Heinz Hödl, Geschäftsführer der Koordinierungsstelle der Österreichischen Bischofskonferenz ist erstrangiger Kirchenexperte für entwicklungspolitische Fragen.
Heinz Hödl, Geschäftsführer der Koordinierungsstelle der Österreichischen Bischofskonferenz ist erstrangiger Kirchenexperte für entwicklungspolitische Fragen.
Österreichischer EZA-Experte und KOO-Geschäftsführer Hödl: "Unsere Hilfe erreicht die Basis und ist für viele überlebensnotwendig".
Die Bevölkerung traut einer Umfrage in Deutschland zufolge vor allem den Kirchen und ihren Hilfswerken eine wirksame Entwicklungshilfe zu. In einer Vertrauensskala stehen sie mit 51 Prozent an erster Stelle vor den Vereinten Nationen und privaten Initiativen mit je 46 Prozent, staatlichen Einrichtungen mit 44 und Nichtregierungsorganisationen mit 31 Prozent. Das geht aus der repräsentativen Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach im Auftrag der Global Perspectives Initiative hervor, die am Mittwoch, 29. November 2017 in Berlin veröffentlicht wurde.
Von dem Studienergebnis nicht überrascht zeigt sich Heinz Hödl, Geschäftsführer der Koordinierungsstelle Entwicklung und Mission (KOO) der Österreichischen Bischofskonferenz. Die Entwicklungsarbeit kirchlicher Organisationen zeichne sich sowohl durch das Ausmaß der abgewickelten Mittel als auch durch besondere Qualitätsmerkmale aus, kommentierte er gegenüber der Nachrichtenagentur Kathpress. Kirchliche Hilfswerke seien in den Zielländern gut verankert: "Durchgeführt werden Projekte mit Partnerorganisationen, die vor Ort ansässig sind und die Menschen und deren Kultur, Religion und Leben gut kennen", schilderte Hödl.
Gute Entwicklungsarbeit setze eine solide Kenntnis vom sozio-religiösen Kontext voraus. In manchen Ländern wachse zwar die Wirtschaft, gleichzeitig nehme aber die Armut zu, so Hödl: "Was bedeutet schon Wachstum, wenn es nicht auch die Ärmsten erreicht und ihr Leben verbessert? Unsere Hilfe dagegen erreicht die Basis und ist für viele überlebensnotwendig."
Allgemein sei die Haltung gegenüber der Entwicklungshilfe "zurückhaltend positiv", die Aufmerksamkeit dafür wachse mit dem Bewusstsein für die weltweite Flucht- und Migrationsbewegung, erläuterte die Geschäftsführerin des Allensbach-Instituts, Renate Köcher, bei der Studienpräsentation in Berlin.
Etwa die Hälfte der Befragten war demnach eher und knapp ein Viertel sehr dafür, dass Deutschland Entwicklungshilfe leistet. Ein Fünftel ist zudem für eine Aufstockung der Mittel. Dieser Anteil vergrößert sich auf knapp ein Drittel der Befragten, wenn mit der Hilfe auch Fluchtursachen verringert werden.
Zugleich fürchten etwa drei Viertel der Befragten, dass infolge von Korruption und hohen Verwaltungskosten nur ein gewisser Teil oder sehr wenig der Hilfe dort ankommt, wo sie gebraucht wird. Die Mehrheit (61 Prozent) hält die aktuelle deutsche Entwicklungshilfe für weniger oder gar nicht erfolgreich bei der nachhaltigen Verbesserung der Lebensumstände in den betroffenen Ländern. Ein Drittel dieser Gruppe zeigt sich aber überzeugt, dass die Entwicklungshilfe erfolgreicher sein könnte.
Dass es "zu viel Bürokratie und zu wenig Geld für Projekte" gebe, höre auch er immer wieder in Gesprächen mit Kirchenvertretern und NGOs aus Entwicklungsländern, schilderte KOO-Experte Hödl. Kirchliche Hilfe geht aber einen anderen Weg. Vor dem Hintergrund jahrzehntelanger Erfahrung in der Entwicklungszusammenarbeit sei die Kirche ein idealer Partner für den effektiven Einsatz von Hilfsgeldern. Die kirchlichen Partnerorganisationen hätten "enormes Wissen aufgebaut und viel Erfahrung gesammelt, was die Wirksamkeit von Programmen und Projekten erhöht", erklärte Hödl. Abgedeckt würde eine große Themenvielfalt wie Landwirtschaft, Bildung, Gesundheit und Mikrokredite.
Die kirchlichen Hilfswerke Österreichs haben im Vorjahr mit insgesamt 102,3 Millionen Euro Projekte der Entwicklungszusammenarbeit gefördert. Laut dem Jahresbericht der "Koordinierungsstelle der Österreichischen Bischofskonferenz für internationale Entwicklung und Mission" wurden von den Mitgliedsorganisationen der KOO im Jahr 2016 insgesamt 3.763 Entwicklungsprojekte in 136 Ländern unterstützt.
Die in der "Koordinierungsstelle der Österreichischen Bischofskonferenz für internationale Entwicklung und Mission" (KOO) zusammengeschlossenen Hilfswerke fordern einen Afrikaschwerpunkt bei der in sieben Monaten beginnenden österreichischen EU-Ratspräsidentschaft. "Wir fordern von Österreich eine 'Entwicklungsmilliarde für Afrika' im Rahmen des 'Zukunftspakt für Afrika' als Schwerpunkt der österreichischen EU Präsidentschaft im zweiten Halbjahr 2018 und die Unterstützung von Partnerländern der Entwicklungszusammenarbeit im Kampf gegen Steuerhinterziehung und Korruption sowie beim Aufbau progressiver nationaler Steuersysteme", so KOO-Geschäftsführer Heinz Hödl in einer Aussendung am Mittwoch.
Anlass ist der am Mittwoch eröffnete fünfte Gipfel der Afrikanischen Union und der EU in Abidjan, Cote d'Ivoire. Die Spitzenpolitikerinnen und -politiker der EU und Afrikas wollen sich vor allem mit Investitionen in die Jugend befassen. Auf dem Gipfeltreffen werden zudem weitere Prioritäten der Partnerschaft zwischen der EU und Afrika erörtert. Dazu gehören Frieden und Sicherheit, Staatsführung - einschließlich Demokratie, Menschenrechte, Migration und Mobilität -, Investitionen und Handel, Kompetenzentwicklung sowie Schaffung von Arbeitsplätzen.
Die KOO befürchtet, dass es "wie so oft um Fluchtbekämpfung statt um Fluchtursachenbekämpfung" gehen werde. Europa sei aber durch seine Handelspolitik, Agrarpolitik, Rüstungsexporte und durch die Unterstützung von korrupten Diktatoren mitverantwortlich dafür, wenn Lebensgrundlagen in Afrika zerstört werden". So koste ein Liter Milch, hergestellt aus Milchpulver der EU, etwa 34 Cent, lokal produzierte Milch hingegen zwischen 76 Cent und 1,10 Euro. "Wir müssen diese unfaire Handelspolitik ändern und damit auch wirklich effektiv Fluchtursachen bekämpfen und jungen Menschen in Afrika eine Perspektive bieten", forderte Heinz Hödl.
Der kirchliche Experte kritisierte die derzeitigen Wirtschaftspartnerschaften (EPA) der EU mit Afrika: "Wenn die EU wirklich eine Partnerschaft auf Augenhöhe möchte, dann muss sie auch über die Chancen und Risiken der Wirtschaftsabkommen für die afrikanischen Länder diskutieren. Bereits auf dem Gipfel in Lissabon 2007 waren sie Grund für Unstimmigkeiten zwischen den europäischen und afrikanischen Regierungen." Bei den europäisch-afrikanischen Beziehungen müssten der Schutz der Menschenrechte und der Abbau von Ungleichheiten im Fokus stehen. Die Frauenrechte und die Rolle der Frauen und Mädchen müssten gestärkt werden, Afrikas Jugend brauche zudem dringend bessere Ausbildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten.
Für die KOO lauten die Prioritäten vor allem Bekämpfung der Kriegsursachen, denn sonst könne man bei der Hungerbekämpfung keine Erfolge erzielen, sowie weiters die Harmonisierung von Nahrungsmittel- und Güterproduktion mit den Erfordernissen der Bewahrung der Schöpfung. "Daher müssen auch die Probleme Klimawandel, Land- und Steuerreformen angegangen werden", betonte Hödl.