Seltene Darstellung der hl. Judit (3. von rechts) mit dem Kopf des Holofernes inmitten alttestamentlicher Frauen: Kirche in Remhagen (Deutschland).
Seltene Darstellung der hl. Judit (3. von rechts) mit dem Kopf des Holofernes inmitten alttestamentlicher Frauen: Kirche in Remhagen (Deutschland).
Die Anfänge Israels und die Gestalt der Judit: Univ.-Prof. Barbara Schmitz (im Jänner bei den „Theologischen Kursen“) im Gespräch.
Was lässt sich mit Sicherheit in wenigen Sätzen über die Anfänge Israels sagen?
Univ.-Prof. Barbara Schmitz: Da sich eigentlich nichts „mit Sicherheit“ über die Anfänge Israels sagen lässt, ist es auch kaum möglich, es kurz zu tun.
Vielleicht so viel: Der Eintritt von JHWH (die Selbstbezeichnung Gottes im Buch Exodus, ausgesprochen wahrscheinlich „Jahwe“, Anm.) in die Geschichte ist theologiegeschichtlich wie religionsgeschichtlich ein komplexer Prozess, aus dem wir einzelne Mosaiksteine erkennen können.
Man kann zum einen sagen, dass es JHWH schon vor Israel gab (Gen 4,26; 9,26), also JHWH eine vorisraelitische Phase hat. Umgekehrt verehrte Israel auch andere Gottheiten, d.h. Israel hat eine vor- und nebenjahwistische Phase.
Und die frühesten Erwähnungen von JHWH finden sich außerhalb von Israel und ohne Israel in spätbronzezeitlichen Erstnennungen JHWHS in ägyptischen Listen.
Im Allgemeinen nimmt man an, dass JHWH eine Gottheit aus dem Süden ist (Ri 5,4-5; Dtn 33,2; Ps 68,8-9; Hab 3,3.7), auch wenn auch diese These Widerspruch erfahren hat.
Welche Botschaft hat das biblische Judit-Buch im Hinblick auf einen Gott, der dem Krieg ein Ende macht?
Univ.-Prof. Barbara Schmitz: Dass Gott den Kriegen ein Ende macht, findet sich zwei Mal im Buch Judit: in Jdt 9,7 und 16,2: Dieser Text ist ein Zitat von Ex 15,3 nach der Septuaginta (älteste griechische Bibelübersetzung, ab 250 v. Chr., Anm.): „Der Herr ist ein Gott, der den Kriegen ein Ende setzt“ und nicht nach dem hebräischen Text: „JHWH ist ein Kriegsmann“.
Im Gebet (Jdt 9) bittet Judit Gott um sein rettendes Eingreifen und erinnert ihn an seine in der Geschichte manifest gewordene Macht, mit der er immer wieder die Armen und Schwachen aus auswegslosen Situationen gerettet hat.
Ist dann Gott ein Gott der „Schwachen“?
Univ.-Prof. Barbara Schmitz: Judit verweist in zahlreichen Anspielungen, besonders an Ex 14-15, auf Gottes befreiendes Handeln im Auszug aus Ägypten und macht daran deutlich, das der geschichtssouveräne Gott nicht Krieg, Mord und Tod, sondern vielmehr das Ende der Kriege will.
Dieser Gott, der den Kriegen ein Ende setzt, stützt seine Macht eben nicht auf starke Männer, sondern er ist ein Gott der Schwachen, Geringen und Hoffnungslosen (Jdt 9,11).
In Jdt 16 fasst Judit das Geschehene interpretierend zusammen. Dabei betont sie die schreckensvolle Übermacht der Feinde, die aber nicht durch die Macht und Gewalt starker, kriegsführender Männer besiegt wurde, sondern durch die Schönheit einer einzigen Frau.
Das Geschehene veranschaulicht somit das, was Judit bereits als Zitat von Ex 15,3 in ihrem Gebet in Jdt 9 gesagt hat: In ihrer Rettungstat wurde sichtbar, was Israel aus seiner Tradition bekannt ist und was in der eigenen Geschichte bereits erfahren wurde: Gott will keine blutigen Kriege, sondern er ist der Gott, der den Kriegen ein Ende bereitet (Jdt 16,2).
Welche Rolle spielen im Judit-Buch die Gebete?
Univ.-Prof. Barbara Schmitz: Die Gebete betonen in unterschiedlicher Weise Gottes Souveränität, seine Allmacht und Allwissenheit sowie seine unverfügbare Gegenwart. Er steht auf der Seite der Schwachen und Armen und will das Ende der Gewalt.
Damit unterscheiden sich die Charakterisierung des Gottes Israel zentral von der Porträtierung des assyrischen Königs Nabuchodonosor: Während dessen Macht auf seinen Truppen basiert und er seinen Gottesanspruch durch militärische Gewalt durchzusetzen versucht, will Gott das Ende der Kriege und der Gewalt; seine Macht stützt sich auf die Armen und Schwachen (Jdt 9,11).
Univ.-Prof. Barbara Schmitz
lehrt Altes Testament an der Universität Würzburg.
das Semester-thema der „Theologischen Kurse“.
Mittwoch, 13. Jänner,
15 Uhr:
Vortrag – „JHWH, als du auszogst von Seir ...“, mit Univ.-Prof. Dr. Barbara Schmitz (Universität Würzburg).
18.30 Uhr:
Vortrag (Reihe „quer zum Thema“ IV): „Judit – fromme Frau oder femme fatale?“, mit Univ.-Prof. Dr. Barbara Schmitz.
Mittwoch, 27. Jänner,
18.30 Uhr:
Symposium – Reihe „Himmel & Erde“ IV: „Schöpfung - Urknall – Zufall. Kann die Wissenschaft den Anfang erklären?“, mit em. Univ.-Prof. Dr. Herbert Pietschmann (Uni Wien) und Univ.-Prof. Dr. Martin Rothgangel (Uni Wien).
Anmeldung,
Info: 01/51552-3708 oder
E-Mail: office@theologischekurse.at oder
E-Mail-Adresse: redaktion@dersonntag.at
Weitere Informationen zu "Der SONNTAG" die Zeitung der Erzdiözese Wien