Kartenhäuser halten auf die Dauer nicht.
Kartenhäuser halten auf die Dauer nicht.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn
zum Evangelium am Christkönigssonntag,
23. November 2008 (Mt 25,31-46)
Einmal wird es wirklich ernst. Einmal müssen wir alle Rechenschaft ablegen. Einmal kommt der Tag der Abrechnung. Die dramatische Finanzkrise, die weltweit die Länder erschüttert, zeigt uns sehr ernüchternd, dass einmal alles an den Tag kommt. Kartenhäuser halten auf die Dauer nicht. Sie stürzen ein. Und ebenso die wilden Finanzspekulationen.
Aber nicht um das wird es am jüngsten Tag gehen, von dem Jesus heute spricht. Was im Endgericht zählt, ist etwas ganz anderes, als was in der Welt zählt. Da geht es nicht mehr um wirtschaftlichen Erfolg oder Misserfolg, auch nicht um politische Macht, um gesellschaftliche Anerkennung. Ja, was besonders überrascht, es geht nicht einmal um religiöse Leistungen, um Frömmigkeit und kirchliche Korrektheit.
Jesu große Rede über das Gericht Gottes am Ende der Zeit kennt nur einen Maßstab für das, worauf es letztlich ankommt, einen einzigen, aber der entscheidet über Himmel oder Hölle, über Seligkeit oder Gericht: „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“
Nur eines zählt: Haben wir die Not des Nächsten gesehen oder nicht? Haben wir sie gelindert oder nicht? Haben wir schlicht und einfach geholfen oder nicht? Im Endgericht wird nicht nach der Religion gefragt und nicht nach Rasse, Reichtum und Ruhm. Einzig und allein zählt, was wir den Armen getan haben.
Diese Botschaft Jesu ist doch überraschend. Haben die Frommen sich dann umsonst gemüht, ein frommes Leben zu leben? Reicht es für einen argen Sünder, Gutes für die Armen getan zu haben, um schon für den Himmel bereit zu sein? Wird das größte Sündenregister beim Gericht Gottes gelöscht, wenn einer den Hungernden zu essen, Fremden Obdach gegeben hat?
Genau das sagt Jesus. Und er begründet es: Diese Armen, die Hungernden und Dürstenden, die Fremden und die Nackten, die Kranken und die Gefangenen, sie alle sind „meine Brüder“, sagt Jesus. Und was immer du ihnen an Gutem getan hast, den Brüdern und Schwestern, das hast du mir getan. Jesus, der Bruder aller Notleidenden! Wer sie verachtet, verachtet Jesus. Wer ihnen hilft, begegnet Jesus.
Diese Worte Jesu haben die Welt revolutioniert. Sie haben die schlichte Nächstenliebe zum höchsten Maßstab erhoben. An ihr werden wir einmal gemessen. Die Entscheidung aber fällt schon heute. Dort, wo mir der Bruder, die Schwester in Not begegnen. Hilf mir, Jesus, dass ich sie nicht übersehe! Und dass ich Dich nicht übersehe!
In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: Wenn der Menschensohn in seiner Herrlichkeit kommt und alle Engel mit ihm, dann wird er sich auf den Thron seiner Herrlichkeit setzen.
Und alle Völker werden von ihm zusammengerufen werden, und er wird sie voneinander scheiden, wie der Hirt die Schafe von den Böcken scheidet. Er wird die Schafe zu seiner Rechten versammeln, die Böcke aber zur Linken.
Dann wird der König denen auf der rechten Seite sagen: Kommt her, die ihr von meinem Vater gesegnet seid, nehmt das Reich in Besitz, das seit der Erschaffung der Erde für euch bestimmt ist. Denn ich war hungrig, und ihr habt mir zu essen gegeben; ich war durstig, und ihr habt mir zu trinken gegeben; ich war fremd und obdachlos, und ihr habt mich aufgenommen; ich war nackt und ihr habt mir Kleidung gegeben; ich war krank, und ihr habt mich besucht; ich war im Gefängnis, und ihr seid zu mir gekommen.
Dann werden ihm die Gerechten antworten: Herr, wann haben wir dich hungrig gesehen und dir zu essen gegeben, oder durstig und dir zu trinken gegeben? Und wann haben wir dich fremd und obdachlos gesehen und aufgenommen, oder nackt und dir Kleidung gegeben? Und wann haben wir dich krank oder im Gefängnis gesehen und sind zu dir gekommen? Darauf wird der König ihnen antworten: Amen, ich sage euch: Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.
Dann wird er sich an die auf der linken Seite wenden und zu ihnen sagen: Weg von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das für den Teufel und seine Engel bestimmt ist! Denn ich war hungrig, und ihr habt mir nichts zu essen gegeben; ich war durstig, und ihr habt mir nichts zu trinken gegeben; ich war fremd und obdachlos, und ihr habt mich nicht aufgenommen; ich war nackt und ihr habt mir keine Kleidung gegeben; ich war krank und im Gefängnis, und ihr habt mich nicht besucht.
Dann werden auch sie antworten: Herr, wann haben wir dich hungrig oder durstig oder obdachlos oder nackt oder krank oder im Gefängnis gesehen und haben dir nicht geholfen? Darauf wird er ihnen antworten: Amen, ich sage euch: Was ihr für einen dieser Geringsten nicht getan habt, das habt ihr auch mir nicht getan. Und sie werden weggehen und die ewige Strafe erhalten, die Gerechten aber das ewige Leben.