Der Heilige Martin ist ein gutes Beispiel: Er gibt er dem Bettler nur den halben Mantel. Durch das Teilen ist dem Bettler geholfen und auch Martin selber hat noch etwas davon, es würde ihm ja sonst selbst kalt werden.
Der Heilige Martin ist ein gutes Beispiel: Er gibt er dem Bettler nur den halben Mantel. Durch das Teilen ist dem Bettler geholfen und auch Martin selber hat noch etwas davon, es würde ihm ja sonst selbst kalt werden.
Der Heilige Martin steht mit seinem Namen und mit seinem Beispiel für Solidarität mit den Armen, Bettlern und allen Menschen am Rande der Gesellschaft. Wie schaut unsere viel genannte „Christenpflicht“ in Bezug auf die Armen heute aus?

Mit dem Teilen seines Mantels steht Martin von Tours bis heute symbolhaft für einen sozialen und menschlich-christlichen Auftrag. Doch worin besteht dieser Auftrag und was bedeutet er konkret?
Das erklärt Gunter Prüller-Jagenteufel, Professor für theologische Ethik an der Universität Wien: „Jeder Mensch hat biblisch gesehen das Grundrecht darauf, dass er das Lebensnotwendige bekommt.
Im Alten Testament wird das mit dem Wort ‚Gerechtigkeit’ bezeichnet. Zum einen bedeutet das, dass man Menschen für erledigte Arbeit gerecht entlohnt. Zum anderen, dass wir denen geben und helfen, die Not leiden. Das ist unsere Christenpflicht, die sich bis heute durch die gesamte Kirchengeschichte zieht.“
Im Zuge seiner Tätigkeit hat sich Prüller-Jagenteufel umfangreiches Wissen und Erfahrung über Solidarität und Ethik angeeignet.
Deswegen stellen wir ihm die Frage, wie man grundlegend am besten helfen kann?
Seine Antwort: „Eine Möglichkeit ist es, auf organisierte Nothilfe zu vertrauen und zum Beispiel Hilfsorganisationen regelmäßig einen Betrag zu spenden.
Doch gleichzeitig ist es nicht schlecht, den persönlichen Kontakt mit Bettlern nicht zu meiden, sondern bewusst zu denken: ‚Das ist ein Mensch, dem schaue ich jetzt in die Augen und gebe ihm etwas.‘ Denn diese Menschen machen einem klarer, dass es nicht selbstverständlich ist, dass es uns gut geht.“
Gerade um St. Martin herum taucht immer wieder der Begriff des „selbstlosen Helfens“ auf. Ein Begriff, den der Experte aber eher kritisch betrachtet: „Beim Helfen ist es zwar wichtig, dass man den anderen im Blick hat.
Doch gerade der Heilige Martin ist ein gutes Beispiel dafür, dass Geben nie nur selbstlos sein darf. Man könnte ihm nämlich vorwerfen: Warum gibt er dem Bettler nur den halben Mantel? Doch gerade durch das Teilen ist dem Bettler geholfen und auch Martin selber hat noch etwas davon, sonst würde ihm ja selbst kalt werden.
Geben bedeutet nicht, alles herzugeben, so wie das Sterntaler-Mädchen im Märchen, sondern ein kluges ethisches Augenmaß zu bewahren“, sagt der Universitätsprofessor.
Prüller-Jagenteufel: „Man soll nach seinen finanziellen Möglichkeiten austarieren, was man geben kann, aber dabei fair und nicht knausrig sein.
Ein Vorschlag, den man sich dabei vornehmen könnte, ist, dass man einen bestimmten Betrag definiert und jedem Bettler, dem man begegnet, 50 Cent oder einen Euro gibt. Und zwar so lange, bis man den Betrag ausgegeben hat. Wenn jemand hingegen ein bisschen wohlhabender ist, kann er sagen: Ich gebe jedem Bettler, dem ich begegne, einen Euro.“
Der Universitätsprofessor kennt in diesem Zusammenhang natürlich auch die Vorbehalte vieler Menschen Bettlern gegenüber. Aus Erfahrung weiß er, dass es oft heißt: „Damit unterstützt man organisierte Bettler-Banden“, oder: „Die kaufen sich ja eh nur Alkohol.“
Prüller-Jagenteufels Antwort: „Wer bin ich, darüber zu urteilen? Niemand bettelt freiwillig!“
zur Person

Ao. Univ.-Prof. Dr. Gunter Prüller-Jagenteufel
ist Professor für Ethik an der Uni-Wien
Siehe http://st-theoethik-ktf.univie.ac.at/
Wie schwer fällt uns das Teilen und Helfen?
„Armut ist meist hinter verschlossenen Türen“
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