Er ist sanftmütig, und er reitet auf einer Eselin –
Er ist sanftmütig, und er reitet auf einer Eselin –
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn
zum Evangelium am Palmsonntag,
1. April 2012 (Mk 11,1-10)
Sieht so der Einzug eines Mächtigen aus? Auf einer jungen Eselin kommt er geritten. Leute jubeln ihm zu, streuen Zweige auf seinen Weg, legen Kleider auf die Straße, damit er darüber reitet. So in etwa beschreiben die Evangelien den „triumphalen“ Einzug Jesu in Jerusalem. Ist das der neue König David, der verheißene große Herrscher?
Was für ein Kontrast zu den Bildern heutiger Militärparaden, zu den Aufnahmen von Hitlers Einzug in Wien im März 1938, oder den Fotos und Filmen der großen Machtdemonstrationen der Sowjetarmee auf dem Roten Platz in Moskau... Wie anders sah das damals im besetzten Jerusalem aus! Die Armee der Römer ließ keinerlei Widerstand aufkeimen. Die zahlreichen Osterpilger wurden sorgfältig beobachtet. Was irgendwie nach Anfang eines Aufstandes aussah, wurde sofort mit brutaler Gewalt niedergeschlagen. In diesem Galiläer, in Jesus von Nazareth und seinen Begleitern, sahen die Römer kaum eine ernste Gefahr.
Und doch „inszenierte“ Jesus seinen Einzug in Jerusalem wie ein König. Er nimmt die Worte eines Propheten zum Vorbild: „Siehe, dein König kommt zu dir. Er ist sanftmütig, und er reitet auf einer Eselin – auf einem Fohlen, dem Jungen eines Lasttiers.“ Deshalb lässt er sich einen Esel holen und zieht auf ihm reitend, in Jerusalem ein. Und die Menge versteht, was er damit ausdrücken will. Sie jubeln ihm zu, nicht als einem militärischen Machthaber, sondern als dem, „der kommt im Namen des Herrn“.
Aber was erhoffen sie von ihm? Sie sagen es selber: „das Reich unseres Vaters David, das nun kommt“. Zu groß war die Sehnsucht nach einer weltlichen Befreiung, zu stark der Wunsch, endlich wieder Herr im eigenen Haus zu sein, die Fremdherrschaft loszuwerden. Umso größer musste die Enttäuschung sein, als alle sahen, dass Jesus nicht der erhoffte König wurde. Es ist ja auch wirklich nicht leicht, Jesus als König zu sehen, wenn sein „triumphaler Einzug“ in Jerusalem am Kreuz endet.
„Wie viele Divisionen hat der Papst?“, soll Stalin spöttisch gefragt haben. Wie viele Divisionen hat Christus? Welche Macht hat er wirklich? Seine Botschaft scheint ohnmächtig gegenüber den Mächten dieser Welt. Und doch, wer versucht, ihm ehrlich nachzufolgen, kann etwas anderes erleben.
Heute gehen viele Menschen im ganzen Land zur Palmprozession, lassen ihre „Palmkatzerln“ segnen. Nur ein schöner Brauch? Ich erlebe etwas anderes. Auch wenn der Kirchenbesuch in Österreich allgemein sinkt, so nimmt die Zahl derer zu, die sich auf den Weg einlassen, der heute, mit dem Einzug Jesu in Jerusalem beginnt. Es ist spannend, die Tage der Karwoche innerlich mit-zu-leben, sich mit Jesus auf den Weg zu begeben. Da kommt das letzte Abendmahl Jesu am Gründonnerstag, der ernste Karfreitag mit dem Kreuzestod, der stille Karsamstag der Grabesruhe, die lange Feier der Osternacht, und schließlich der freudige Ostersonntag der Auferstehung. Wer diese Tage mitfeiert, kann erleben, dass Jesu Einzug, ganz real ist, im eigenen Leben, bei mir.
Es war einige Tage vor dem Osterfest als sie in die Nähe von Jerusalem kamen, nach Betfage und Betanien am Ölberg, schickte Jesus zwei seiner Jünger voraus. Er sagte zu ihnen: Geht in das Dorf, das vor uns liegt; gleich wenn ihr hineinkommt, werdet ihr einen jungen Esel angebunden finden, auf dem noch nie ein Mensch gesessen hat. Bindet ihn los, und bringt ihn her! Und wenn jemand zu euch sagt: Was tut ihr da?, dann antwortet: Der Herr braucht ihn; er lässt ihn bald wieder zurückbringen.
Da machten sie sich auf den Weg und fanden außen an einer Tür an der Straße einen jungen Esel angebunden, und sie banden ihn los. Einige, die dabeistanden, sagten zu ihnen: Wie kommt ihr dazu, den Esel loszubinden? Sie gaben ihnen zur Antwort, was Jesus gesagt hatte, und man ließ sie gewähren.
Sie brachten den jungen Esel zu Jesus, legten ihre Kleider auf das Tier, und er setzte sich darauf. Und viele breiteten ihre Kleider auf der Straße aus; andere rissen auf den Feldern Zweigen von den Büschen ab und streuten sie auf den Weg.
Die Leute, die vor ihm hergingen und die ihm folgten, riefen: Hosanna! Gesegnet sei er, der kommt im Namen des Herrn! Gesegnet sei das Reich unseres Vaters David, das nun kommt. Hosanna in der Höhe!