Alle sind wir gefordert, mit unserem Lebenskapital, mit unserer Lebensaufgabe gut und verantwortungsvoll zu haushalten.
Alle sind wir gefordert, mit unserem Lebenskapital, mit unserer Lebensaufgabe gut und verantwortungsvoll zu haushalten.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn
zum Evangelium am 33. Sonntag im Jahreskreis,
Hochfest des heiligen Leopold,
Markgraf von Österreich
15. November 2009 (Lk 19,12-26)
Heute ist „Leopoldi“, das Fest unseres Landespatrons, des heiligen Leopold. In Wien und Niederösterreich verdrängt er sogar den Sonntag, so hoch wird sein Fest eingestuft, Markgraf Leopold III, war lange eine der populärsten Heiligengestalten unseres Landes. Das konnte man unter anderem an den vielen „Leopolds“ und „Leopoldinen“ sehen, die lange zu den beliebtesten Namen unseres Landes zählten. Heute sind die „Poldis“ rarer geworden und von „Kevin“ und „Jasmin“ abgelöst worden.
Aber war er wirklich so heilig, wie ihn die Legende darstellt? Heute bezweifeln wir fast automatisch, dass ein Mann der Politik ein Heiliger sein oder werden kann. Wer es mit Macht zu tun hat, so ist der gängige Verdacht, kann kaum ein guter Christ sein. Und doch hat die Kirche immer wieder Herrscher, Könige, Kaiser, Politiker heilig gesprochen.
Ist das „Kniefall“ vor den Mächtigen? Wohl kaum! Denn zur Heiligsprechung eines Herrschers gelten dieselben Regeln wie für jede andere Heiligsprechung. Macht kann schrecklich missbraucht, aber auch segensreich eingesetzt werden.
Das heutige Evangelium zeigt den rechten Umgang mit Macht. Daher ist es wohl auch für das Fest des heiligen Leopolds ausgewählt worden. Jesus erzählt ein Gleichnis, das seine Zuhörer damals sofort verstanden. Er spricht von einem Herrscher, der allen in schrecklicher Erinnerung ist: Archelaos, Sohn des verstorbenen Königs Herodes des Großen, reiste nach Rom, um sich vom Kaiser die Königswürde über das jüdische Land zu erbitten. Eine große jüdische Gesandtschaft reiste ebenfalls nach Rom, um den Kaiser anzuflehen, er möge Archelaos nicht zum König machen. Er kam doch als König zurück und nahm blutige Rache an denen, die ihm die Königswürde „verpatzen“ wollten.
Diese Geschichte nimmt Jesus zum Anlass, um über etwas ganz anderes zu sprechen: von der Verantwortung für das anvertraute Gut. Zehn Diener bekommen je eine „Mine“ (etwa 1.000 Euro, also keine riesige Summe): „Macht Geschäfte damit, bis ich wiederkomme.“
Der eine ist besonders tüchtig und verzehnfacht das ihm anvertraute Kapital, ein anderer schafft es, die Summe immerhin zu verfünffachen, Ein dritter tut gar nichts damit. Er lässt es sozusagen daheim im „Sparstrumpf“. Sosehr der König über die Tüchtigen erfreut ist, so zornig ist er über den, der nicht einmal ein paar Sparzinsen erwirtschaftet hat. Während er den beiden Tüchtigen große Aufgaben anvertraut, nimmt er dem, der nichts gemacht hat, das Geld wieder weg und gibt es dem Tüchtigsten.
Soweit die Geschichte: Was hat sie über Leopold, was über die Heiligkeit, die Macht zu sagen? Sagt nicht Jesus in diesem Gleichnis: Jedem ist ein Kapital, ein Talent, eine Aufgabe anvertraut, ob groß oder klein, ob ein ganzes Land oder einfach der eigene Haushalt. Alle sind wir gefordert, mit unserem Lebenskapital, mit unserer Lebensaufgabe gut und verantwortungsvoll zu haushalten. Wer sich redlich darum bemüht, ob Herzog oder Hausfrau, wird sicher seinen Lohn erhalten. Leopold hat es offensichtlich vorbildlich gemacht. Heiliger Leopold, bitte für uns!
Er sagte: Ein Mann von vornehmer Herkunft wollte in ein fernes Land reisen, um die Königswürde zu erlangen und dann zurückzukehren. Er rief zehn seiner Diener zu sich, verteilte unter sie Geld im Wert von zehn Minen und sagte: Macht Geschäfte damit, bis ich wiederkomme.
Da ihn aber die Einwohner seines Landes hassten, schickten sie eine Gesandtschaft hinter ihm her und ließen sagen: Wir wollen nicht, dass dieser Mann unser König wird.
Dennoch wurde er als König eingesetzt. Nach seiner Rückkehr ließ er die Diener, denen er das Geld gegeben hatte, zu sich rufen.
Er wollte sehen, welchen Gewinn jeder bei seinen Geschäften erzielt hatte. Der erste kam und sagte: Herr, ich habe mit deiner Mine zehn Minen erwirtschaftet. Da sagte der König zu ihm: Sehr gut, du bist ein tüchtiger Diener. Weil du im Kleinsten zuverlässig warst, sollst du Herr über zehn Städte werden. Der zweite kam und sagte: Herr, ich habe mit deiner Mine fünf Minen erwirtschaftet. Zu ihm sagte der König: Du sollst über fünf Städte herrschen.
Nun kam ein anderer und sagte: Herr, hier hast du dein Geld zurück. Ich habe es in ein Tuch eingebunden und aufbewahrt; denn ich hatte Angst vor dir, weil du ein strenger Mann bist: Du hebst ab, was du nicht eingezahlt hast, und erntest, was du nicht gesät hast.
Der König antwortete: Aufgrund deiner eigenen Worte spreche ich dir das Urteil. Du bist ein schlechter Diener. Du hast gewusst, dass ich ein strenger Mann bin? Dass ich abhebe, was ich nicht eingezahlt habe, und ernte, was ich nicht gesät habe? Warum hast du dann mein Geld nicht auf die Bank gebracht? Dann hätte ich es bei der Rückkehr mit Zinsen abheben können. Und zu den anderen, die dabeistanden, sagte er: Nehmt ihm das Geld weg, und gebt es dem, der die zehn Minen hat. Sie sagten zu ihm: Herr, er hat doch schon zehn.
(Da erwiderte er:) Ich sage euch: Wer hat, dem wird gegeben werden; wer aber nicht hat, dem wird auch noch weggenommen, was er hat.