Aber auch die Wahrheit, dass Gott diese Welt liebt, mit all ihren Fehlern, und uns, mich, jeden Einzelnen, mit meinen Fehlern.
Aber auch die Wahrheit, dass Gott diese Welt liebt, mit all ihren Fehlern, und uns, mich, jeden Einzelnen, mit meinen Fehlern.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn
zum Evangelium am 4. Fastensonntag,
22. März 2009 (Joh 3,14-21)
Laetare heißt dieser Sonntag, der vierte in der Fastenzeit. „Freue dich!“ heißt das übersetzt. Fastenzeit und Freude - wie geht das zusammen? „Freue dich!“, so lauten die ersten Worte der heutigen Messe. Sie stammen vom Propheten Jesaia. Der sagt, im letzten Kapitel seines Prophetenbuches: „Freue dich, Stadt Jerusalem! Seid fröhlich zusammen mit ihr, alle, die ihr traurig wart. Freut euch und trinkt euch satt an der Quelle göttlicher Tröstung.“
Die weltlichen Tröstungen fließen zurzeit etwas spärlicher. Rundum wird es enger, die Sorgen wachsen von Tag zu Tag. Wohin entwickelt sich das, was man ehrlicherweise nur mehr als Weltwirtschaftskrise bezeichnen kann? Wo gibt es da Grund zur Freude?
Eines Nachts klopfte es an der Tür des Hauses, in dem Jesus in Jerusalem als Festpilger Quartier bezogen hatte. Vor der Tür stand ein Ratsherr namens Nikodemus. Aus Angst vor seinen Kollegen traute er sich nicht, offen mit dem umstrittenen Mann aus Nazareth zu sprechen. So kam er heimlich in der Nacht. Es wurde ein langes Gespräch, das seinem Leben eine Wende gab.
Was Jesus ihm da sagte, war geheimnisvoll. Beglückend und erschreckend zugleich. Von einer unvorstellbaren Liebe Gottes zu den Menschen sprach Jesus. Aber auch von Leid und Tod, vom Kreuz.
„So sehr hat Gott die Welt geliebt …“ Diese Welt mit ihren Schönheiten, aber auch mit ihrem nicht enden wollenden Leid. Nicht darum, die Welt zu verurteilen, geht es Gott, sondern sie zu retten. Viele meinen, Religion sei vor allem ein Verurteilen und ein Verdammen „der Welt“. Jesus zeigt seinem nächtlichen Gast etwas ganz anderes. Ahnt Nikodemus, dass er Gott unendlich kostbar ist? Dass er ihm so viel wert ist, dass Gott für ihn sein Kostbarstes gegeben hat, seinen eigenen Sohn?
Und Jesus erinnert Nikodemus an einen alten Bericht aus der Frühzeit des jüdischen Volkes. Damals, als sie in der Wüste unterwegs waren, nach dem Auszug aus Ägypten, da waren viele mutlos geworden. Sie rebellierten gegen Moses. Giftige Schlangen suchten daraufhin die Menschen heim. Moses ließ eine Stange errichten, an die er eine metallene Schlange heftete. Wer zu ihr aufschaute, wurde vom Schlangenbiss geheilt. So wird es auch jetzt sein, sagt Jesus dem nächtlichen Gast: Auch er wird „erhöht“ werden, auf dem Kreuz. Und wer zu ihm aufschaut, der wird gerettet werden.
Liebe Gottes zur Welt - und das Kreuz: Wie geht das zusammen? In dieser Welt wird uns Leid nicht erspart. Sie ist kein Paradies. Aber sie ist auch nicht hoffnungslos. Es gibt genug Finsternis in ihr. Das Böse macht sie finster. Was ist die Weltwirtschaftskrise anderes als das Ergebnis einer Anhäufung von vielen kleinen und großen Fehlverhalten? Von Spekulationen und Maßlosigkeiten, von Gier und Hochmut und vom Mittun von vielen, im Großen wie im Kleinen. Wir sitzen alle im selben Boot.
Was hat Jesus uns zu sagen? „Wer die Wahrheit tut, kommt zum Licht.“ Vieles, was uns jetzt in dieser Zeit wachsender Schwierigkeiten trifft, hat damit zu tun, dass „die Wahrheit ans Licht kommt“. Das ist schmerzlich, aber auch eine Chance. Die Wahrheit über unsere Fehler, über Fehler anderer, die auch uns treffen. Aber auch die Wahrheit, dass Gott diese Welt liebt, mit all ihren Fehlern, und uns, mich, jeden Einzelnen, mit meinen Fehlern. Das ist der Grund zur Freude. Am Sonntag Laetare.
In jener Zeit sprach Jesus zu Nikodemus: Wie Mose die Schlange in der Wüste erhöht hat, so muss der Menschensohn erhöht werden, damit jeder, der an ihn glaubt, in ihm das ewige Leben hat.
Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hergab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat.
Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit er die Welt richtet, sondern damit die Welt durch ihn gerettet wird. Wer an ihn glaubt, wird nicht gerichtet; wer nicht glaubt, ist schon gerichtet, weil er an den Namen des einzigen Sohnes Gottes nicht geglaubt hat.
Denn mit dem Gericht verhält es sich so: Das Licht kam in die Welt, und die Menschen liebten die Finsternis mehr als das Licht; denn ihre Taten waren böse.
Jeder, der Böses tut, hasst das Licht und kommt nicht zum Licht, damit seine Taten nicht aufgedeckt werden.
Wer aber die Wahrheit tut, kommt zum Licht, damit offenbar wird, dass seine Taten in Gott vollbracht sind.