Aber Begeisterung ist noch kein Glauben.
Aber Begeisterung ist noch kein Glauben.
Evangelienkommentar von Kardinal Schönborn
für den 24. Sonntag im Jahreskreis, 17. September 2006,
(Mk 8,27-35)
Von der ersten Zeile seines Evangeliums an, sagt der Evangelist Markus worum es ihm geht. Dort steht: "Evangelium, das heißt gute Nachricht, von Jesus, der der Messias, das heißt der Christus, ist, der Sohn Gottes." Diese Nachricht will Markus unter die Leute bringen. Dazu hat er sein kleines Buch geschrieben, das wir heute das "Markusevangelium" nennen.
Er will aber nicht nur, dass da eine Nachricht verbreitet wird. Denn nichts wird schneller vergessen als die Nachrichten vom Vortag. Sie werden gleich wieder verdrängt durch die "neuesten Nachrichten" vom heutigen Tag. Markus will überzeugen. Er ist, wie alle vier Evangelisten, ein Missionar. Er will niemanden zu etwas zwingen, will keinem etwas "aufschwätzen" oder aufdrängen. Es geht ihm darum, möglichst vielen Menschen das zu erzählen, was die ersten Anhänger Jesu mit diesem erlebt haben, warum sie von ihm begeistert waren und weshalb sie schließlich sogar ihr ganzes Leben auf ihn gesetzt und für ihn gegeben haben.
Kurzum: Markus will verständlich machen, warum und wie seine eigenen Vorbilder, Petrus, Paulus und die anderen Apostel, zu "Jesus-Gläubigen" geworden sind.
Der heutige Abschnitt seines Evangeliums ist eine Schlüsselszene auf diesem Weg zum Glauben an Jesus. Er bildet genau die Mitte zwischen der ersten und der zweiten "Halbzeit" des öffentlichen Lebens Jesu. Die erste war eine einzige "Erfolgsstory". Menschenmassen strömen Jesus zu. Überall wird von ihm geredet. Von weither kommen die Menschen, um ihn zu sehen, zu hören und vor allem um seine Heilungswunder zu erleben. Aber Begeisterung ist noch kein Glauben. Sie suchen seine Wunder. Sind sie auch bereit, ihr Leben zu ändern, wie er es fordert? In der zweiten Halbzeit wendet sich das Blatt. Die Zustimmung nimmt ab, die Ablehnung wächst. Wir wissen, wie es ausging.
Da, am Wendepunkt zwischen Erfolg und Kreuz, macht Jesus mit seiner kleinen Schar Pause. Er stellt ihnen sozusagen "die Gretchenfrage": "Wie steht es mit Euch mir gegenüber? Ihr aber, für wen haltet Ihr mich? Ihr seid mit mir unterwegs, ihr habt mich ein wenig kennen gelernt, habt gehört, was ich den Menschen sagen will, habt erlebt, was ich für die Kranken, die Besessenen und die Armen getan habe. Wer also bin ich für Euch?"
Jetzt geht es nicht mehr um irgendwelche Tagesneuigkeiten, die schnell vergessen sind. Es geht um eine Lebensentscheidung. Petrus trifft sie und er spricht sie aus, für sich und die anderen: "Du bist der Messias!" Das ist eine Liebeserklärung. Das ist ein Wort, das für immer bindet. Ein Akt des Vertrauens und der Lebensübergabe an Jesus.
Markus will alle, die sein kleines Buch der frohen Botschaft lesen, zu dieser Liebeserklärung an Jesus bewegen. Er macht aber gleich klar: Das kostet auch etwas! Petrus muss das schnell erfahren. Wer sein Leben an Jesus bindet, geht mit ihm in die zweite Halbzeit, auf den Weg zum Kreuz. Der Preis aber lohnt sich: Leid gibt es auf jedem Lebensweg. Wer mit Jesus geht, erlebt, dass Er auch mein Leid mit trägt. Mein Kreuz bekommt durch Sein Kreuz einen Sinn. Wer mit Ihm geht, wird "sein Leben gewinnen".
Jesus ging mit seinen Jüngern in die Dörfer bei Cäsarea Philippi.
Unterwegs fragte er die Jünger: Für wen halten mich die Menschen? Sie sagten zu ihm: Einige für Johannes den Täufer, andere für Elija, wieder andere für sonst einen von den Propheten.
Da fragte er sie: Ihr aber, für wen haltet ihr mich?
Simon Petrus antwortete ihm: Du bist der Messias!
Doch er verbot ihnen, mit jemand über ihn zu sprechen. Dann begann er, sie darüber zu belehren, der Menschensohn müsse vieles erleiden und von den Ältesten, den Hohenpriestern und den Schriftgelehrten verworfen werden; er werde getötet, aber nach drei Tagen werde er auferstehen. Und er redete ganz offen darüber.
Da nahm ihn Petrus beiseite und machte ihm Vorwürfe. Jesus wandte sich um, sah seine Jünger an und wies Petrus mit den Worten zurecht: Weg mit dir, Satan, geh mir aus den Augen! Denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen.
Er rief die Volksmenge und seine Jünger zu sich und sagte: Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach. Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen und um des Evangeliums willen verliert, wird es retten.