Pflegerin und Bewohnerin in einem Pflegewohnhaus der Caritas.
Pflegerin und Bewohnerin in einem Pflegewohnhaus der Caritas.
Präsident Landau: "Solidarische Finanzierungslogik hoch an der Zeit" . Diakonie fordert Gespräche mit allen Pflege-Organisationen und Entlastung von pflegenden Angehörigen.
Die Caritas hat die von der Bundesregierung angekündigten Reformpläne zur Pflege begrüßt, fordert aber zugleich eine Gesamtstrategie für ganz Österreich und eine breite Diskussion über Würde und Lebensqualität im Alter.
Caritas-Präsident Michael Landau äußerte in einer Aussendung am Donnerstag, 6. Dezember 2018 die Erwartung, dass "es nicht bei punktuellen Lösungsansätzen bleibt, sondern dass die Pflege in ihrer Gesamtheit reformiert und zukunftsfest gestaltet wird." Das vom Ministerrat beschlossene 15-seitige Papier zur Weiterentwicklung der Pflegevorsorge sei ein erster Schritt, so Landau. Nun sei es notwendig zu überlegen, "wie eine Pflege, die an der Würde der Menschen Maß nimmt, auch in Zukunft gewährleistet werden kann."
Die evangelische Diakonie forderte am Donnerstag mehr professionelle Unterstützung von pflegenden Angehörigen. Die Hilfsorganisation erinnerte daran, dass Pflege nicht nur Geld koste, sondern Arbeitsplätze schaffe und "70 Prozent der Ausgaben für die Pflege über Steuern und Sozialversicherung wieder zurück an die öffentliche Hand fließen."
Laut Caritas steigt die Zahl der Pflegebedürftigen bis 2050 von 450.000 auf 750.000 Menschen. Weil die Österreicher "statistisch gesehen immer älter werden" sei es "verantwortungslos, aktuelle Schwachstellen in der Versorgung den nachfolgenden Generationen zu überlassen", argumentierte Landau.
Der Caritas-Präsident plädierte angesichts der 1,4 Millionen Betroffenen, die entweder pflegebedürftig sind oder Angehörige pflegen, für eine "neue und vor allem solidarische Finanzierungslogik". Das sei auch wegen der neun verschiedenen Pflege- und Betreuungssysteme nötig, meinte Landau, der sich eine "Harmonisierung" der unterschiedlichen Leistungen und Angebote wünscht.
Auch der frühere Caritas-Präsident Franz Küberl forderte in der Freitagsausgabe der "Kleinen Zeitung" eine ehrliche Debatte der Politik über Pflegekosten. Denn "in einer Gesellschaft, wo alles was kostet, kann man nicht davon ausgehen, dass das Alter nichts kostet". Küberl kann sich , wie er sagte - eine Art "Pflegeversicherung" vorstellen, ähnlich wie man "gegen Krankheit, gegen Arbeitslosigkeit, gegen Unfälle versichert ist". Der Nachteil wäre laut Küberl jedoch eine Erhöhung der Lohnnebenkosten, der im Gegenzug mit einer steuerlichen Entlastung in anderen Bereichen begegnet werden könne.
Eine Alternative wäre laut Küberl auch die Abschaffung eines Feiertags und damit eines Urlaubstags nach deutschem Vorbild. Dort wurde durch die Einführung eines zusätzlichen Arbeitstages die Produktivität gesteigert und so die Mehrkosten für eine verpflichtende Pflegeversicherung kompensiert. "Ob die Gewerkschaften da mitspielen, ist fraglich", so Küberl. Eine weitere Möglichkeit wäre für Küberl die Abschaffung der kalten Progression, wie von der Regierung bereits überlegt. Auch so könne man die Pflege zu einem Teil finanzieren.
Für die Diakonie sei es nun Zeit für Gespräche mit Experten, Betroffenen und Non-Profit-Organisationen. Nur so könne man Ideen und Konzepte für die künftigen Herausforderungen entwickeln und eine "Akzeptanz in der Bevölkerung für die Reform erreichen", meinte die evangelische Hilfsorganisation in ihrer Aussendung am Donnerstag.
Die Diakonie forderte auch mehr Hilfe für pflegende Angehörige, von denen mehr als die Hälfte noch immer ohne professionelle Unterstützung auskommen müssten. "Wollen wir die Pflege und Betreuung zu Hause stärken, müssen wir mutig sein und in die Entlastung investieren", so die Hilfsorganisation.
Diakonie und Caritas waren sich einig, dass es einen Ausbau und eine Professionalisierung der Pflege brauche. Dazu benötige man laut Diakonie ein größeres Angebot von mobilen Diensten, Tageszentren, Kurzzeitpflege, Besuchsdienste und stundenweiser Betreuung. Pflegeberufe müssten attraktiver werden, meinte die Caritas dazu und forderte "eine Anpassung der Ausbildungsplätze an den tatsächlichen Bedarf in der Pflege."
Für die Caritas geht es bei der Pflege-Debatte letztlich um die "Würde bis zuletzt". Für die Zukunft wünschte sich Landau darum, dass die Finanzierung der Hospiz- und Palliativversorgung so selbstverständlich werden sollte, wie die reguläre medizinische und pflegerische Versorgung: "Das haben wir uns alle verdient."
Die Mahnungen der Caritas an die Politik, angesichts der demographischen Entwicklung mehr Augenmerk auf den Bereich Pflege zu legen, reichen - wie ein Blick in das "kathpress"-Archiv zeigt - weit in die Vergangenheit zurück: Bereits vor mehr als 15 Jahren, im Jänner 2003, forderte die Caritas einen "Nationalen Aktionsplan" - verbunden mit der ganz aktuell klingenden Anmerkung: "Eine wesentliche Aufgabe der neuen Bundesregierung werde sein, dass Bund, Länder und Gemeinden gemeinsam nach Lösungen suchen, um die Betreuung und Pflege älterer Menschen 'langfristig abzusichern'." Kurz vor Weihnachten 2005 bezeichnete Landau die Pflege als "die große soziale Herausforderung der Zukunft" und forderte Entlastung für pflegende Angehörige.