Am ersten Adventsonntag ist nicht die Rede von besinnlichen Adventsfeiern, und erst recht nicht von wenig besinnlichen Puntschständen, sondern schlicht von Wachsamkeit.
Am ersten Adventsonntag ist nicht die Rede von besinnlichen Adventsfeiern, und erst recht nicht von wenig besinnlichen Puntschständen, sondern schlicht von Wachsamkeit.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn
zum Evangelium am 1. Adventsonntag, Lesejahr B,
27. November 2011 (Mk 13,24-37)
Mit heute beginnt sie also: die Adventzeit. Früher nannte man sie gerne: die stillste Zeit des Jahres. In unseren Tagen wurde sie zur hektischsten Zeit. Alle Vorsätze helfen da kaum. Wie oft habe ich mir vorgenommen: heuer möchte ich einen besinnlichen Advent leben, und heraus kommt meist, dass wir besinnungslos von einer Adventbesinnung zur anderen rennen.
Die Heilige Schrift spricht eine andere Sprache. Am ersten Adventsonntag ist nicht die Rede von besinnlichen Adventsfeiern, und erst recht nicht von wenig besinnlichen Puntschständen, sondern schlicht von Wachsamkeit. Jesus sagt das nicht nur dem kleinen Kreis seiner Jünger: „Was ich euch sage, das sage ich allen: Seid wachsam!“
Wäre das ein Weg für den Advent? Die Wachsamkeit üben? Aber worauf, wofür und wie sollen wir wachsam sein? Wie immer ist Jesus sehr praktisch und direkt, ganz lebensnahe. Er lädt uns zuerst einmal ein, aufmerksam zu beobachten, genau hinzuschauen: „Lernt vom Feigenbaum! Sobald seine Zweige saftig werden und die Blätter treiben, wisst ihr, dass der Sommer nahe ist“. Es ist etwas Spannendes, die Natur zu beobachten, die Pflanzen, die Tiere, den Himmel, das Leben. Es wird nie langweilig, mit einem guten Kenner der Natur unterwegs zu sein.
Jesus macht aber seinen Zeitgenossen den Vorwurf: „Das Aussehen des Himmels wisst ihr zu deuten“, -welches Wetter kommen wird- „nicht aber die Zeichen der Zeit“. Was ist das: „die Zeichen der Zeit“. Jesus meint damit offensichtlich das genaue beobachten und wahrnehmen, was Gott durch die Zeichen uns sagen will, die er uns durch die Natur und die Ereignisse gibt. Was sagt er uns durch den Klimawandel? Was durch die Finanzkrise? Spricht er zu uns durch die Ereignisse unseres Lebens, wie der knospende Feigenbaum uns den Sommer ansagt?
Wachsamkeit heißt aber noch etwas anderes. Jesus spricht vom Türhüter, der den Auftrag hat, zu wachen. Worauf? Ob der Hausherr kommt, sagt Jesus, und meint damit sein eigenes Kommen, jetzt, wenn er an die Türe unseres Lebens klopft, und dann, wenn es zur letzten, endgültigen Begegnung kommt, wenn wir durch das Tor des Todes ins Leben eintreten müssen oder dürfen.
Türhüter, das heißt aber auch wachsam sein, dass nicht hereinkommt, wer hier nichts verloren hat. Weniger Bilder, weniger Fernseheindrücke herein lassen, vorsichtiger, sparsamer mit dem Internet umgehen: auch das erfordert den Türsteher. Einen besonderen Wächter braucht unser Mundwerk. Wachsam sein auf die Worte, die wir herausgehen lassen, und die oft großen Schaden ausrichten. Kurz: Advent – eine Zeit des wachsamen Herzens! Das wäre ein echter, sogar besinnlicher Advent!
Jesus sprach zu seinen Jüngern: In jenen Tagen, nach der großen Not, wird sich die Sonne verfinstern, und der Mond wird nicht mehr scheinen; die Sterne werden vom Himmel fallen, und die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden.
Dann wird man den Menschensohn mit großer Macht und Herrlichkeit auf den Wolken kommen sehen. Und er wird die Engel aussenden und die von ihm Auserwählten aus allen vier Windrichtungen zusammenführen, vom Ende der Erde bis zum Ende des Himmels.
Lernt etwas aus dem Vergleich mit dem Feigenbaum! Sobald seine Zweige saftig werden und Blätter treiben, wisst ihr, dass der Sommer nahe ist. Genauso sollt ihr erkennen, wenn ihr all das geschehen seht, dass das Ende vor der Tür steht.
Amen, ich sage euch: Diese Generation wird nicht vergehen, bis das alles eintrifft. Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen.
Doch jenen Tag und jene Stunde kennt niemand, auch nicht die Engel im Himmel, nicht einmal der Sohn, sondern nur der Vater.
Seht euch also vor, und bleibt wach! Denn ihr wisst nicht, wann die Zeit da ist. Es ist wie mit einem Mann, der sein Haus verließ, um auf Reisen zu gehen: Er übertrug alle Verantwortung seinen Dienern, jedem eine bestimmte Aufgabe; dem Türhüter befahl er, wachsam zu sein. Seid also wachsam! Denn ihr wisst nicht, wann der Hausherr kommt, ob am Abend oder um Mitternacht, ob beim Hahnenschrei oder erst am Morgen.
Er soll euch, wenn er plötzlich kommt, nicht schlafend antreffen. Was ich aber euch sage, das sage ich allen: Seid wachsam!