Gerade sozial benachteiligte Frauen in indischen Städten werden von den Kliniken als Leihmütter angeworben. Hier ein Eindruck von einem Slum in Kolkata.
Gerade sozial benachteiligte Frauen in indischen Städten werden von den Kliniken als Leihmütter angeworben. Hier ein Eindruck von einem Slum in Kolkata.
Indische Frauen tragen derzeit in mehr als 3.000 Kliniken Kinder vornehmlich ausländischer Paare aus.
Die Katholische Frauenbewegung Österreich (kfbö) warnt vor dem expandierenden Geschäft mit der Leihmutterschaft allen voran in Indien. Derzeit werden dort in mehr als 3.000 Klinken Kinder vornehmlich ausländischer Paare von indischen Frauen ausgetragen. Den jährlichen Umsatz schätzt die indische NGO "Center for Social Research" (CSR) laut kfbö auf zwei Milliarden Euro.
Angesichts dieser Ausmaße ruft die Bewegung dazu auf, die weltweiten Bemühungen auf allen Ebenen zu bündeln, um ein globales Verbot der kommerziellen Leihmutterschaft zu erwirken. Denn, "gewerbsmäßig betriebene Leihmutterschaft verstößt nicht nur gegen die Kinderrechtskonvention, sondern vor allem gegen die Menschenwürde der Frauen", kritisierte kfbö-Vorsitzende Veronika Pernsteiner am Montag, 7. März 2016 in einer Aussendung.
Die indische Fertilitätsindustrie sei mittlerweile integraler Bestandteil des expandierenden medizinischen Marktes sowie der medizinischen Tourismusbranche des Landes, zitiert die kfbö in ihrer Aussendung Jennifer Liang, Mitglied des kfbö-Netzwerks in Indien. "In 90 Prozent aller Fälle handelt es sich bei den Leihmüttern um arme, sozial stigmatisierte oder anderwertig marginalisierte Frauen." Zwischen zehn und 30 Prozent der Summe, die ein Paar für ein Kind bezahlt, gehen an die Leihmutter - in Indien sind das zwischen 5.000 und 10.000 US-Dollar -, sofern es keine Komplikationen gibt und ein gesundes Kind geboren wird.
Aber nicht nur in Indien sondern auch in Ländern des Nordens, so etwa in der Ukraine oder in achtzehn US-amerikanischen Bundesstaaten, basiert das legale Geschäft mit der Leihmutterschaft auf einem sozialen Gefälle. Mit den indischen Dumping-Preise können diese Länder allerdings nicht mithalten. In den USA etwa beträgt der Preis für ein Kind rund 100.000 US-Dollar, in der Ukraine rund 30.000 US-Dollar. Eine geschätzte fünfstellige Zahl ist laut der kfbö in den vergangenen 30 Jahren auf diese Weise zur Welt gekommen, "die damit einhergehende Industrie wächst ständig und boomt vor allem in den armen Ländern der Erde".
"Unsere Forderung nach einem weltweiten Verbot von kommerzieller Leihmutterschaft heißt auch, dass wir an den Europarat appellieren, sich klar dagegen auszusprechen", so Veronika Pernsteiner. Im Gegensatz zum EU-Parlament, das eine eindeutige Aussage getroffen habe, seien auf Ebene des Europarats die Diskussionen noch im Gange, und auch bei der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht gebe es derzeit Gespräche hinsichtlich einer Standardisierung des globalen Geschäfts mit Leihmutterschaft.
In Österreich möchte die kfbö das Bewusstsein der vorhandenen kritischen Kräfte für die internationale Ebene schärfen und bündeln. So verweist sie u.a. auf die einschlägigen Diskussionen im Frauenring oder etwa das Forderungsprogramm der Homosexuellen-Initiative HOSI, das den "Kinderwunsch von schwulen Männern" der "Notwendigkeit des Schutzes von Frauen vor Ausbeutung" gegenüberstellt: "Angesichts der wirtschaftlichen Ungleichheit zwischen arm und reich sowie zwischen dem Globalen Norden und dem Globalen Süden sehen wir die Gefahr, dass die wirtschaftliche Situation von Frauen ausgenutzt wird und sie in manchen Regionen der Welt sogar dazu gezwungen werden. Vor diesem Hintergrund lehnen wir die Leihmutterschaft ab", heißt es im HOSI-Forderungsprogramm.
Einen Beitrag zur Beförderung der öffentlichen Debatte um das Thema leistet die kfbö auch gemeinsam mit WIDE (Entwicklungspolitisches Netzwerk für Frauenrechte und feministische Perspektiven) am 6. April in Wien mit der Veranstaltung "Streitfall Leihmutterschaft. Transnationale Reproduktionsmärkte, Rechte und Handlungsmacht". Referentin ist die deutsche Soziologin und Expertin in Fragen von Entwicklungszusammenarbeit und Gender, Christa Wichterich.
Katholische Frauenbewegung:
www.kfb.at