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06.12.2017 · Glaube · Kunst&Kultur

Ein Zweifler trifft auf Jesus

Lee möchte seine Frau überzeugen, dass der christliche Glaube falsch sei.

Im packenden Spielfilm „Der Fall Jesus“ (jetzt auf DVD) droht eine junge Familie an den Gegensätzen von Atheismus und Glauben fast zu zerbrechen, bis sich das Blatt schließlich wendet.

 

Schon eine der ersten Szenen des auf einer wahren Begebenheit beruhenden Filmes „Der Fall Jesus“ sorgt für Gänsehaut: Der junge erfolgreiche Gerichtsreporter Lee Strobel (Mike Vogel) feiert mit seiner Frau Leslie (Erika Christensen) und seiner Tochter Alison eine journalistische Auszeichnung in einem Restaurant.

 

Die kleine Alison (Haley Rosenwasser) möchte zum Nachtisch Kaugummi-Bonbons. Eines davon bleibt ihr allerdings im Hals stecken. Alison bekommt keine Luft mehr und droht vor den Augen ihrer Eltern zu ersticken. Da eilt eine schwarze Frau an ihren Tisch, packt das Kind, legt es kopfüber auf ihren Schoß und klopft das steckengebliebene Bonbon fachmännisch aus ihr heraus.

 

Die Eltern sind unendlich erleichtert und bedanken sich bei Alfie Davis (L. Scott Caldwell), die von Beruf Krankenschwester ist. Diese sagt, nicht sie habe das Kind gerettet, sondern Jesus. Ihr Mann habe eigentlich in ein anderes Restaurant gehen wollen...


Das dramatische Ereignis bleibt in der bisher streng atheistisch eingestellten Familie Strobel nicht ohne Folgen: Leslie kommt durch Alfie in Kontakt mit einer christlichen Gemeinde und findet zum Glauben an Gott.

 

Ihr Mann Lee lehnt diesen Weg radikal ab und verlangt von Leslie, ihr Glaubensleben zu beenden.  Da sich Leslie nicht abbringen lässt, beginnt Lee ein „Projekt“: Er setzt es sich zum Ziel, den christlichen Glauben durch wissenschaftlich-journalistische Fakten zu widerlegen. Er recherchiert zum historischen Jesus, befragt Archäologen, Historiker und Ärzte und reist dafür sogar im ganzen Land herum.

   

Sein erstes Gebet

Am Ende des Films „Der Fall Jesus“ glaubt auch der Journalist Lee Strobel. „Na gut, Gott, du hast gewonnen“ lauten die Worte seines ersten Gebetes. Seine Recherchen zur Person Jesu konnten seinen Atheismus nicht einzementieren, sondern brachten diesen im Gegenteil zum Zerbröckeln. Bis es aber so weit ist, geht die Familie Strobel einen steinigen Weg.


Einer, der das gut nachvollziehen kann, ist Kaplan Albert Reiner. Er wurde selbst vom überzeugten Atheisten zum Priester in der Erzdiözese und wir fragten ihn deshalb nach seiner Einschätzung: „Ich kann mich gut in die Hauptfigur hineinversetzen.

 

Denn wer sich auf die Suche nach der Wahrheit macht, hat eine ausgezeichnete Chance, Jesus Christus zu finden. So habe auch ich es erlebt“, sagt Reiner dem SONNTAG. Auch ihn führte die Frage, was denn stimme, zu einer neuen Auseinandersetzung mit dem Thema und letztlich zum Glauben und in die katholische Kirche.

 

Weltbestseller

„Der Fall Jesus“ ist kein kuscheliges Bekehrungskino. Der Film basiert auf dem gleichnamigen Bestseller-Buch von Lee Strobel, das sich weltweit 14 Millionen Mal verkaufte. Strobel beendete seine journalistische Karriere bei der „Chicago Tribune“ und wurde schließlich Pastor, Autor und Vortragender.  


Film-Fazit des SONNTAG:

„Der Fall Jesus“ erzählt nüchtern, ohne Kitsch und spannend die Bekehrungsgeschichte eines modernen Atheisten.  Überzeugende Schauspieler (u. a. Faye Dunaway als Uni-Professorin) und eine auch psychologisch plausible Story machen diesen Film sehr sehenswert. 

 


Interview mit Kaplan Albert Reiner

Kaplan Albert Reiner aus der Wiener Pfarre „Zur frohen Botschaft“ ist wie Lee Strobel einen Weg vom radikalen Atheismus zum überzeugten christlichen Glauben gegangen.Er erzählt von den Hürden, Freuden und auch der Demut, die dieser Weg für ihn mit sich gebracht hat.

 

Im Film „Der Fall Jesus“ setzt es sich der Journalist Lee Strobel zum Ziel mit „Fakten“ zu beweisen, dass am christlichen Glauben nichts dran ist. Am Ende ist es aber sein Atheismus, der ins Wanken gerät…

 

Albert Reiner: Ich glaube, dass ich mich ganz gut in Lee Strobel hineinversetzen kann. Immerhin ist sein Zugang in manchem ganz ähnlich zu meinem.

 

Wenn er sich nämlich zu Beginn daran macht, den Glauben „inhaltlich“ zu widerlegen (statt nur die Auswirkungen des Christentums - Inquisition, Kreuzzüge u.s.w. - anzugreifen), stellt er damit die Frage nach der Wahrheit; er will zeigen, dass die Geschichte mit Jesus und all die Behauptungen, die die Christen mit ihm verbinden, einfach falsch sind.

 

Doch wer sich auf die Suche nach der Wahrheit macht, hat eine ausgezeichnete Chance, Jesus Christus zu finden. So habe auch ich es erlebt: immerhin war es ja die Frage, was denn stimme, die mich zu einer neuen Auseinandersetzung mit dem Thema und letztlich zum Glauben und in die katholische Kirche geführt hat.

 

Wie ist das, wenn man sich als zuvor absolut überzeugter Atheist auf den Glauben an Gott einlässt und die Erfahrung des Glaubens macht?

 

Mir scheint, dass, wer, ausgehend von einer atheistischen bzw. agnostischen Selbstverständlichkeit über die Frage nach der Wahrheit auf Gott stößt, mit Sicherheit eines erfahren wird: dass nämlich fraglose Selbstverständlichkeit noch keine Sicherheit ausmacht; dazu kommt noch die Erfahrung eines glatten Widerspruchs zwischen dem, was man vorher für wahr gehalten hat, und der jetzigen Sichtweise: Logisch gibt es da nur die Möglichkeit, dass mindestens

eine der beiden Sichtweisen, die man beide in gleicher Weise ernst meint, einfach falsch ist.

 

Sich dies einzugestehen - dass man Falsches für wahr hält oder gehalten hat, dass Selbstverständlichkeiten nicht tragfähig waren und, in meinem Fall (nicht aber bei Lee Strobel) dass die Frage nach Gott nicht einfach durch objektive Vernunftkriterien beantwortet werden kann sondern uns das Wagnis der Entscheidung, welcher Sicht ich Glauben schenke, nicht erspart bleibt - ist wahrscheinlich für niemanden leicht; für mich jedenfalls war es das nicht.

 

Und doch ist die Realisierung all dessen auch von einer ungemeinen Euphorie begleitet - eine Ambivalenz, die sich mir in dem Eindruck, jetzt werde es erst so richtig spannend, verdichtete.

 

Was sind die größten Hürden?

 

Abgesehen von der Ehrlichkeit zu sich selbst, die hier von einem gefordert ist, kommt dann natürlich auch die Frage auf, welche Konsequenzen der Glaube auch im eigenen Leben hat - immerhin wird sich eine solche Einsicht mehr oder weniger automatisch auch im Alltag auswirken.

 

Und je mehr man sich vorher gegenüber den Menschen im eigenen Umfeld in eine ablehnende Haltung einzementiert hat, umso schwieriger ist es natürlich, daraus wieder heraus zu kommen.

 

Wie sage ich das den Menschen um mich herum? Wie werden sie reagieren? Wie kann ich ihnen begreiflich machen, dass und warum mich die Suche nach der Wahrheit zu Gott und Christus geführt hat?

 

Im Prinzip sind es die gleichen Fragen wie bei einem "coming out", und so hat es sich wohl auch angefühlt - nicht zuletzt, da in manchen Milieus ein ernsthafter christlicher Glaube bei Weitem anstößiger ist als Fragen sexueller Orientierung.

 

Besonders schwierig ist es natürlich, wenn Freundschaften und Beziehungen darunter leiden, weil der je andere - im Film Lee gegenüber Leslie Strobel - mit der eigenen Entwicklung überfordert ist.

 

So gesehen - in meinem Umfeld zur damaligen Zeit hielten sich Gläubige sehr effizient versteckt - entsprach meine Situation viel eher der Leslie Strobels, die eine innere Wandlung erlebte, ohne dass sich ihr unmittelbares Umfeld, der atheistische Partner, geändert hätte.

 

Was sind die großen Unterschiede zwischen dem Leben als Atheist und

jenem als Christ?

 

Ein neuer Blick auf die Welt! Und dieser neue Blick wird dann auch konkrete Folgen für den Umgang miteinander haben - beispielsweise, wenn ich im anderen nicht einfach einen Nebenmenschen sondern ein Mitgeschöpf Gottes erkenne, also jemanden, dessen Dasein sich dem Wunsch Gottes verdankt, dass es ihn geben soll.

 

Damit ist eine Aufwertung des anderen verbunden, die etwa Kants kategorischem Imperativ, den anderen nicht zum bloßen Werkzeug verkommen zu lassen, eine überaus große Dringlichkeit verleiht.

 

Auch wenn die Antworten dadurch nicht leichter zu finden und umzusetzen sind: Gerade in ethischen Grenzfragen wird diese Veränderung des Blicks wesentliche Konsequenzen haben, die nicht einfach aus gegebenen Prinzipien abzuleiten sind.

 

Und vielleicht noch etwas: eine größere Gelassenheit. Die Erfahrung, sich durch viele Jahre ganz grundlegend geirrt zu haben und dieses Bewusstsein aber auch keinem Wissen sondern bloßem Glauben zu verdanken, kann der eigenen Demut wie auch der Bereitschaft, mit Geduld auf gegensätzliche Meinungen zu reagieren, durchaus förderlich sein.

 

Zu den Unterschieden gehört natürlich auch die unmittelbare Folgezeit der Bekehrung: Ich glaube, wie man sich da fühlt, ist im Prinzip jedem bekannt, der schon einmal verliebt war.

 

Wie soll/kann man als Christ mit Atheisten „umgehen“?

 

Ganz normal, in Offenheit und möglichst mit Liebe. Der andere ist zunächst einmal ja nicht einfach ein Atheist, sondern vielmehr ein konkreter Mensch mit seinen Sorgen und Hoffnungen, ein Mensch, der mir mehr oder weniger sympathisch ist, ein Mensch, mit dem mich dieses oder jenes verbindet und zusammen gebracht hat; bedauerlicherweise sind wir halt in religiöser Hinsicht unterschiedlicher Ansicht - zumindest noch, denn gerade die Geschichte von Menschen wie Lee Strobel zeigt ja, dass auch hier eine Änderung möglich ist.

 

Je nach der Art der Beziehung kann es natürlich mehr oder weniger leicht auch dazu kommen, dass auch der Gegensatz in dieser grundsätzlichen Glaubensüberzeugung zur Sprache kommt. Und da ist es, glaube ich, wichtig, offen zu sein für das, was vom anderen kommt, und abzuklopfen, wo genau der Punkt ist, an dem ich ihm nicht folgen kann.

 

Ist es wirklich so, dass sich hier unsere Wege trennen, weil wir die Welt unterschiedlich sehen? Oder könnte es sein, dass ich gerade auch als Glaubender an diesem Punkt etwas von meinem Gesprächspartner über meinen Glauben, über die Wahrheit lernen kann?

 

Aber letztlich unterscheidet sich das nicht vom Gespräch unter Gläubigen: Denn auch ihnen muss ich als Person gerecht werden, und dazu gehört eben genau zu hören, was sie eigentlich sagen, und nachzuspüren, wo sich evtl. in mir Widerspruch regt: Auf der Suche nach der Wahrheit ist es nie auszuschließen, dass wir noch etwas dazu lernen.

erstellt von: Der SONNTAG / Agathe Lauber-Gansterer
06.12.2017
zurück
Weitere Informationen:

DVD „Der Fall Jesus“ 

Gerth Medien

auf DVD und Blu-ray

15 Euro,

freigegeben ab zwölf Jahren

ISBN 4051238056402

Infos: www.gerth.de

 


Die persönliche Glaubensgeschichte von Albert Reiner (mit Video) :

Vom Atheisten zum Priester


 

weitere Informationen zu

Der SONNTAG

die Zeitung der Erzdiözese Wien

Stephansplatz 4/VI/DG

1010 Wien
T +43 (1) 512 60 63
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Ein Heiliger, der die Hand reicht – auch anderen Konfessionen und Religionen, wird er doch in der Ostkirche ebenso verehrt wie im Westen.

Papst mahnt: Synodaler Weg braucht mehr innerdeutschen Dialog

Papst Leo XIV. sieht den Reformprozess der deutschen Kirche noch nicht am Ziel. Beim Rückflug aus dem Libanon mahnte er mehr innerdeutschen Dialog an – und warnte vor Machtgefällen, die Stimmen vieler Gläubiger zum Verstummen bringen könnten. Vielfalt in der Synodalität sei kein Bruch, sondern Stärke.

Grünwidl: Kirche und Medien teilen Verantwortung für Wahrheit

Kirche und Medien tragen gemeinsam Verantwortung für Wahrheit, betonte der designierte Wiener Erzbischof Josef Grünwidl bei der Adventbegegnung mit ORF-Mitarbeitern.

Bürgermeister Ludwig: Bibelerzählung von Sturm am See „Anleitung für Politiker“

Herausforderungen mit kühlem Kopf zu meistern und die Nerven nicht wegzuschmeißen, könne man von der Bibel lernen, so der Wiener Bürgermeister bei der „Nacht der Stille“ im Stephansdom.

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