Christus ist für alle Menschen gekommen, er hat aber seine Herkunft nicht verleugnet.
Christus ist für alle Menschen gekommen, er hat aber seine Herkunft nicht verleugnet.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn
zum Evangelium am Hochfest der Gottesmutter Maria,
1. Januar 2012 (Lk 2,16-21)
Acht Tage nach Weihnachten beginnt das Neue Jahr. Mit viel Prosit. Mit vielen guten Wünschen. Und mit manchem Segen. Die Kirche stellt den Jahresanfang unter den Schutz Marias und bittet Gott um Segen und Frieden für das eben beginnende Jahr. Der 1. Jänner ist deshalb das „Hochfest der Gottesmutter Maria“ und auch der „Weltfriedenstag“. Zudem ist heute das „Fest der Beschneidung des Herrn“, da Jesus nach jüdischem Brauch am achten Tag nach seiner Geburt beschnitten wurde. Gibt es zwischen all dem einen Zusammenhang? Was sagt es über den Sinn des Jahresanfangs? Ich will versuchen, hier einen roten Faden zu zeigen.
Mich bewegt immer der Gedanken an die Beschneidung Jesu. Sie erinnert daran, dass Jesus Jude war, dem jüdischen Volk angehört. Der Brauch der Beschneidung hat sicher zuerst gesundheitliche, hygienische Gründe. Seit aber Gott mit Abraham einen Bund schloss, wurde die Beschneidung zum Bundeszeichen, körperliches Zeichen der Zugehörigkeit zum Volk, mit dem Gott seinen besonderen Bund geschlossen hat.
Ich sehe das Gedanken an die Beschneidung Jesu als Erinnerung an die jüdischen Wurzeln meines Glaubens. Es ist immer gut, bei einem Neubeginn sich auch auf die eigenen Wurzeln zu besinnen. Das Christentum ist nicht denkbar ohne das Judentum. Christus ist für alle Menschen gekommen, er hat aber seine Herkunft nicht verleugnet. Deshalb ist für uns Christen das Alte Testament so wichtig. Es ist sozusagen die Familiengeschichte Jesu. Wer Jesus liebt will auch sein Volk und seine Geschichte kennen und lieben lernen.
Dazu gehört an erster Stelle Maria. Sie ist heute besonders im Blick. Wo Jesus verehrt wird, da wird auch seine Mutter geliebt. Geht diese Liebe nicht zu weit, wenn Maria als „Gottesmutter“ verehrt wird? Nun die Antwort ist einfach. Wenn Jesus, ihr Sohn, wirklich der Sohn Gottes ist, dann darf sie als seine Mutter auch als die „Muttergottes“ gelten. Sie steht nicht über Gott. Sie hat ein Menschenkind geboren, das aber Gottes Sohn ist. Sie verweist alle auf ihn, Jesus: „Tut, was er euch sagt“ ist ihr ständiger Rat. Er passt gut zum Jahresbeginn.
Noch einen Rat können wir für die kommenden 366 Tage von Maria erhalten. Im Evangelium heißt es heute: „Maria bewahrte alles, was geschehen war, in ihrem Herzen und dachte darüber nach“. Das könnte ein guter Vorsatz für das neue Jahr sein: Mehr Besinnung, mehr und genauer hinschauen und nachdenken, was Gott durch die Ereignisse sagen will.
Heute spricht die Kirche den Aaronssegen, den das Alte Testament überliefert. Ich darf ihn als Segenswunsch für 2012 meinen Leserinnen und Lesern weitergeben: „Der Herr segne dich und behüte dich. Der Herr lasse sein Angesicht über dir leuchten und sei dir gnädig. Der Herr
wende sein Angesicht dir zu und schenke dir Heil“.
So eilten sie hin und fanden Maria und Josef und das Kind, das in der Krippe lag. Als sie es sahen, erzählten sie, was ihnen über dieses Kind gesagt worden war. Und alle, die es hörten, staunten über die Worte der Hirten.
Maria aber bewahrte alles, was geschehen war, in ihrem Herzen und dachte darüber nach.
Die Hirten kehrten zurück, rühmten Gott und priesen ihn für das, was sie gehört und gesehen hatten; denn alles war so gewesen, wie es ihnen gesagt worden war.
Als acht Tage vorüber waren und das Kind beschnitten werden sollte, gab man ihm den Namen Jesus, den der Engel genannt hatte, noch ehe das Kind im Schoß seiner Mutter empfangen wurde.