Besitz, Eigentum ist nicht nur ein Recht, sondern auch eine Verantwortung.
Besitz, Eigentum ist nicht nur ein Recht, sondern auch eine Verantwortung.
Evangelienkommentar von Kardinal Schönborn
für den 19. Sonntag im Jahreskreis, 12. August 2007,
(Lk 12,32-48)
Eben hat Jesus von Vertrauen in Gottes Vorsehung und Fürsorge gesprochen: Macht euch keine Sorgen, was ihr essen und wie ihr euch kleiden sollt. Schaut die Lilien des Feldes an, seht die Vögel des Himmels. Gott sorgt für sie. Kein König war prächtiger gekleidet als die Lilien des Feldes! Gott weiß, was ihr braucht!
Ist diese sorglose Haltung lebbar? Wohin kämen wir, wenn alle ihre Habe verkauften und den Erlös den Armen geben würden? Wie der heilige Franziskus alles hergeben und gänzlich arm sein? Schön, ideal, aber es muss doch auch Leute geben, die noch etwas haben. Auch um geben zu können! Ist das Evangelium lebbar? Oder nur von einigen Wenigen praktizierbar? Leben die, die Besitz haben, am Evangelium vorbei? Von wem aber leben dann die, die alles für Christus und sein Reich aufgegeben haben?
Jesus selber hat die Antwort gegeben, und sie ist in Zeiten wie diesen dringender denn je:
Wir Menschen sind auf Erden Verwalter, nicht Besitzer. Wir sind Knechte, nicht Herren, um Jesu Bild zu gebrauchen. Die Welt ist dem Menschen anvertraut. Heute wird uns erschreckend bewusst, dass uns die Welt nicht zur Ausbeutung überlassen wurde, sondern zur klugen, verantwortungsbewussten Verwaltung. Das gilt im Großen wie im Kleinen. Wir dürfen die Erde benützen. Dürfen wir sie aber so ausbeuten, wie das zur Zeit geschieht? Persönlicher Besitz ist nicht verboten. Jesus hat nicht das Privateigentum aufgehoben. Aber er hat eine andere Einstellung dazu gelehrt.
Besitz, Eigentum ist nicht nur ein Recht, sondern auch eine Verantwortung. Es darf nicht Selbstzweck werden. Es hat immer auch eine soziale Seite. Es wird besteuert, weil es auch der Allgemeinheit dient. Das Einkommen und das Eigentum ermöglichen es, Kinder zu erziehen, Kranken zu helfen, Alte zu unterstützen. Vieles davon tut der Staat, aber sicher nicht alles. Immer sind wir auch persönlich in die Pflicht genommen.
Damit wir das nie vergessen, spricht Jesus so ernst von der Rechenschaft, die wir nach dem Tod abzulegen haben. Heute sind die Börsen-Kurse schon fast die wichtigsten Nachrichten. Es locken schnelle Gewinne, es drohen aber ebenso schnelle Verluste. Wo hast du deinen Schatz? Wo ist dein Herz? Was in der himmlischen Börse hoch im Kurs steht, ist haltbarer als alle kurzlebigen Kurssteigerungen auf Erden. Im Himmel gibt es keinen Kursverfall. Was dort angelegt ist, bleibt wertsicher.
Was wir hier Gutes getan haben, ist dort in Sicherheit. Die "Börsianer", die auf Ewigkeitsaktien setzen, leben nicht in der Panik, dass ihre Aktien abstürzen könnten. Sie werden vielleicht weniger auf ihrem irdischen Bankkonto haben, dafür können sie unbesorgter auf die letzte Abrechung warten.
Aber wer denkt heute schon an die letzte Stunde? An die Rechenschaft, die wir einmal über unsere Erdenzeit geben müssen? Wache Menschen sollen wir sein, sagt Jesus. Gegen Diebe haben wir heute die tollsten technischen Absicherungen, und zudem noch manche Versicherung, Aber wer versichert uns gegen die letzte Stunde, die keiner von uns kennt? Sie soll uns nicht unvorbereitet treffen.
Denn es soll keine Stunde einer negativen Bilanz sein. Wie schön, wenn Gott uns wachend findet, bereit für die ewige Heimat.
Fürchte dich nicht, du kleine Herde!
Denn euer Vater hat beschlossen, euch das Reich zu geben. Verkauft eure Habe, und gebt den Erlös den Armen! Macht euch Geldbeutel, die nicht zerreißen. Verschafft euch einen Schatz, der nicht abnimmt, droben im Himmel, wo kein Dieb ihn findet und keine Motte ihn frisst.
Denn wo euer Schatz ist, da ist auch euer Herz. Legt euren Gürtel nicht ab, und lasst eure Lampen brennen!
Seid wie Menschen, die auf die Rückkehr ihres Herrn warten, der auf einer Hochzeit ist, und die ihm öffnen, sobald er kommt und anklopft. Selig die Knechte, die der Herr wach findet, wenn er kommt! Amen, ich sage euch: Er wird sich gürten, sie am Tisch Platz nehmen lassen und sie der Reihe nach bedienen. Und kommt er erst in der zweiten oder dritten Nachtwache und findet sie wach - selig sind sie.
Bedenkt: Wenn der Herr des Hauses wüsste, in welcher Stunde der Dieb kommt, so würde er verhindern, dass man in sein Haus einbricht.
Haltet auch ihr euch bereit! Denn der Menschensohn kommt zu einer Stunde, in der ihr es nicht erwartet.