Österreichweit werden derzeit etwa 72.000 Menschen in rund 800 Heimen gepflegt und betreut.
Österreichweit werden derzeit etwa 72.000 Menschen in rund 800 Heimen gepflegt und betreut.
Dachverband Hospiz will in Pflegeheimen regelmäßige Gespräche zwischen Patient, Arzt und Pflegepersonal etablieren.
Mit der bundesweiten Etablierung eines "Vorsorgedialogs" will der Dachverband "Hospiz Österreich" sicherstellen, dass die Wünsche von in Pflegeheimen betreuten Menschen an ihrem Lebensende künftig besser berücksichtigt werden. Bei halbjährlich zu wiederholenden Gesprächen zwischen Patient, Arzt und Pflegepersonal sollen demnach Maßnahmen wie künstliche Ernährung, Krankenhauseinweisungen am Lebensende und Wiederbelebung in prognostisch aussichtloser Situation gezielt erfragt und in einem einfachen Formular dokumentiert werden, um bei fehlender Einwilligungsmöglichkeit in Notfällen den Willen der Betroffenen zu kennen.
"Der Vorsorgedialog gewährleistet, dass die Wünsche der Bewohner von Heimen im Leben und am Lebensende respektiert werden", sagte "Hospiz Österreich"- Präsidentin Waltraud Klasnic am Mittwoch, 19. November 2014 bei einem Pressegespräch in Wien. Vizepräsident Karl Bitschnau schilderte, dass Betreuungspersonen in Heimen gerade in Notfällen in der Nacht oft zu wenig über die Wünsche von Patienten Bescheid wüssten. Ohne diese Informationen müssten herbeigerufene Notärzte häufig lebensverlängernde Maßnahmen einleiten und den Transport in ein Krankenhaus veranlassen, auch wenn das nicht dem eigentlichen Willen eines Patienten entspricht.
Auch für Michael Lang, Präsident des Geriatrie-Referats der Österreichischen Ärztekammer, könnten viele Spitalsaufnahmen von Pflegeheimpatienten vermieden werden, wenn dem zuständigen Notarzt rechtlich abgesichert der Wille von Patienten bekannt wäre. Der "Vorsorgedialog" könne so mehr Sicherheit für alle Beteiligten - Patient, Notarzt, Pflegepersonen und Angehörige - schaffen.
Der Präsident der Österreichischen Palliativgesellschaft Harald Retschitzegger betonte, dass stationäre Verlegungen von Menschen in ihren letzten Lebenstagen für alle Beteiligten oft eine große Belastung darstellen. Sie bedeuteten in erster Linie Stress für den Patienten, der durch regelmäßige Dialoge vorab vermieden werden könne: "Solche Gespräche sollen Angst abbauen, Klarheit schaffen und allen beteiligten Menschen, vor allem natürlich den Patienten, Sicherheit geben."
Österreichweit werden derzeit etwa 72.000 Menschen in rund 800 Heimen gepflegt und betreut. "Nur vier Prozent der Bevölkerung haben eine Patientenverfügung, zwei Prozent eine Vorsorgevollmacht in Gesundheitsangelegenheiten", sagte Maria Kletecka-Pulker vom Institut für Ethik und Recht in der Medizin der Universität Wien. Der neue "Vorsorgedialog" wolle dabei die Patientenverfügung keinesfalls ersetzen, sondern in erster Linie als "unterstützendes Instrument" dienen, betonte die Mitgründerin der "Plattform für Patientensicherheit". In erster Linie solle der Dialog aber Ängste abbauen.
Hildegard Menner von der ARGE Pflegedienstleistungen in Altenheimen hob den "Vorsorgedialog" als wichtigen Schritt in der Qualitätssicherung hervor: "Aus den Erfahrungen der Pflegepersonen in den österreichischen Pflegeeinrichtungen sowie aus Ergebnissen von Bewohnerbefragungen geht klar hervor, dass sich die alten Menschen mit dem letzten Lebensabschnitt auseinandersetzen wollen und ein großes Bedürfnis nach Aufmerksamkeit und Selbstbestimmung haben. Sie wollen ihren Willen beachtet wissen. Das bedingt aber, dass die Betreuer über diese Bedürfnisse Bescheid wissen."
Ab Mitte 2015 sollen die "Vorsorgedialoge" österreichweit zum Standard in Pflegeheimen werden. Geplant sind auch Modelle für den mobilen Pflegedienst sowie Krankenhäuser.