Glauben heißt Gott sagen: Ich vertraue Dir, dass Du es kannst!
Glauben heißt Gott sagen: Ich vertraue Dir, dass Du es kannst!
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn
zum Evangelium 27. Sonntag im Jahreskreis,
3. Oktober 2010 (Lk 17,5-10)
Ich kann diese Bitte der Apostel an Jesus gut verstehen: „Stärke unseren Glauben!“ Oft habe ich das Gefühl, mein Glaube sei noch sehr schwach. Wenn Schwierigkeiten auftauchen werde ich leicht mutlos. Wo bleibt mein Gottvertrauen? Denn Glauben heißt doch zuerst: fest auf Gott vertrauen. Wie kann mein Glaube fester, stärker werden?
Der Wunsch nach mehr Glauben kommt mir nicht nur aus der Erfahrung, dass ich selber oft kleingläubig bin. Er regt sich in mir auch in der Begegnung mit Menschen, die Glauben haben. Ich habe immer wieder das Glück gehabt, solche Menschen kennenzulernen. Es sind Menschen, die aus einer starken Verankerung in Gott ihre Kraft schöpfen. Sie strahlen Ruhe und Klarheit aus, weil sie im Glauben verwurzelt sind.
Nun mag jemand sagen: ein Bischof muss doch so ein glaubensstarker Mensch sein! Er soll ja andere zum Glauben ermutigen. Mich tröstet es, dass selbst die Apostel das Bedürfnis verspürt haben, Jesus möge doch ihren Glauben stärken. Ich nehme an, dass diese Bitte vor allem zwei Gründe hatte: erstens erlebten sie selber immer wieder, dass sie noch von einem festen Glauben weit entfernt waren. Jesus hat ja auch gelegentlich ihren Glaubensmangel beklagt. Zweitens aber war es vor allem die Erfahrung, die sie mit Jesus machten. Sie erlebten ihn als einen Menschen, der aus einer tiefen Quelle der Gottverbundenheit seine Kraft schöpfte. Sie spürten, wie er ganz aus Gott und in Gott lebte. Und das hat ihre Sehnsucht geweckt, auch so glauben zu können.
Jesu Antwort soll uns Mut machen: Wenn euer Glaube auch nur groß wie ein Körnchen wäre, könntet ihr Berge versetzen, oder Bäume ins Meer verpflanzen. Beides ist unmöglich. Schafft der Glaube das Unmögliche? Genau das will Jesus uns sagen. Und weil wir zu Recht das Gefühl haben, dass wir Unmögliches unmöglich schaffen, haben wir den Eindruck, dass unser Glaube noch sehr schwach ist. Ja, ich fühle mich nicht stark genug, Berge zu versetzen oder Bäume im Meer zu verpflanzen. Und doch ist uns das Sprichwort vertraut (das auf Jesus zurückgeht): Der Glaube kann Berge versetzen.
Wie tut er das? Was ist eigentlich der Glauben? Eben genau das: dass ich nicht auf meine Kraft baue, auf meine Fähigkeiten allein schaue. Denn es ist klar: Ich werde nie Berge versetzen. Glauben heißt Gott sagen: Ich vertraue Dir, dass Du es kannst!
So verstehe ich auch den zweiten Teil des heutigen Evangeliums. Jesus erzählt da ein kleines Gleichnis vom Herrn und seinem Knecht. Wenn der Knecht alle seine Arbeit getan hat, hat er einfach seine Pflicht getan. Er ist deswegen noch nicht irgendwie besonders hervorragend. So sollen auch wir über unsere eigenen Leistungen nüchtern sagen: Wir sind nur unnütze Knechte. Wir haben nur unsere Schuldigkeit getan. Bilde dir nicht zu viel ein. Vertrau auf Gott. Ihm verdankst du alles. Vergiss das nicht. Dann wird dein Glaube stärker. Dann wächst dein Gottvertrauen.
In jener Zeit baten die Apostel den Herrn: Stärke unseren Glauben!
Der Herr erwiderte: Wenn euer Glaube auch nur so groß wäre wie ein Senfkorn, würdet ihr zu dem Maulbeerbaum hier sagen: Heb dich samt deinen Wurzeln aus dem Boden, und verpflanz dich ins Meer!, und er würde euch gehorchen.
Wenn einer von euch einen Sklaven hat, der pflügt oder das Vieh hütet, wird er etwa zu ihm, wenn er vom Feld kommt, sagen: Nimm gleich Platz zum Essen? Wird er nicht vielmehr zu ihm sagen: Mach mir etwas zu essen, gürte dich, und bediene mich; wenn ich gegessen und getrunken habe, kannst auch du essen und trinken.
Bedankt er sich etwa bei dem Sklaven, weil er getan hat, was ihm befohlen wurde? So soll es auch bei euch sein: Wenn ihr alles getan habt, was euch befohlen wurde, sollt ihr sagen: Wir sind unnütze Sklaven; wir haben nur unsere Schuldigkeit getan.