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12.10.2003

Kamel und Nadelöhr

Mutter Theresa von Kalkutta; Sie hat gezeigt, dass es nur einen Weg zum Glück gibt: Gott und den Nächsten ganz zu lieben.

Evangelienkommentar von Kardinal Schönborn

zum 28. Sonntag im Jahreskreis 12. Oktober 2003,

(Mk 10,17-27)

Ein Reicher kommt zu Jesus mit der großen Frage seines Lebens: Was muss ich tun, um das ewige Leben zu gewinnen? Ich frage mich: ist das die Frage, die uns heutige Menschen bewegt? Damals, in früheren Zeiten mag es für viele die wichtigste Sorge in ihrem Leben gewesen sein: Wie komme ich in den Himmel? Wie verfehle ich nicht das letzt Ziel meines Lebens? Was muss ich dafür tun?

 

Täuscht mich mein Eindruck, dass heute bei uns meist andere Fragen im Vordergrund stehen? Wie gelingt mein Leben auf dieser Welt? Wie kann ich hier und jetzt glücklich werden? Was danach kommt, nach dem Tod, das zu fragen verschieben wir lieber auf später oder verdrängen es ganz aus unserem Gesichtsfeld. Hauptsache es passt das jetzige Leben! Oder wird heute die Frage nach dem ewigen Leben doch mehr gestellt als es äußerlich den schein hat?

 

Überraschend ist freilich, dass Jesus mit der frommen Frage des Reichen anscheinend gar keine besondere Freude hat. Er antwortet kurz und barsch: Was nennst du mich gut? Gott allein ist gut! Was für den Reichen ein Ausdruck der Verehrung war ("guter Meister"), weist Jesus barsch zurück: Suche dir nicht irgendwelche Meister, die dir besondere, geheimnisvolle Wege zum ewigen Glück weisen könnten. Dieser Weg ist längst klar und für jeden einsehbar von Gott gezeigt worden: Du brauchst nur die Zehn Gebote zu halten. Sie führen dich sicher zum Ziel des ewigen Lebens.

 

Wir suchen gerne besondere Wege, geheimnisvolle Glücksrezepte, und dafür laufen wir allerlei Gesundheitsgurus und Lebemeistern nach und erwarten uns von ihnen wunder was für Weisungen, um den Schlüssel zum Glück zu finden. Jesus bietet kein Geheimrezept an, er ist nicht der Wunderdoktor, bei dem man (für teures Geld) Lösung der eigenen Probleme angeboten bekäme. Er hat nur die einfache Antwort parat: Was Gottes Wille ist und was alleine glücklich macht, das kennt jeder Mensch in seinem Herzen: die Gebote Gottes.

 

Darum habe er sich von Jugend an bemüht, antwortet der Reiche. Jetzt ist Jesus selber gerührt. Er blickt ihn liebevoll an und lädt ihn ein, den Schritt zu tun, der ihm noch fehlt: Loslassen! Lass deinen Reichtum los, gib ihn den Armen und komm mit mir! Doch diesen Schritt brachte der Reiche nicht übers Herz.

 

Was jetzt kommt ist eine völlige Umkehr unserer gängigen Sichtweise. Wer Lottomillionen gewinnt, gilt als glücklich. Wer zu den Superreichen gehört, hat es gut. Wer sich alles leisten kann, ist zu beneiden. Nein. Für Jesus ist es genau das Gegenteil. So unmöglich es für ein riesiges Kamel ist, sich durch ein winziges Nadelöhr zu zwängen, so unmöglich ist es für einen Reichen, in den Himmel hineinzugelangen.

 

Die Jünger sind genauso entsetzt wie wir heutigen Hörer. Aber Jesus ist unerbittlich und klar: Durch das enge Tor des Todes kommst du nicht mit den riesigen Paketen deines Reichtums. Alles musst du loslassen. Nichts kannst du mit nehmen außer dem Guten, das du in deinem Leben getan hast.

 

Daher rät Jesus dem Reichen: lass schon jetzt los, nicht erst im Tod, wo es zu spät sein wird, es freiwillig zutun. Aber das ist doch menschenunmöglich, beschweren sich die Jünger. Das schafft doch keiner, so ganz loszulassen. Doch, sagt Jesus: Für Gott ist es möglich. Nächsten Sonntag wird Mutter Theresa von Kalkutta seliggesprochen. Sie hat auf alles verzichtet und hat viele glücklich gemacht. Arme und Reiche. Sie hat gezeigt, dass es nur einen Weg zum Glück gibt: Gott und den Nächsten ganz zu lieben.

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Evangelium für den 28. Sonntag im Jahreskreis 12. Oktober 2003

In jener Zeit lief ein Mann auf Jesus zu, fiel vor ihm auf die Knie und fragte ihn: Guter Meister, was muss ich tun, um das ewige Leben zu gewinnen?

 

Jesus antwortete: Warum nennst du mich gut? Niemand ist gut außer Gott, dem Einen.

 

Du kennst doch die Gebote: Du sollst nicht töten, du sollst nicht die Ehe brechen, du sollst nicht stehlen, du sollst nicht falsch aussagen, du sollst keinen Raub begehen; ehre deinen Vater und deine Mutter!

 

Er erwiderte ihm: Meister, alle diese Gebote habe ich von Jugend an befolgt. Da sah ihn Jesus an, und weil er ihn liebte, sagte er: Eines fehlt dir noch: Geh, verkaufe, was du hast, gib das Geld den Armen, und du wirst einen bleibenden Schatz im Himmel haben; dann komm und folge mir nach!

 

Der Mann aber war betrübt, als er das hörte, und ging traurig weg; denn er hatte ein großes Vermögen.

 

Da sah Jesus seine Jünger an und sagte zu ihnen: Wie schwer ist es für Menschen, die viel besitzen, in das Reich Gottes zu kommen!

 

Die Jünger waren über seine Worte bestürzt. Jesus aber sagte noch einmal zu ihnen: Meine Kinder, wie schwer ist es, in das Reich Gottes zu kommen! Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt.

 

Sie aber erschraken noch mehr und sagten zueinander: Wer kann dann noch gerettet werden?

 

Jesus sah sie an und sagte: Für Menschen ist das unmöglich, aber nicht für Gott; denn für Gott ist alles möglich.

 


 

Weiterführende Informationen:

 

  • Mehr Informationen über Kardinal Schönborn.
  • Mehr Texte über die Heilige Schrift.

 

 

Fragen an Kardinal Schönborn?

 

  • per Video auf www.fragdenkardinal.at
  • an sein Sekretariat.

 

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