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30.09.2012

Lasst ihr euch das gefallen?

Viele tun, was Jesus vorgelebt hat, ohne es zu wissen. Wichtig ist Jesus die gute Tat.

Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn

zum Evangelium am 26. Sonntag im Jahreskreis,

30. September 2012 (Mk 9, 38-43.45.47-48)

Wieder einmal tobt in der islamischen Welt die Empörung über die Verspottung oder Verächtlichmachung des Propheten Mohamed. Ein Film, nicht von Könnern gemacht, soll den Gründer des Islam lächerlich gemacht haben. Ich habe ihn nicht gesehen und werde ihn nicht ansehen. Aber es macht mich nachdenklich, dass zeitgleich ein Film in Venedig ausgezeichnet wurde, der, von einem österreichischen Regisseur, von einem Könner, gemacht, sich massiv über die katholische Religion auslässt.

 

Muslime fragen, warum wir Christen uns das gefallen lassen. Warum wird nicht dagegen protestiert, wenn eine neue TV-Serie im ORF katholische Volksreligiosität als debil und lächerlich darstellt? Umgekehrt fragen sich viele Menschen bei uns, warum es im Islam immer wieder zu Gewaltausbrüchen kommt, wenn Kritik an seinem Gründer geübt wird. Ist das Christentum so lau geworden, dass es zu jedem Spott, zu aller Verhöhnung nur mehr schweigen kann? Ist der Islam so kräftig, dass er sich keine Kritik gefallen lässt?

 

Ich glaube, das heutige Evangelium kann eine Antwort auf diese Frage geben. Es zeigt eines von vielen Beispielen, wo Jesus sich nicht verteidigt, nicht zurückschlägt, keine scharfe Abgrenzung vornimmt.

 

Was ist der Anlass? Manche Leute haben gemerkt, dass Jesus starke Heilungskräfte hat, ja dass er Dämonen austreiben kann. So versuchen sie es, seinen Namen zu gebrauchen, um in dessen Kraft auch Wunder zu wirken, Dämonen auszutreiben. Johannes, einer der zwölf Apostel, will das verbieten. Jesu Namen darf nur gebrauchen, wer "zu uns gehört". Er glaubt, er und die Apostel hätten sozusagen Jesus für sich "gepachtet".

 

Dem widerspricht Jesus entschieden: "Wer nicht gegen uns ist, der ist für uns." Das heißt doch: Jesus gehört nicht nur "uns" und denen, die "zu uns gehören". Viele tun Gutes, ohne ausdrücklich Christen zu sein. Viele tun, was Jesus vorgelebt hat, ohne es zu wissen. Wichtig ist Jesus die gute Tat.

 

Jesus geht aber noch weiter. Er hat auch die nicht abgelehnt, die ihn kritisiert, ja verspottet haben. Er hat sogar ausdrücklich gesagt, dass denen vergeben werden kann, die blasphemisch gegen ihn sprechen. Er hat Gewalt gegen seine Feinde ausdrücklich abgelehnt. Seine Haltung war anders: Er hat zur Liebe gegenüber den Feinden aufgerufen, und hat denen verziehen, die ihn ans Kreuz genagelt haben.

 

Sollen wir uns also nicht dagegen wehren, wenn Christus verspottet wird? Sicher sollen wir das. Aber Jesu Anliegen ist ganz woanders. Radikal ist er nicht gegen die, die ihn verspotten, sondern gegen die, die "diese Kleinen" zum Bösen verführen. Da ist Jesus unerbittlich. Einen Mühlstein um den Hals und damit ins Meer werfen! – das verdienen die, die andere missbrauchen, ihnen Ärgernis geben, sie zum Bösen verleiten.

 

Radikal sollen wir auch uns selber gegenüber sein, wenn wir zum  Bösen neigen. Das Böse in uns bekämpfen, ja es "ausreißen", das erwartet er von uns. Jesu stört es nicht, wenn er verspottet wird. Aber er erträgt es nicht, wenn wir Menschen einander Böses antun. Dagegen sollen wir kämpfen.

 

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Evangelium für den 26. Sonntag im Jahreskreis, 30.9.2012, (Mk 9, 38-43.45.47-48)

In jener Zeit sagte Johannes, einer der Zwölf, zu Jesus: Meister, wir haben gesehen, wie jemand in deinem Namen Dämonen austrieb; und wir versuchten, ihn daran zu hindern, weil er uns nicht nachfolgt.

 

Jesus erwiderte: Hindert ihn nicht! Keiner, der in meinem Namen Wunder tut, kann so leicht schlecht von mir reden. Denn wer nicht gegen uns ist, der ist für uns. Wer euch auch nur einen Becher Wasser zu trinken gibt, weil ihr zu Christus gehört - amen, ich sage euch: er wird nicht um seinen Lohn kommen.

 

Wer einen von diesen Kleinen, die an mich glauben, zum Bösen verführt, für den wäre es besser, wenn er mit einem Mühlstein um den Hals ins Meer geworfen würde.

 

Wenn dich deine Hand zum Bösen verführt, dann hau sie ab; es ist besser für dich, verstümmelt in das Leben zu gelangen, als mit zwei Händen in die Hölle zu kommen, in das nie erlöschende Feuer. Und wenn dich dein Fuß zum Bösen verführt, dann hau ihn ab; es ist besser für dich, verstümmelt in das Leben zu gelangen, als mit zwei Füßen in die Hölle geworfen zu werden.

 

Und wenn dich dein Auge zum Bösen verführt, dann reiß es aus; es ist besser für dich, einäugig in das Reich Gottes zu kommen, als mit zwei Augen in die Hölle geworfen zu werden, wo ihr Wurm nicht stirbt und das Feuer nicht erlischt.

 

 


 

Weiterführende Informationen:

 

  • Mehr Informationen über Kardinal Schönborn.
  • Mehr Texte über die Heilige Schrift.

 

 

Fragen an Kardinal Schönborn?

 

  • per Video auf www.fragdenkardinal.at
  • an sein Sekretariat.

 

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