Auch in dieser Heiligen Nacht scheint das Geld zu regieren und Gottes Ohnmacht zu verlieren.
Auch in dieser Heiligen Nacht scheint das Geld zu regieren und Gottes Ohnmacht zu verlieren.
Evangelienkommentar von Kardinal Schönborn
für den 4. Adventsonntag, 24. Dezember 2006,
(Lk 2,1-14)
Geld regiert die Welt. Aber Gott ist größer als alle Welt und alles Geld. Sichtbar ist das nicht immer. Ja, meistens sieht es sogar so aus, als habe Gott nichts zu sagen und das Geld alles. Gott scheint ohnmächtig und das Geld allmächtig. Daher wird das Geld angebetet und Gott vergessen.
Auch in dieser Heiligen Nacht scheint das Geld zu regieren und Gottes Ohnmacht zu verlieren. Wozu braucht der mächtige Kaiser in Rom Steuerlisten? Um seine Kassen zu füllen! Um den gigantischen Militärapparat des großen Römischen Reiches zu finanzieren. Das verschlingt Geld. Also müssen alle erfasst werden, damit alle zur Kassa gebeten, genauer, genötigt werden können.
Auch ein gewisser Joseph, Zimmermann aus Nazareth, immerhin ein Nachkomme des großen Königs David, aber verarmt wie die meisten Leute seines Landes, das die Römer aussaugen. Und seine Frau Maria, die hochschwanger ist. Zwischen beiden ist ein Geheimnis. Das Kind, das sie erwartet, ist nicht von ihm, und auch von keinem anderen. Gottes Geist hat es ihr geschenkt, sie trägt das Gottes Kind im Schoß. Wer ahnt, wie nahe Gott gekommen ist? Der König der Könige ist mitten unter den Menschen, ein kleines Kind im Mutterschoß. Was ahnt der Kaiser in Rom davon, der am Höhepunkt seiner Macht steht?
Was ahnen die Menschen in Bethlehem davon? Ein armes Paar aus dem armen Nazareth in der verarmten Stadt des Königs David. Eine überfüllte Herberge, Gedränge und Lärm, kein Platz für den Gottessohn, der da in Geburtswehen drängt, in diese unfriedliche Welt zu kommen. So wird er als erstes Bettlein einen Futtertrog erhalten, wo wenigstens die Tiere etwas Wärme spenden.
Kann sein Gott, den er später seinen Vater nennen wird, sich nicht besser um ihn kümmern? Aber genau das war Sein Plan. Was wusste der Kaiser, was wussten die Menschen im Gasthof, was in dieser Nacht Gott unter ihnen gewirkt hat?
Hirten sind die ersten, die davon erfahren. Unbedeutsame, unbeachtete, ja verachtete Leute bekommen als erste gesagt, was seither die Botschaft dieser Nacht ist, Jahr für Jahr: "Heute ist euch der Heiland geboren, der Retter, Jesus!" Ihnen tut sich der Himmel auf. Sie dürfen sehen, was sich wirklich abspielt, wo die wahre Macht ist, nicht die von Geld und Waffen, sondern die Macht der Liebe.
"Ehre sei Gott in der Höhe" - denn Ihm allein gebührt die Ehre, unsere menschlichen Ehren und Würden sind allesamt nur geliehen - und so vergänglich! "Und Friede auf Erden den Menschen, denen seine Gnade gilt." Nicht die Waffen schaffen Frieden. Geld, sagt man, beruhigt, aber bringt es schon von selber Frieden?
"Ihr werdet ein Kind finden, in Windeln, in einer Krippe." Was soll dieses Zeichen? Wie sollen wir glauben, dass das Gottes Macht ist? Und wenn es später am Kreuz sterben wird? Wie soll dieses Kind der Welt den Frieden bringen? Hat es denn den Frieden gebracht? Sind wir nicht nach wie vor im Dunkel der Nacht? Herrschen nicht nach wie vor Gewalt und Tod?
Und doch: Wer sich wie die Hirten vor diesem Kindlein beugt und es anbetet, in dessen Herz wird Frieden kommen, von dessen Herz wird Frieden ausgehen, mächtiger als alles Geld der Welt. "Kommt, lasset uns anbeten …"
In jenen Tagen erliefl Kaiser Augustus den Befehl, alle Bewohner des Reiches in Steuerlisten einzutragen.
Dies geschah zum ersten Mal; damals war Quirinius Statthalter von Syrien. Da ging jeder in seine Stadt, um sich eintragen zu lassen.
So zog auch Josef von der Stadt Nazaret in Galiläa hinauf nach Judäa in die Stadt Davids, die Betlehem heiflt; denn er war aus dem Haus und Geschlecht Davids. Er wollte sich eintragen lassen mit Maria, seiner Verlobten, die ein Kind erwartete.
Als sie dort waren, kam für Maria die Zeit ihrer Niederkunft, und sie gebar ihren Sohn, den Erstgeborenen. Sie wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, weil in der Herberge kein Platz für sie war.
In jener Gegend lagerten Hirten auf freiem Feld und hielten Nachtwache bei ihrer Herde. Da trat der Engel des Herrn zu ihnen und der Glanz des Herrn umstrahlte sie.
Sie fürchteten sich sehr, der Engel aber sagte zu ihnen: Fürchtet euch nicht, denn ich verkünde euch eine große Freude, die dem ganzen Volk zuteil werden soll: Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren; er ist der Messias, der Herr.
Und das soll euch als Zeichen dienen: Ihr werdet ein Kind finden, das, in Windeln gewickelt, in einer Krippe liegt.
Und plötzlich war bei dem Engel ein grofles himmlisches Heer, das Gott lobte und sprach: Verherrlicht ist Gott in der Höhe und auf Erden ist Friede bei den Menschen seiner Gnade.