Der koptische Papst-Patriarch Tawadros II. betonte, das ägyptische Volk lasse sich durch den Terror nicht spalten.
Der koptische Papst-Patriarch Tawadros II. betonte, das ägyptische Volk lasse sich durch den Terror nicht spalten.
Christen ließen sich durch die islamistischen Attentate vom Palmsonntag nicht einschüchtern - Abgesagt waren nur die in Ägypten üblichen Gratulationsempfänge nach den Ostermessen
Die liturgischen Osterfeiern in Ägypten haben ohne Zwischenfälle stattgefunden; außerordentlich viele Christen nahmen an den Gottesdiensten teil. Internationale Agenturen hatten eine "Al Ahram"-Meldung missverstanden, dass die "Feiern" wegen der Bombenattentate vom Palmsonntag abgesagt seien und über eine Streichung der Gottesdienste an den Heiligen Drei Tagen (Gründonnerstag, Karfreitag, Karsamstag) und am Ostersonntag berichtet. Die Meldung hatte sich freilich nur auf die in Ägypten üblichen Gratulationsempfänge nach den Ostermessen bezogen.
Diese Empfänge wurden von der koptisch-orthodoxen Kirche im Hinblick auf das Gedenken an die 46 Todesopfer des Doppelanschlags vom Palmsonntag abgesagt, wie der Sekretär des Heiligen Synods der Kirche, Bischof Rafael Yustos, bereits am Dienstag, 11. April, mitgeteilt hatte. Papst-Patriarch Tawadros II. betonte seinerseits, dass Kondolenz-Bekundungen und Osterfest-Glückwünsche nicht vermischt werden sollten. Daher bitte er die Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, statt der gewohnten Gratulationsempfänge die Familien der getöteten Märtyrer beziehungsweise die Verletzten zu besuchen, wie die Stiftung "Pro Oriente" mitteilte.
Tawadros II. empfing am Gründonnerstag den Besuch von Präsident Abd-el-Fattah al-Sisi. Der Präsident versicherte dabei, dass die Suche nach den Hintermännern der beiden Attentate vom Palmsonntag intensiviert werde. Es gebe "höchste Anstrengungen", um die Urheber "dieser niederträchtigen Verbrechen" dingfest zu machen. Der koptische Papst-Patriarch betonte seinerseits, das ägyptische Volk lasse sich durch den Terror nicht spalten. Die ägyptische Armee wird die Restaurierung der beiden am Palmsonntag von Terroranschlägen betroffenen koptischen Gotteshäuser - der Markuskathedrale in Alexandrien und der Georgskirche in Tanta - finanzieren und beaufsichtigen. Eine entsprechende Ankündigung machte Armeesprecher Tamer al-Refaie, wie "Al Ahram" berichtete.
Der Pressesprecher der katholischen Bischofskonferenz Ägyptens, P. Rafic Greiche, sagte im Gespräch mit der katholischen Nachrichtenagentur "AsiaNews" am Karsamstag, trotz der Palmsonntags-Attentate seien die Kirchen bei den Gottesdiensten voll, die Christen hätten sich nicht einschüchtern lassen. Auch wenn die Sorge über mögliche islamistische Attacken verbreitet sei, gebe es kein "Klima der Angst". Die Entscheidung, die österlichen Gratulationsempfänge und Volksfeste abzusagen, werde auch von der griechisch-orthodoxen, der katholischen und der anglikanischen Kirche des Landes mitgetragen. Alle Kirchen in Ägypten hätten aus "Respekt vor den Märtyrern" so gehandelt.
Die ägyptischen Christen seien nicht verschreckt durch die Attentate, weil sie durch eine leidvolle Geschichte im Grunde an die Gewalttaten gewöhnt seien, sagte P. Greiche: "Wir leben mit den Märtyrern". Allerdings hätten die jüngsten Anschläge - die schwerstwiegenden Verbrechen gegen die Christen seit vielen Jahrzehnten - vor allem bei wohlhabenderen Familien wieder den Gedanken an Emigration geweckt. Die Regierung tue zwar ihr möglichstes, aber es genüge nicht, die Kirchen und kirchlichen Institutionen durch ein Großaufgebot von Soldaten und Polizisten zu schützen, sagte der Pressesprecher. Man müsse mehr tun, um den Terroristen zuvorzukommen, dazu gehöre vor allem gezielte Aufklärungsarbeit.
Auch der Seelsorger der deutschsprachigen Katholiken in Kairo, Joachim Schroedel, sagte im Gespräch mit "Radio Vatikan", man spüre bei den Christen in Ägypten ein "Jetzt erst recht". Es gebe natürlich Sorge vor weiteren Anschlägen: "Aber die Christen reagieren so - und ich habe es selber am Gründonnerstag sehen können - , dass sie verstärkt die Gottesdienste besuchen und sagen: Wir zeigen, dass wir uns nicht unterkriegen lassen. Genauso sagen viele Muslime: Wir kommen zu euren Gottesdiensten. Am Gründonnerstagabend waren bei mir einige Muslime zu Gast. Sie haben noch einmal kondoliert wegen der schrecklichen Attentate". Das sei ein "gutes Zeichen des Miteinanders", so Schroedel: "Was die feigen Attentäter wollten, nämlich das Auseinanderreißen der Gesellschaft, schaffen sie in Ägypten auf keinen Fall."
Der koptisch-orthodoxe Bischof in Deutschland, Anba Damian, hat trotz der jüngsten Anschläge auf Christen in Ägypten zur Hoffnung aufgerufen. "Die Freude der Auferstehung lassen wir uns nicht verderben", sagte er in einer ökumenischen Vesper am Ostermontag im Hamburger Sankt-Marien-Dom vor mehreren Hundert Gläubigen.
Die Auferstehung Jesu gebe Hoffnung auf das ewige Leben, auch für die Opfer der Anschläge. Diese Hoffnung gelte es weiterzugeben. "Ich versichere Ihnen, dass wir auch für die Täter beten", so Damian in seiner Predigt. Der Bischof dankte für die Solidarität der Schwesterkirchen aus aller Welt: "Auf einmal habe ich das Gefühl, wir sind ein intakter Körper Christi."
Eingeladen zu der Ostervesper hatte die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) in Hamburg. Unter den Teilnehmern war u.a. auch Hamburgs Erzbischof Stefan Heße.
In seiner Osterbotschaft hatte Bischof Damian auch zum Gebet für Gewalttäter aufgerufen. "Kein Kind wird als Gewalttäter geboren, sondern als Ebenbild Gottes", so der Bischof. Die Gläubigen sollten dafür beten, "dass ihre Herzen das Böse erkennen und sich zum Guten wenden", so Damian. Wichtig seien religiöse Bildung und Erziehung im Sinne der Nächstenliebe.
"Kein Attentäter der Welt kann uns unseren christlichen Glauben und unsere Hoffnung nehmen", betonte Damian. "Man kann uns töten, aber das ewige Leben kann uns niemand nehmen."