Papst Franziskus drückte es so aus: „Dieses Gesicht hat geschlossene Augen; es ist das Gesicht eines Toten, und doch schaut es uns auf geheimnisvolle Weise an und spricht zu uns im Schweigen.(...)"
Papst Franziskus drückte es so aus: „Dieses Gesicht hat geschlossene Augen; es ist das Gesicht eines Toten, und doch schaut es uns auf geheimnisvolle Weise an und spricht zu uns im Schweigen.(...)"
„Begegnung“ in Turin
Ich kann mich noch ganz genau an meine erste persönliche „Begegnung“ mit dem Turiner Grabtuch erinnern: Es war am 23. August 2000. Wir, eine Gruppe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Erzdiözese, hatten die Turiner Ausstellung als Schluss- und Höhepunkt einer Kulturfahrt durch Italien angesteuert.
Es war noch früh am Morgen, wir wurden durch abgedunkelte Gänge in die menschenleere Kathedrale geleitet – und plötzlich traten wir, wie aus einer Kulissengasse, vor das matt erleuchtete Grabtuch. Der Anblick traf mich buchstäblich wie ein Blitz, ich hatte nur mehr den einen Gedanken: „Und alles ist wahr...“: Inkarnation, Passion...
Dabei hatte ich mich seit 1982, seit einem Vortrag von Prof. Werner Bulst, den dieser in Wien an der Technik gehalten hatte, kontinuierlich für dieses geheimnisvolle Objekt interessiert.
Und dennoch war es nun etwas anderes: Trotz aller wissenschaftlichen Informationen sprach das Tuch, dieser stumme Zeuge einer grauenhaften Hinrichtung in mir – und wohl auch allen anderen Betrachtern – eine gleichsam vorwissenschaftliche Ebene an, eine Ebene des Mitleids, der Betroffenheit, des Schmerzes, die mich zum Zeitgenossen des Geschehens machte, über zwei Jahrtausende hinweg.
Dieses Tuch sprach und spricht nicht nur von der Grausamkeit der Menschen, von der Ohnmacht der Opfer (wie aktuell ist dies heute!), sondern zeigt in den Zügen des „Mannes auf dem Tuch“ eine unvergleichliche Würde und Erhabenheit, ganz so, wie es Papst Franziskus ausdrückte: „Dieses Gesicht hat geschlossene Augen; es ist das Gesicht eines Toten, und doch schaut es uns auf geheimnisvolle Weise an und spricht zu uns im Schweigen.(...)
Lassen wir uns also von diesem Blick berühren, der nicht unsere Augen sucht, sondern unser Herz.“ (Videobotschaft am Karsamstag, 30. März 2013).
Artikel zum Thema:
Wer ist der Mann auf dem Tuch?
mit einem Interview mit Bettina v. Trott zu Solz Kuratorin der Ausstellung im Erzbischöflichen Palais (Wollzeile 2, 1010 Wien) vom 8. Juni bis 16. Juli
Info zur Ausstellung Turiner Grabtuch im Wiener Erzbischöflichen Palais:
www.turinergrabtuch.at
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