In schweren Zeiten tut es gut, sich zu erinnern: Einmal, damals, habe ich erlebt, dass Gott ganz nahe ist, beglückend nahe.
In schweren Zeiten tut es gut, sich zu erinnern: Einmal, damals, habe ich erlebt, dass Gott ganz nahe ist, beglückend nahe.
Evangelienkommentar von Kardinal Schönborn
für den 2. Fastensonntag, 4. März 2007,
(Lk 9,28-36)
Für die drei, die dabei waren, blieb es unvergesslich. Sie schwiegen lange darüber. Es war ihr Geheimnis. Später freilich haben sie oft davon erzählt. Was war geschehen?
Es begann auf ganz vertraute Weise. Wie so oft zog sich Jesus wieder einmal auf einen Berg zurück, um zu beten. Seine Jünger kannten das. Ihr Meister suchte gerne die Einsamkeit auf, um mit seinem Gott, den er liebevoll „Abba“, „Papa“, Vater nannte, zu sein. Manchmal blieb er dazu ganz alleine, gelegentlich nahm er einige wenige aus seinem Kreis mit sich. Diesmal waren es jene drei, die er auch bei anderen Gelegenheiten nahe bei sich haben wollte: Petrus und die beiden Söhne des Fischers Zebedäus, Jakobus und Johannes.
Diese drei waren auch in einer anderen Gebetsnacht besonders nahe bei Jesus: in der Nacht, als er verraten und gefangen genommen wurde, im Garten Getsemani, am Fuß des Ölbergs, in Jerusalem. Und was damals, wenige Stunden vor der Hinrichtung am Kreuz geschah, passierte den dreien auch in der Nacht, von der heute das Evangelium spricht: Sie schliefen schlicht und einfach ein, während ihr Meister tief ins Gebet versunken war.
Es ist beschämend und tröstlich zugleich, die Schwäche und Menschlichkeit der Apostel zu sehen. Mich ermutigt das. Schön, dass die Evangelien uns nicht verschweigen, welche Fehler und Unzulänglichkeiten die ersten Jünger, seine engsten Begleiter hatten. Da spüre ich, dass auch ich in der Gesellschaft Jesu Platz habe.
Dass die Apostel wieder einmal eingeschlafen sind, ist nicht das Besondere an dieser Gebetsnacht Jesu. Diesmal wachen sie auf von einem hellen Licht. Es geht von Jesus selber aus, von seinem Gesicht und seinem Gewand. Als sie hinschauen, sehen und hören sie zwei Gestalten mit Jesus reden. Woher wussten sie, wer die beiden waren? Aus dem, was sie sprachen? Oder hat Jesus es später erklärt?
Der Inhalt des Gesprächs war ernst. Es ging um das Bevorstehende, um das, was mit Jesus in Jerusalem geschehen sollte. Sie sprachen über seinen „Exodus“, so heißt es wörtlich, seinen „Auszug“ oder Heimgang, seinen Tod also, aber auch seine Heimkehr zu Gott, seine Auferstehung.
Jetzt sind die drei verschlafenen Apostel hellwach. Der gute Petrus, der immer das Herz auf den Lippen hat, will diesen Moment festhalten, will, dass dieser Glückszustand, der sie alle erfasst hat, bleibt. Es geht nicht. Der Weg geht weiter. Hinunter vom Berg des strahlenden Lichts, hinauf nach Jerusalem, zum Kreuzweg. Nur eines bekommen sie mit auf den Weg: eine Stimme, die ihnen sagt: Hört auf Jesus, meinen Sohn!
Unvergessliche Stunden auf dem Berg der Verklärung, dem Tabor. „Taborstunden“ gibt es selten. Aber sie können ein Leben lang Trost und Kraft geben. In schweren Zeiten tut es gut, sich zu erinnern: Einmal, damals, habe ich erlebt, dass Gott ganz nahe ist, beglückend nahe. Auch wenn ich es jetzt nicht spüre.
Etwa acht Tage nach diesen Reden nahm Jesus Petrus, Johannes und Jakobus beiseite und stieg mit ihnen auf einen Berg, um zu beten.
Und während er betete, veränderte sich das Aussehen seines Gesichtes und sein Gewand wurde leuchtend weiß. Und plötzlich redeten zwei Männer mit ihm. Es waren Mose und Elija; sie erschienen in strahlendem Licht und sprachen von seinem Ende, das sich in Jerusalem erfüllen sollte.
Petrus und seine Begleiter aber waren eingeschlafen, wurden jedoch wach und sahen Jesus in strahlendem Licht und die zwei Männer, die bei ihm standen.
Als die beiden sich von ihm trennen wollten, sagte Petrus zu Jesus: Meister, es ist gut, dass wir hier sind. Wir wollen drei Hütten bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elija. Er wusste aber nicht, was er sagte.
Während er noch redete, kam eine Wolke und warf ihren Schatten auf sie. Sie gerieten in die Wolke hinein und bekamen Angst. Da rief eine Stimme aus der Wolke: Das ist mein auserwählter Sohn, auf ihn sollt ihr hören. Als aber die Stimme erklang, war Jesus wieder allein.
Die Jünger schwiegen jedoch über das, was sie gesehen hatten, und erzählten in jenen Tagen niemand davon.