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29.03.2013

Der gekreuzigte Gott

Gott hat unser Leid, ja unseren Tod auf sich genommen, um uns daraus zu befreien.

Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn

zum Evangelium am Karfreitag,

Feier vom Leiden und Sterben Christi,

29. März 2013, (Joh 19,17-30)

Täglich sterben Menschen unter schlimmsten Qualen. Ich darf gar nicht daran denken, was in den Folterkammern an vielen Orten der Welt geschieht. Wie etwa in Syrien Menschen massakriert werden. Wie Todesängste erlitten werden. Wer spricht von ihnen? Wer gibt ihnen eine Stimme? Was geschieht mit den vielen, die in Kerkern und Kriegen, von allen vergessen, zugrunde gehen? Und so viele Millionen von Namenlosen haben in den Konzentrationslagern Hitlers und Stalins den Tod erlitten.

 

Und dann erinnern wir uns an den Tod eines Einzelnen. Jahr für Jahr, überall, in aller Welt, und das besonders heute. Am Karfreitag wird an zahllosen Orten die Geschichte vom Leiden eines Einzigen gelesen, gesungen: Die Leidensgeschichte Jesu.

 

Warum ist die Passion Jesu so erinnernswert, so bedeutsam, dass seit 2000 Jahren nicht aufgehört wird, von ihr zu erzählen? Zur Zeit Jesu gab es tausende von Kreuzigungen. So schrecklich sie waren, so alltäglich geschahen sie. Jesu Kreuzigung aber hatte etwas Einzigartiges. Der da ans Kreuz genagelt qualvoll starb, war Gottes Sohn. Das ist der wahre Grund, warum sein Leiden in so genauen Einzelheiten berichtet und überliefert wurde: Der Gekreuzigte war Gott selber! Diese Aussage ist so ungeheuerlich, dass sie alles Verstehen sprengt. Aber sie ist der Kern des christlichen Glaubens. Die Spötter über das Christentum haben es auf ihre Weise verstanden, worum es Christen ging. In den Ruinen einer Kaserne im Kaiserpalast in Rom wurde ein "Grafitti" aus der Zeit um 200. n. Chr. gefunden, das einen Gekreuzigten mit einem Eselskopf darstellt. Darunter steht: "Alexamenos betet (seinen) Gott an".

 

Das Christentum - eine "Eselei"? Der Apostel Paulus sagt, das Kreuz sei "den Heiden ein Torheit", ein Unsinn, ein Widersinn.

 

Es stimmt: Was gibt es Widersinnigeres, als dass Menschen andere Menschen zu Tode quälen? Was gibt es Perverseres als sich möglichst schreckliche Qualen auszudenken und diese anderen zuzufügen?

 

Doch was, wenn Gott selber hinabgestiegen ist in die Abgründe von Leid, Qual und Tod? Wenn er nicht neutral in seinem Himmel geblieben ist, während wir auf Erden leiden? Was, wenn Gott unser Leid, ja unseren Tod auf sich genommen hat, um uns daraus zu befreien?

 

Für mich gehört die Karfreitagsliturgie im Stephansdom zu den bewegendsten Feiern des ganzen Jahres. Das Kreuz wird langsam vor aller Menge enthüllt, während ich selber dreimal singe: "Seht das Holz des Kreuzes, an dem das Heil der Welt gehangen." Dann darf ich das Kreuz durch den ganzen Dom tragen, während die ergreifenden Klagelieder in Palestrinas Vertonung gesungen werden: "Heiliger Gott, heiliger starker Gott, heiliger Unsterblicher, erbarme dich unser!"

 

In tiefer Sammlung verehren wir unseren Gott, der die Welt so sehr geliebt hat, dass er sein Leben am Kreuz für uns gegeben hat, damit wir leben.

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Evangelium für den Karfreitag, Feier vom Leiden und Sterben Christi, 29.3.2013 (Joh 19,17-30)

Jesus trug sein Kreuz und ging hinaus zur so genannten Schädelhöhe, die auf hebräisch Golgota heißt.

 

Dort kreuzigten sie ihn und mit ihm zwei andere, auf jeder Seite einen, in der Mitte Jesus. Pilatus ließ auch ein Schild anfertigen und oben am Kreuz befestigen; die Inschrift lautete: Jesus von Nazaret, der König der Juden.

 

Dieses Schild lasen viele Juden, weil der Platz, wo Jesus gekreuzigt wurde, nahe bei der Stadt lag. Die Inschrift war hebräisch, lateinisch und griechisch abgefasst. Die Hohenpriester der Juden sagten zu Pilatus: Schreib nicht: Der König der Juden, sondern dass er gesagt hat: Ich bin der König der Juden. Pilatus antwortete: Was ich geschrieben habe, habe ich geschrieben.

 

Nachdem die Soldaten Jesus ans Kreuz geschlagen hatten, nahmen sie seine Kleider und machten vier Teile daraus, für jeden Soldaten einen. Sie nahmen auch sein Untergewand, das von oben her ganz durchgewebt und ohne Naht war. Sie sagten zueinander: Wir wollen es nicht zerteilen, sondern darum losen, wem es gehören soll. So sollte sich das Schriftwort erfüllen: Sie verteilten meine Kleider unter sich und warfen das Los um mein Gewand. Dies führten die Soldaten aus.

 

Bei dem Kreuz Jesu standen seine Mutter und die Schwester seiner Mutter, Maria, die Frau des Klopas, und Maria von Magdala. Als Jesus seine Mutter sah und bei ihr den Jünger, den er liebte, sagte er zu seiner Mutter: Frau, siehe, dein Sohn! Dann sagte er zu dem Jünger: Siehe, deine Mutter! Und von jener Stunde an nahm sie der Jünger zu sich.

 

Danach, als Jesus wusste, dass nun alles vollbracht war, sagte er, damit sich die Schrift erfüllte: Mich dürstet. Ein Gefäß mit Essig stand da. Sie steckten einen Schwamm mit Essig auf einen Ysopzweig und hielten ihn an seinen Mund.

 

Als Jesus von dem Essig genommen hatte, sprach er: Es ist vollbracht! Und er neigte das Haupt und gab seinen Geist auf.

 

 


 

Weiterführende Informationen:

 

  • Mehr Informationen über Kardinal Schönborn.
  • Mehr Texte über die Heilige Schrift.

 

 

Fragen an Kardinal Schönborn?

 

  • per Video auf www.fragdenkardinal.at
  • an sein Sekretariat.

 

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