Johannes, der jüngste unter den Aposteln und der Lieblingsjünger Jesu. .... Und er verstand, dass das der ganze Sinn des Weges mit Jesus war, der damals für ihn begann: den Ort der Mitte Jesu finden, die Quelle, aus der er lebt.
Johannes, der jüngste unter den Aposteln und der Lieblingsjünger Jesu. .... Und er verstand, dass das der ganze Sinn des Weges mit Jesus war, der damals für ihn begann: den Ort der Mitte Jesu finden, die Quelle, aus der er lebt.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn
zum Evangelium am 2. Sonntag im Jahreskreis,
18. Januar 2009 (Joh 1,35-42)
Je älter ich werde, desto deutlicher kommen mir Momente meiner Jugend in Erinnerung. Das geht wohl vielen Menschen so, und die Gehirnforscher können dafür sogar Gründe in Aufbau und Funktion des Gehirns nennen. Ich glaube, das hat aber auch damit zu tun, dass es oft die ersten Eindrücke sind, die sich besonders tief ins Gedächtnis einprägen: erste Begegnungen, erste Liebe, erste Erlebnisse.
Um solche geht es auch im heutigen Evangelium, und deshalb hat dieses auch eine so unverwechselbare Frische. Johannes, der jüngste unter den Aposteln und der Lieblingsjünger Jesu, hat diese Zeilen wohl erst im Alter niedergeschrieben. Sie sind so lebendig in seiner Erinnerung, als wären sie gestern gewesen.
Johannes war zuerst ein Jünger des Täufers Johannes gewesen. Von ihm hatte er gelernt, sich auf das Kommen des Messias vorzubereiten, den das jüdische Volk seit langem erwartete. Und eines Tages war es so weit. Unter den vielen Menschen, die damals an den Jordan kamen, war auch Jesus aus Nazareth, völlig unbekannt. Johannes der Täufer zeigt auf ihn und sagt zu den Umstehenden: Seht, das Lamm Gottes! Was heißt das? Wer ist der? Neugierig gehen zwei hinter ihm her, Andreas und eben Johannes. Als Jesus sie hinter sich bemerkt, dreht er sich um und fragt: Was wollt ihr?
Mit dieser Frage hat alles begonnen. Von dieser Stunde an war ihr Leben ganz von diesem bisher Unbekannten bestimmt. Jesus wurde die Mitte ihres Lebens. Wie sollte der alte Apostel sich nicht an diesen ersten Moment für immer erinnern?
Verlegen hatten die beiden damals geantwortet: Meister, wo wohnst du? Es wurde zur Frage ihres Lebens. Später begriff Johannes, was in dieser schlichten Frage sozusagen nach der Adresse Jesu alles mitschwang: Meister, wo ist dein Ort, deine Mitte, dein wahres Zuhause? Und er verstand, dass das der ganze Sinn des Weges mit Jesus war, der damals für ihn begann: den Ort der Mitte Jesu finden, die Quelle, aus der er lebt.
„Kommt und seht!“ hat Jesus damals gesagt. Und sie kamen mit ihm und sahen, wo er wohnte, und blieben bei ihm diesen ganzen Tag lang. Jesus hat sich für sie viel Zeit genommen, hat lange mit ihnen gesprochen. Was, worüber? Wir wissen es nicht. Es ist und bleibt das persönliche Geheimnis dieser ersten, unvergesslichen Begegnung.
Aber in diesen Stunden begann Johannes zu ahnen, dass Jesus einen anderen Ort hat als nur seine Wohnung: Das war sein Wohnen in Gott. Zu dieser Vertrautheit mit Gott waren sie seither unterwegs, von dieser Stunde an: „Meister, wo wohnst du?“ - „Kommt und seht!“
Immer wenn ich dieses Evangelium lese, kommen mir eigene Erinnerungen in den Sinn, erste Begegnungen, die meinen Glauben, mein Leben bestimmt haben. Ich bin sicher: Viele haben solche Erinnerungen. Im Älterwerden treten sie wieder deutlicher hervor wie eine Einladung, an kindlichen, jugendlichen Gotteserfahrungen wieder anzuknüpfen. Sie warten auf uns. Gott wartet auf uns.
Er wartet auch darauf, dass wir weitergeben, was wir selber im Glauben erfahren haben. Andreas tat das gleich nach seiner ersten Begegnung mit Jesus: „Er führte ihn zu Jesus.“ Man kann nicht kürzer und schöner sagen, um was es geht: anderen helfen, Gott zu finden. Welche Hilfe wird heute mehr gebraucht als diese?
In jener Zeit stand Johannes am Jordan, wo er taufte, und zwei seiner Jünger standen bei ihm.
Als Jesus vorüberging, richtete Johannes seinen Blick auf ihn und sagte: Seht, das Lamm Gottes!
Die beiden Jünger hörten, was er sagte, und folgten Jesus.
Jesus aber wandte sich um, und als er sah, dass sie ihm folgten, fragte er sie: Was wollt ihr?
Sie sagten zu ihm: Rabbi - das heißt übersetzt: Meister -, wo wohnst du?
Er antwortete: Kommt und seht! Da gingen sie mit und sahen, wo er wohnte, und blieben jenen Tag bei ihm; es war um die zehnte Stunde.
Andreas, der Bruder des Simon Petrus, war einer der beiden, die das Wort des Johannes gehört hatten und Jesus gefolgt waren. Dieser traf zuerst seinen Bruder Simon und sagte zu ihm: Wir haben den Messias gefunden. Messias heißt übersetzt: der Gesalbte - Christus. Er führte ihn zu Jesus.
Jesus blickte ihn an und sagte: Du bist Simon, der Sohn des Johannes, du sollst Kephas heißen. Kephas bedeutet: Fels - Petrus.