Trotz aller Kritik von Seiten des Autors hielt Heinrich Böll zeit seines Lebens am christlichen Glauben fest und schöpfte daraus Kraft und Trost.
Trotz aller Kritik von Seiten des Autors hielt Heinrich Böll zeit seines Lebens am christlichen Glauben fest und schöpfte daraus Kraft und Trost.
Der Geburtstag von Heinrich Böll, dem Literaturnobelpreisträger und leidenschaftlichen Katholiken, jährt sich zum 100. Mal. Warum er für die Kirche auch heute noch aktuell ist.
Heinrich Böll, geboren am 21. Dezember 1917 in Köln, entstammte einer tiefgläubigen katholischen Handwerkerfamilie. Sein Glaube begleitete ihn sein ganzes Leben, auch wenn er die Institution Kirche 1976 verließ.
An seine Frau Annemarie schrieb er im Juli 1942 aus dem Krieg: „Wenn ich nicht an Christus glaubte, an die Wahrheit, die Wirklichkeit und das Wesen des Kreuzes, dann lebte ich einfach nicht, dann litte ich nicht, dann wäre ich einfach NICHTS“.
Worin ist Heinrich Böll für die heutige Kirche noch aktuell?
Die Theologin und Germanistin Elisabeth Hurth: „Heinrich Böll nahm in seinem Roman ,Frauen vor Flusslandschaft’ die Krise der Religion bereits vorweg: Es fällt auf, wie nüchtern und resigniert sein Urteil über die Kirche dort ist. Er äußert sich enttäuscht über unglaubwürdige Priester, und schale Gottesdienste, die keinen Trost mehr spenden.“
Der Roman „Frauen vor Flusslandschaft“ erschien in seinem Todesjahr 1985. Heinrich Böll kritisierte u. a. auch, dass sich die Kirche zu stark materialistisch orientiere und zu wenig auf ihre geistlichen Ressourcen setze.
Elisabeth Hurth: „Böll hat viel über die Sakramente und deren Bedeutung gesagt. Er hat früh erkannt, dass die Eucharistie nicht mehr so empfangen wird, wie es dem Sakrament gerecht wird. Er war frustriert von der Tatsache, dass Millionen Menschen sonntags die Kommunion empfangen, aber nicht verändert werden.“
Diese oberflächliche Umgang beruhe u. a. auf der mangelnden Vermittlung von Glaubenswissen. Böll habe aber klar gemacht, „dass man den Untergang des religiösen Wissens nicht über reine Faktenvermittlung aufhalten kann. Er sagte, dass der Glaube über eine Beziehung zu Gott erwachse und ohne diese Beziehung sei alles Wissen nichtig.
Auch das ist etwas, was die Kirche gar nicht oft genug betonen kann: Dass Glaube eine Beziehung ist, eine Bindung an Gott“, sagt Elisabeth Hurth. Die Tatsache, dass Glaubensferne mit fehlendem Glaubenswissen einhergeht, sei heute noch verschärft, etwa wenn Jugendliche die Trinität für eine amerikanische Rockband halten, meint Hurth, die auch als Lerntherapeutin arbeitet.
Böll beanstandete nicht nur die mangelnde Vermittlung von Glaubenswissen, sondern auch die zur Schaustellung des Religiösen. Hurth: „Unaufrichtigkeit und frömmelnde Scheinheiligkeit haben ihn sehr gestört. Er hat davor gewarnt, den Glauben nur medienwirksam zu präsentieren, ohne zum Kern des Glaubens vorzustoßen.“
Trotz aller Kritik von Seiten des Autors hielt Böll zeit seines Lebens am christlichen Glauben fest und schöpfte daraus Kraft und Trost.
„Heinrich Böll wird oft einseitig als Kirchenkritiker dargestellt. Wie die Figuren in seinen früheren Romanen löste er sich zwar von der Institution Kirche, aber sein Glaube blieb zeitlebens kirchlich-katholisch geprägt.
Seine Figuren nehmen am Gottesdienst teil, sie beichten und beten und sind davon überzeugt, dass das im Leben helfen und das Leben auch tragen kann“, sagt Elisabeth Hurth über den Literaturnobelpreisträger.
Das Glaubensleben seiner Figuren beeindruckt beim Wiederentdecken seiner Romane heute mehr denn je.
zur Person
Dr. phil. Elisabeth Hurth, M.A., PhD, ist Theologin und Germanistin und arbeitet als Publizistin und Lerntherapeutin.
Interview mit Christoph Gellner zur Aktualität von Heinrich Bölls Denken
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