, mit der ich spreche, ist Frau Carina. Die ehemals im Gastgewerbe tätige alleinstehende Frau kann hier sechs Monate mitarbeiten. „Mir gefällt’s hier und ich möchte auch weiter im Verkauf tätig sein und ich kaufe hier selbst ein.“ Durch die Kooperation mit dem Arbeitsmarktservice, dem Land Niederösterreich und der Caritas erhalten die Frauen diese Arbeitschance.
Für mich geht es weiter nach St. Pölten. In einem schönen Wohngebiet der Landeshauptstadt komme ich zum Mutter-Kind-Haus der Caritas. Man merkt, hier wohnen junge Mütter, die Babys machen sich bemerkbar. Neun Frauen und zwölf Kinder zwischen wenigen Wochen und sieben Jahren haben hier kleine Wohneinheiten.
Ich treffe die 20-jährige Viktoria, die mit ihrer neun Monate jungen Tochter Laura hier auf 20 Quadratmetern lebt, sie erläutert mir, warum sie hier ist: „Es gab familiäre und finanzielle Probleme, ich habe durch den Kindsvater auch meine Wohnung verloren.“ Die gelernte Verwaltungsassistentin, die auch ein Zertifikat zur Kindergartenassistentin hat, hofft bald eine leistbare Wohnung zu finden und auch wieder arbeiten gehen zu können. Mit ihrer positiven Einstellungen wird sie es schaffen. Petra Fischer, die Hausleiterin des Muki, schildert mir: „Wir betreuen die Frauen mit Familienhelferinnen und Sozialarbeiterinnen und wir haben auch zwei Startwohnungen.
Nicht weit entfernt vom Mutter-Kind-Haus ist das Pflegeheim St. Elisabeth der Caritas in St. Pölten.
Doch beim Betreten höre ich viele Kinder. Kein Wunder, hier hat auch das Lerncafé seinen Standort. Die Kinder sitzen an ihren Tischen, betreut von ehrenamtlichen früheren Lehrerinnen werden hier Mathematikübungen gemacht wie auch deutsche Grammatik durchgegangen.
Eine der gelehrigen jungen Damen ist die neunjährige Alexia: „Mein Lieblingsfach ist nicht Deutsch, sondern Mathematik. Ich bin in Rumänien geboren und da haben wir ganz viel Mathematik und das mag ich voll.“ Alexia steckt mich mit ihrer Leidenschaft unweigerlich an.
Alexia hat einen 17-jährigen Bruder, der nicht so viel Zeit zum Lernen mit ihr hat, und daher ist es wichtig, das Deutschdefizit auszugleichen, denn ihre Eltern gehen arbeiten. „Ich möchte einmal Ballerina werden“, ist Alexia voller Hoffnung, und so wie sie schildert, wird sie es schaffen, davon bin ich überzeugt.
24 Kinder aufgeteilt auf zwei Lerngruppen sind heute hier. Jasmina Srndic ist eine der beiden hauptamtlichen Mitarbeiterinnen im Lerncafé. Auf die Frage, was wichtig in der Unterstützung ist, sagt sie: „Die Lernschwächen sind unterschiedlich. Wir schauen, sie, so gut es geht, individuell zu fördern, besonders natürlich haben sie ein Defizit in der deutschen Sprache.“ Überall hängen daher auch Grammatikübungen an den Wänden, damit die Kinder immer wieder mit Herausforderungen konfrontiert sind.
Ich bin mir sicher, sie schaffen das.
Wie wir helfen können!
Unsere Hilfe ist gefragt!
Caritas-Spendenkonto:
Erste Bank: IBAN AT 23 2011 1000 0123 4560,
BIC GIBAATWWXXX,
Kennwort Inlandshilfe
Online-Spenden: www.caritas.at/inlandshilfe
Dem "SONNTAG", der Zeitung der Erzdiözese (Ausgabe Nr. 45 / 2017) liegt ein Erlagschein der Caritas bei.
Wie die Hilfe der Caritas für armutsbetroffene Menschen ankommt, hören sich auch in der Radioreportage von Stefan Hauser.
Zu hören im Podcastbereich auf radio klassik Stephansdom unter: radioklassik.at
Der Heilige Martin als Vorbild
Wie schwer fällt uns das Teilen und Helfen?
„Armut ist meist hinter verschlossenen Türen“
weitere Informationen zu
die Zeitung der Erzdiözese Wien
Stephansplatz 4/VI/DG
E-Mail-Adresse: redaktion@dersonntag.at