Etwas anderes geschah damals, und es kann auch heute wieder geschehen.
Etwas anderes geschah damals, und es kann auch heute wieder geschehen.
Evangelienkommentar von Kardinal Schönborn
für den 3. Sonntag der Osterzeit
6. April 2008,
(Joh 21,1-14 )
Es gibt keinen besseren Ort, um über das heutige Evangelium nachzudenken, als den, an dem ich diese Zeilen schreibe: den "Berg der Seligpreisungen" in Galiläa, in Israel. Hier bietet sich ein einzigartiges Panorama: der ganze See Genesareth, links die Golanhöhen, rechts Tiberias, heute und schon zur Zeit Jesu der bedeutendste Ort am Seeufer.
Es ist eine besondere Gnade, in dieser österlichen Zeit in der Gegend zu sein, in der Jesus sein Wirken begonnen hat. Hier sind die meisten seiner Wunder geschehen. Hier hat er oft viele Stunden, ja Nächte lang gebetet, hier hat er oft tagelang die Menschen gelehrt. Von hier aus zog er immer wieder hinauf nach Jerusalem, um schließlich dort als unschuldig Verurteilter zu sterben.
Was mich hier in Galiläa aber besonders bewegt, sind die Apostel. Als einer ihrer Nachfolger (das sind ja die Bischöfe) ist Galiläa so etwas wie eine Rückkehr zu den Quellen. Hier hat alles angefangen. Hier hat Jesus die Apostel um sich gesammelt. Hier ist also auch der Ursprungsort unserer Aufgabe als Bischöfe. Etwa hundert Bischöfe aus ganz Europa sind in diesen Tagen hier zusammen. Wir fragen uns, fragen Jesus und seine Apostel, was heute für Europa notwendig ist.
Das heutige Evangelium ist wie ein Programm für das, was Jesus uns sagen will. Ostern ist vorbei. Das Leben geht weiter. Jesus ist auferstanden, aber nicht mehr sichtbar unter uns gegenwärtig. Also beschließen die Apostel, wieder zu ihrem Beruf zurückzukehren.
Die Rückkehr in den Alltag ist herb. Gleich am Anfang die Erfahrung von Mühe und Vergeblichkeit. Eine Nacht lang fangen sie nichts, überhaupt nichts. Dementsprechend groß ist ihr Frust.
Wie oft haben wir heute dieses Gefühl in der Kirche: Man bemüht sich, arbeitet, hat Ideen - und trotzdem bleiben die Netze leer, bleiben die Leute weg! Was machen wir falsch? Stimmen die Methoden nicht? Ist die Kirche zu altmodisch? Oder zu angepasst? Jede Menge an Ratschlägen werden einem erteilt: Hebt endlich den Zölibat auf! Werdet liberaler in der Sexualmoral! Nein, das bringt es nicht. Dadurch werden die leeren Fischernetze nicht voll. Das sieht man bei den Kirchen, die "liberaler" sind. Sie sind noch leerer.
Etwas anderes geschah damals, und es kann auch heute wieder geschehen. Der Mann am Ufer sagt den Fischern: Werft die Netze nochmals aus! Und trotz aller Enttäuschung über den Null-Erfolg der vergangenen Nacht riskieren es die erschöpften Männer. Unglaubliches Ergebnis: übervolles Netz, 153 große, prächtige Fische. Genau darüber sprechen wir Bischöfe hier nahe dem Ort, wo das vor 2.000 Jahren geschah. Damals erkannten sie, dass es Jesus war: "Es ist der Herr!", ruft Johannes aus. Auch heute erkennen wir: Es ist der Herr! Jesus, der Auferstandene, ist auch heute der große Menschenfischer. Wir Bischöfe dürfen Ihm vertrauen. Er hat Europa nicht aufgegeben. Mit dieser Gewissheit kehren wir zurück aus Galiläa, freudig, wie es die Apostel damals waren.
Danach offenbarte sich Jesus den Jüngern noch einmal.
Es war am See von Tiberias und er offenbarte sich in folgender Weise. Simon Petrus, Thomas, genannt Didymus (Zwilling), Natanaël aus Kana in Galiläa, die Söhne des Zebedäus und zwei andere von seinen Jüngern waren zusammen.
Simon Petrus sagte zu ihnen: Ich gehe fischen. Sie sagten zu ihm: Wir kommen auch mit. Sie gingen hinaus und stiegen in das Boot. Aber in dieser Nacht fingen sie nichts.
Als es schon Morgen wurde, stand Jesus am Ufer. Doch die Jünger wussten nicht, dass es Jesus war. Jesus sagte zu ihnen: Meine Kinder, habt ihr nicht etwas zu essen? Sie antworteten ihm: Nein.
Er aber sagte zu ihnen: Werft das Netz auf der rechten Seite des Bootes aus und ihr werdet etwas fangen. Sie warfen das Netz aus und konnten es nicht wieder einholen, so voller Fische war es.
Da sagte der Jünger, den Jesus liebte, zu Petrus: Es ist der Herr! Als Simon Petrus hörte, dass es der Herr sei, gürtete er sich das Obergewand um, weil er nackt war, und sprang in den See. Dann kamen die anderen Jünger mit dem Boot - sie waren nämlich nicht weit vom Land entfernt, nur etwa zweihundert Ellen - und zogen das Netz mit den Fischen hinter sich her. Als sie an Land gingen, sahen sie am Boden ein Kohlenfeuer und darauf Fisch und Brot.
Jesus sagte zu ihnen: Bringt von den Fischen, die ihr gerade gefangen habt. Da ging Simon Petrus und zog das Netz an Land. Es war mit hundertdreiundfünfzig großen Fischen gefüllt, und obwohl es so viele waren, zerriss das Netz nicht. Jesus sagte zu ihnen: Kommt her und esst!
Keiner von den Jüngern wagte ihn zu fragen: Wer bist du? Denn sie wussten, dass es der Herr war. Jesus trat heran, nahm das Brot und gab es ihnen, ebenso den Fisch.
Dies war schon das dritte Mal, dass Jesus sich den Jüngern offenbarte, seit er von den Toten auferstanden war.