Die Menschen wussten: Was ich heute und jetzt tue oder unterlasse, das hat Auswirkungen nicht nur auf dieses Leben, sondern auf mein ewiges Glück oder Unglück.
Die Menschen wussten: Was ich heute und jetzt tue oder unterlasse, das hat Auswirkungen nicht nur auf dieses Leben, sondern auf mein ewiges Glück oder Unglück.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn
zum Evangelium 26. Sonntag im Jahreskreis,
27. September 2009
(Mk 9,38-43.45.47-48)
Viel von Hölle ist heute die Rede. Auch von Dämonen. Und von einem schrecklichen Gericht über die, die andere zum Bösen verführen. Ist diese Welt von Bildern und Vorstellungen noch irgendwie verstehbar? Liegen hier nicht kulturelle Welten zwischen der Zeit Jesu und der unseren?
Kein Zweifel: Jesus hat von all dem gesprochen. Teufel und Hölle kommen in seinem Denken und Reden vor, und das nicht irgendwie am Rand, sondern an zentralen Stellen. Wie damit umgehen?
Drei Fehldeutungen gilt es zu vermeiden. Die Erste sagt: Das waren eben damalige (primitive) Vorstellungen. Für uns moderne Menschen haben sie nichts mehr zu sagen.
Eine Zweite nimmt alle diese Aussagen einfach wörtlich und malt sie noch aus. So machten es gewisse Höllenpredigten, die sich die Qualen der Verdammten ausmalten und sie noch mit allen möglichen Foltern ausschmückten.
Eine dritte Fehldeutung besagt, dass Jesus das gar nicht so gemeint habe, dass er nur den Ernst der menschlichen Entscheidungen deutlich machen wollte. Natürlich habe er das selber ganz anders gesehen, hat er doch vor allem vom lieben, liebenden, verzeihenden und barmherzigen Gott gesprochen und nicht vom ewigen Höllenfeuer.
Wenn diese drei Deutungen nicht zutreffen, welche stimmt dann?
Gibt es die Hölle? Ja oder nein!
Die Lehre der Kirche ist hier klar: Ja, es gibt die Möglichkeit, das ewige Heil zu verlieren. Jesu Warnung ist kein Spiel mit Worten. Aber wen betrifft es? Wenn wir von Hölle reden, meinen wir meist die anderen. Jesus aber spricht mich an: „Wenn dich deine Hand zum Bösen verführt, dann hau sie ab.“ Das meint er sicher nicht wörtlich. Wohl aber geht es darum, dass ich selber gegen die Versuchung zum Bösen kämpfen muss.
Wenn wir alle genau unser Sterbedatum wüssten, würden wir wahrscheinlich auf manches böse Wort, auf manche gemeine Tat verzichten. Wir werden Rechenschaft geben müssen, über unser Leben. Dem „Jedermann“ sagt der Tod, der ihn holen kommt, er müsse sein Rechenbuch mitnehmen. Ja, wir werden Bilanz ziehen müssen. Und diese kann negativ ausfallen. Das ist schlimm in dieser Welt, aber hier lässt es sich doch irgendwie wiedergutmachen. Aber einmal ist es die letzte Bilanz, die Endabrechnung. Wie wird sie bei mir aussehen?
In früheren Jahrhunderten hatten viele Menschen wirklich Angst vor dem Endgericht. Und die Kirche hat (leider) oft diese Angst noch „angeheizt“. Mein Eindruck ist, dass diese Angst heute bei vielen abhanden gekommen ist. Sie hatte aber auch ihr Gutes. Die Menschen wussten: Was ich heute und jetzt tue oder unterlasse, das hat Auswirkungen nicht nur auf dieses Leben, sondern auf mein ewiges Glück oder Unglück.
Letztlich geht es nicht um Höllenangst, sondern um die Angst, anderen „die Hölle“ zu bereiten, sie zum Bösen zu verleiten, ihr Vertrauen zu verletzen, sie zu kränken, ihnen Ärgernis zu geben. Davor warnt Jesus mit ernstesten Worten.
Und wer diese Worte ernst nimmt, der wird redlich bemüht sein, so zu leben, dass er auch gut sterben kann, ohne Höllenfurcht.
Da sagte Johannes zu ihm: Meister, wir haben gesehen, wie jemand in deinem Namen Dämonen austrieb; und wir versuchten, ihn daran zu hindern, weil er uns nicht nachfolgt.
Jesus erwiderte: Hindert ihn nicht! Keiner, der in meinem Namen Wunder tut, kann so leicht schlecht von mir reden. Denn wer nicht gegen uns ist, der ist für uns. Wer euch auch nur einen Becher Wasser zu trinken gibt, weil ihr zu Christus gehört - amen, ich sage euch: er wird nicht um seinen Lohn kommen.
Wer einen von diesen Kleinen, die an mich glauben, zum Bösen verführt, für den wäre es besser, wenn er mit einem Mühlstein um den Hals ins Meer geworfen würde.
Wenn dich deine Hand zum Bösen verführt, dann hau sie ab; es ist besser für dich, verstümmelt in das Leben zu gelangen, als mit zwei Händen in die Hölle zu kommen, in das nie erlöschende Feuer.
Und wenn dich dein Fuß zum Bösen verführt, dann hau ihn ab; es ist besser für dich, verstümmelt in das Leben zu gelangen, als mit zwei Füßen in die Hölle geworfen zu werden.
Und wenn dich dein Auge zum Bösen verführt, dann reiß es aus; es ist besser für dich, einäugig in das Reich Gottes zu kommen, als mit zwei Augen in die Hölle geworfen zu werden, wo ihr Wurm nicht stirbt und das Feuer nicht erlischt.