Jeden Tag lassen sich Momente der Besinnung, des Gebets finden. Es ist nie verlorene Zeit!
Jeden Tag lassen sich Momente der Besinnung, des Gebets finden. Es ist nie verlorene Zeit!
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn
zum Evangelium am 1. Fastensonntag,
26. Februar 2012 (Mk 1,12-15)
Die Fastenzeit hat begonnen. Die Faschingszeit ist zu Ende. Früher wurden diese Übergänge von vielen deutlicher erlebt. Für viele war die Fastenzeit als solche spürbar. Ich erinnere mich an den Mesner bei uns in der Pfarre. Unter dem Jahr sah man ihn fast immer seine Virginia rauchen. Aber vom Aschermittwoch bis Ostern war Pause. Es war ihm sicher ein Opfer, aufs Rauchen zu verzichten. Das war sein Fastenopfer. Heute schauen wir Christen fast verwundert, manchmal sogar bewundernd auf die Muslime, wenn sie ihren Fastenmonat Ramadan halten.
Aber Jesus hat gesagt: „Nicht Opfer will ich, sondern Barmherzigkeit“. Äußere Opfer sind gut, wenn sie das Herz für Gott und den Nächsten öffnen. Es geht weder um Abmagerungskuren noch um religiöse Fitness-Leistungen, sondern um das, was uns zur Besinnung, zum wachen Glauben verhilft.
Jesus hat seine „Fastenzeit“ in der Wüste verbracht. Vierzig Tage alleine. Nur mit Gott. Mit der Schöpfung. Mit den „guten Geistern“, den Engeln. Und mit dem Versucher, Satan. Der Evangelist Markus redet in knappesten Worten von dieser Fastenzeit Jesu, die das Vorbild für die vierzig Tage Fastenzeit der Christen wurde.
Was bedeutet diese wortkarge Beschreibung der Wüstenzeit Jesu? Und was kann sie für heute, für die Fastenzeit bedeuten? Jesus kommt von der Taufe im Jordan. Er hat Gottes Stimme gehört:“ Du bist mein geliebter Sohn“. Gottes Geist ist auf ihn herabgekommen. Das Erste, wozu Gottes Geist ihn drängt, ist eine Zeit des Alleinseins mit Gott, seinem Vater. Dazu geht er in die Einsamkeit der Wüste.
Ich sehe darin die Einladung, in der Fastenzeit bewusst Momente des Alleinseins mit Gott zu suchen. Im Lärm des Alltags ist es schwer, die Stimme Gottes im Inneren zu vernehmen. „Ich habe keine Zeit für das Gebet!“ Das ist sehr oft der eigene Eindruck. Zu viel Arbeit. Zu wenig Stille. Zu viel Zerstreuung. Fastenzeit - das kann auch heißen: Bewusst Zeiten der Stille suchen. Weniger Fernsehen. Weniger Surfen im Internet. Jeden Tag lassen sich Momente der Besinnung, des Gebets finden. Es ist nie verlorene Zeit!
Jesus wurde in der Wüste vom Satan versucht. Markus sagt uns nicht, worin die Versuchung bestand. Das ist auch nicht notwendig. Denn Versuchungen haben immer ein gemeinsames Grundmuster: Irgendetwas weniger Wichtiges schiebt sich in den Vordergrund und verdrängt Wichtigeres. Irgendein scheinbares Gut lockt und verspricht, was es nicht halten kann. Versuchungen kommen immer unter einer schönen Verkleidung. Sie versprechen Lust und Befriedigung und bringen das Gegenteil.
Die Fastenzeit hat den Sinn, dass wir wacher, bewusster, aufmerksamer werden. Beispiel: Da lockt uns ein lockeres Wort über jemand anderen. Es macht Spaß, gibt eine gewisse Befriedigung - und richtet rieseigen Schaden an. Der Versuchung widerstehen heißt auf eine schnelle, momentane Befriedigung zu verzichten. In diesem Fall: auf ein böses Wort verzichten, den Mund halten - und stattdessen dem Anderen im Herzen Gutes wünschen. Das ist ein Fasten, das Gott gefällt. Und es ist schwerer als auf ein bisschen Speise zu verzichten.
Jesus hat den Versucher besiegt. „Die wilden Tiere“ wurden friedlich: So geht es jedem, der der Versuchung widersteht.“ Und die Engel dienten ihm“: Der Himmel ist denen nahe und offen, die sich bemühen, im Kleinen dem Bösen zu widerstehen. Dazu dient die Fastenzeit
In jener Zeit trieb der Geist Jesus in die Wüste. Dort blieb Jesus vierzig Tage lang und wurde vom Satan in Versuchung geführt. Er lebte bei den wilden Tieren, und die Engel dienten ihm.
Nachdem man Johannes ins Gefängnis geworfen hatte, ging Jesus nach Galiläa; er verkündete das Evangelium Gottes und sprach: Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe.
Kehrt um, und glaubt an das Evangelium!