In der Pfarre Schwechat arbeitet man gemeinsam die Vergangenheit auf.
In der Pfarre Schwechat arbeitet man gemeinsam die Vergangenheit auf.
Die Pfarre Schwechat hat die bisherigen Ergebnisse der Aufarbeitung der Vergangenheit des 2017 verstorbenen Pfarrers Helmut Blasche mitgeteilt.
Blasche war von 1955 bis 1999 als Kaplan und Pfarrer in Schwechat tätig. „In dieser Zeit hat er das Leben und Wirken der Pfarre maßgeblich geprägt. Zahlreiche Initiativen wie die Gründung von Basisgemeinden, die Einführung von Eherunden und der Bau des Pfarr- und Sozialzentrums am Zirkelweg gingen auf seine Impulse zurück. Doch Helmut Blasche hatte auch eine dunkle Seite, die großes Leid verursacht hat,“ heißt es in einem Schreiben der Pfarre, das im Rahmen des Sonntagsgottesdienstes verlesen wurde.
In den letzten zwei Jahren sind aus der Bevölkerung bisher unbekannte Vorwürfe gegen Pfarrer Blasche aufgetaucht, die das Bild verändert haben. „Er hat das Vertrauen vieler Menschen missbraucht, sich über viele Jahre hinweg sexuellem Missbrauch gegenüber minderjährigen Schutzbefohlenen schuldig gemacht und dadurch Menschen zutiefst verletzt,“ heißt es in dem Schreiben der Pfarre. Aus Rücksicht und zum Schutz der Betroffenen wird auf die Nennung von Einzelheiten verzichtet.
Das Ziel des jetzigen Pfarrers, Werner Pirkner, und des Pfarrleitungsteams ist es, „das Unrecht anzusprechen, um einen Weg für Heilung und Versöhnung zu eröffnen. Wir möchten allen, die durch diese Verbrechen betroffen sind, den direkt Betroffenen, ihren Angehörigen und auch jenen, die sich innerhalb der Pfarre mit unterschiedlichen Sichtweisen konfrontiert fühlen, Raum für Gespräch und Unterstützung anbieten.“
„Wir danken allen Menschen, die ihre oft sehr schmerzlichen Erinnerungen der Pfarre und dem Pfarrer in den vergangenen Monaten anvertraut haben und bitten um Verzeihung für das Leid, das ihnen im Rahmen der Kirche angetan wurde“, erklärt der Pressesprecher der Erzdiözese Wien, Michael Prüller. „Die Diözese unterstützt und begleitet den mit großer Sorgfalt unternommenen Weg der Pfarre zur Aufarbeitung der Vergangenheit.“
Die Diözese hat auch ihren eigenen Umgang mit Pfarrer Blasche untersucht. Demnach war ihr bis vor kurzem nur ein einziger Vorfall bekannt, der 1996 auch zu einer gerichtlichen Verurteilung mit einer bedingten Strafe geführt hat. Gestützt auf ein ausnehmend positives Gutachten eines renommierten Psychiaters hatte die Diözesanleitung den damals 71jährigen Helmut Blasche in Schwechat als Seelsorger belassen, seine Pensionierung aber beschleunigt. „Auch wenn derzeit keine Vorwürfe aus der Zeit nach der Verurteilung vorliegen, müssen wir aus heutiger Sicht feststellen, dass die damalige Reaktion der Erzdiözese ungenügend war“, so Prüller: „Mit dem heutigen Wissensstand über die Hartnäckigkeit pädophiler Neigungen würden wir sofort mit einer Dienstfreistellung reagieren und das Umfeld informieren.“
Seit dieser Zeit habe die Kirche in Österreich die Prävention und die Verfolgung von Missbrauch fundamental verbessert. In Wien wie in allen anderen Diözesen gibt es unabhängige Ombudsstellen (die erste in Wien war 1996 gerade im Entstehen) und Präventions-Stabstellen. Verpflichtende Präventionsschulungen, ein Prozedere zur Meldung von Vorwürfen und Verdachtsfällen und die Verpflichtung der Diözesen, Betroffenen zu gerichtlichen Anzeigen zu raten und ihnen dabei zu helfen, haben mit dazu beigetragen, ein Klima zu schaffen, in dem Missbrauch nicht florieren kann, so Prüller. Er bittet auch alle Menschen, die im Zusammenhang mit Pfarrer Blasche Missbrauch erlitten oder solchen bemerkt haben, sich bei der Ombudsstelle der Erzdiözese Wien zu melden. Sie steht mit Rat und Hilfe zur Verfügung, allen Hinweisen wird dort rasch, kompetent und weisungsfrei nachgegangen. Auch wenn die Vorfälle weit zurückliegen, bietet die Kirche finanzielle und therapeutische Hilfen an.
Unabhängige Ombudsstelle für Opfer von Gewalt und sexuellem Missbrauch
in der Katholischen Kirche im Gebiet der Erzdiözese Wien
Untere Viaduktgasse 53/2B, 1030 Wien, 01 319 66 45
www.erzdioezese-wien.at/ombudsstelle