Ein ferner Gott will nahe sein; ein Gott, vor dem wir Angst haben, will als Feuer der Liebe in unseren Herzen brennen. „Gott ist Liebe“, sagt der Liebesjünger Johannes.
Ein ferner Gott will nahe sein; ein Gott, vor dem wir Angst haben, will als Feuer der Liebe in unseren Herzen brennen. „Gott ist Liebe“, sagt der Liebesjünger Johannes.
Evangelienkommentar von Kardinal Schönborn
für den 20. Sonntag im Jahreskreis, 19. August 2007,
(Lk 12,49-53)
Im „Duden“, dem großen deutschen Wörterbuch, steht unter „Feuertaufe“: „Erste Bewährungsprobe: der Soldat, das Auto hat seine Feuertaufe bestanden.“ Wir alle müssen durch solche Bewährungsproben, und meist blicken wir ihnen mit einer gewissen Sorge entgegen, mit Angst und Spannung, aber auch mit Erwartung: Wann ist es soweit?
Für mich war das zum Beispiel die Antrittsvorlesung als junger Universitätsprofessor. Auch die Fahrprüfung! Alles, was man zum ersten Mal im Leben tun muss. Alle Kräfte spannen sich auf diesen Moment hin. Wie wird es sein? Werde ich es schaffen? Werde ich die Feuerprobe bestehen?
Jesus sehnt sich nach seiner „Feuertaufe“. Es geht nicht um irgendeine der üblichen Bewährungsproben, die es in jedem Leben gibt. Sein ganzes Sinnen und Handeln geht immer entschiedener auf einen Punkt zu, den großen Moment, „die Stunde“, wie er selber immer sagt. In ihr sieht er seine große Lebensaufgabe, seine Sendung, seinen Auftrag, den Sinn seines ganzen Weges. Es ist die Feuertaufe seines Kreuzes.
„Ich bin gekommen, um Feuer auf die Erde zu werfen. Wie froh wäre ich, es würde schon brennen!“ Sind das die Worte eines Fanatikers, der die Welt in Brand stecken will? So wie die Attentäter auf die Twin Towers in New York am 11. September? So wie die Scheiterhaufen, auf denen in Wien 1421 die Juden verbrannt wurden? Papst Benedikt XVI. wird am 7. September am Judenplatz in der Wiener Innenstadt der Opfer solch blinden Hasses in Stille gedenken.
Jesus brennt von einem anderen Feuer, und dieses will er auf die Erde werfen. Es ist das Feuer, das eine kalte Welt mehr braucht als alle Heizsysteme. Wo dieses Feuer fehlt, ist nicht gut leben. Es gibt Geborgenheit, es richtet auf und gibt neuen Mut. Wo die Liebe erkaltet, da fehlt dieses Feuer.
In seinem neuen Buch über „Jesus von Nazareth“ fragt Papst Benedikt, was Jesus eigentlich Neues auf die Welt gebracht hat. Viele seiner Lehren sind schon im Judentum zu finden, vieles ist allen Religionen gemeinsam. Was hat er gebracht? „Gott!“ Papst Ratzinger bringt es auf diese kurze Formel. Ein ferner Gott will nahe sein; ein Gott, vor dem wir Angst haben, will als Feuer der Liebe in unseren Herzen brennen. „Gott ist Liebe“, sagt der Liebesjünger Johannes. Das ist Jesu brennendes Anliegen, das wir es begreifen und wirklich glauben. Warum löst Jesus damit soviel Konflikt und Widerspruch aus? Ich denke, dass hat zwei Gründe. Zuerst: Liebe ist anspruchsvoll. Sie lässt nicht neutral. Sie fordert Antwort heraus. „Die Liebe wird nicht geliebt!“ war die Klage des Hl. Franz von Assisi. Deshalb löst die Entscheidung für Jesus und seinen Weg so oft Krach in Familien aus. Nicht nur, wenn ein Moslem Christ wird, sondern oft auch in „guten christlichen Familien“! Da will einer Priester werden, eine ins Kloster gehen – und schon ist Feuer am Dach und Streit im Haus. Jesus hat es vorausgesagt.
Dann aber zweitens: Liebe fordert Überwindung des Egoismus. Und von dem sitzt viel in uns. Das Feuer muss hier viel reinigen, allen möglichen alten Eigensinn ausbrennen. Jesus hat dafür das Kreuz auf sich genommen, die Feuertaufe seiner erlösenden Liebe zu mir, für mich!
Ich bin gekommen, um Feuer auf die Erde zu werfen. Wie froh wäre ich, es würde schon brennen!
Ich muss mit einer Taufe getauft werden, und ich bin sehr bedrückt, solange sie noch nicht vollzogen ist.
Meint ihr, ich sei gekommen, um Frieden auf die Erde zu bringen?
Nein, sage ich euch, nicht Frieden, sondern Spaltung.
Denn von nun an wird es so sein: Wenn fünf Menschen im gleichen Haus leben, wird Zwietracht herrschen: Drei werden gegen zwei stehen und zwei gegen drei, der Vater gegen den Sohn und der Sohn gegen den Vater, die Mutter gegen die Tochter und die Tochter gegen die Mutter, die Schwiegermutter gegen ihre Schwiegertochter und die Schwiegertochter gegen die Schwiegermutter.