Caritas-Präsident Michael Landau im Kinderzentrum in Charkiv.
Caritas-Präsident Michael Landau im Kinderzentrum in Charkiv.
Start zur traditionellen Februar-Sammlung, mit der die Caritas in der Ukraine und in anderen Ländern 50.000 Kindern vor allem Zugang zu Bildung ermöglichen will.
"Mit Krieg als Dauerzustand dürfen wir uns niemals abfinden. Friede muss immer das Ziel sein, damit Menschen nicht ums Überleben kämpfen müssen und Kinder die Chance auf ein kindgerechtes Aufwachsen erhalten." Das hat Caritas-Präsident Michael Landau bei einer Pressekonferenz mit österreichischen Journalisten, in der ostukrainischen Stadt Charkiv betont. Landau hat zum Auftakt der diesjährigen Februar-Sammlung der Caritas, bei der vor allem Kinder im Mittelpunkt stehen, Hilfsprojekte in der Ukraine besucht, wo seit 2014 im äußersten Osten ein blutiger Krieg tobt und u.a. hunderttausende Kinder dringend Hilfe benötigen. "Das ist nicht nur ein vergessener Krieg, sondern vor allem auch ein humanitäres Drama! Krisen wie diese zerstören Gegenwart und Zukunft von Kindern!", so Landau.
Insgesamt seien bereits bis zu fünf Millionen Menschen vom seit vier Jahren andauernden Konflikt in der Ostukraine betroffen, darunter rund 600.000 Kinder, berichtete der Caritas-Präsident. Mehr als 10.000 Menschen wurden getötet. Rund drei Millionen Menschen mussten ihre Wohnorte verlassen, innerhalb des Landes sind bis zu 1,7 Millionen Menschen als sogenannte Binnenflüchtlinge vertrieben. Viele der Geflüchteten seien arbeitslos und ihre finanziellen Mittel erschöpft, so Landau. Die Zahl jener Menschen in der Ostukraine, die zu wenig zu essen haben, sei auf 1,2 Millionen gestiegen.
Vor allem ältere Menschen, Kinder und Alleinerzieherinnen, innerhalb des Landes geflüchtete Personen und Menschen mit Behinderungen zählen zu den besonders gefährdeten Gruppen. Es fehle etwa an sauberem Wasser, Decken, Kleidung, Hygieneartikeln, Öfen und Heizmaterial. Es seien bei Kriegen immer die gleichen Gruppen, die besonders leiden: alte Menschen und Kinder, so Landau: "Jedes Kind hat aber das Recht auf Träume, Bildung, Wachstum."
Die Caritas hat sich das Ziel gesetzt, im Rahmen der Februar-Sammlung mit Spendengeldern aus Österreich 50.000 Kindern ein chancenreiches Aufwachsen und den Zugang zu Bildung zu ermöglichen; im heurigen Schwerpunktland Ukraine aber auch in anderen Ländern. Landau: "Wenn Kinder nicht lernen dürfen oder können, dann hat das katastrophale Auswirkungen auf ihr ganzes Leben und die Gesellschaft, in der sie aufwachsen. Auswirkungen auf ihre Zukunft. Kinder sind Gegenwart und Zukunft der Gesellschaft."
Freilich: Die Folgen der Armut waren in der Ukraine schon vor Ausbruch des Konflikts 2014 unübersehbar, so Landau: "Tausende alte Menschen und sozial schwache Familien leben in Wohnungen ohne Strom, Gas und Heizung, weil sie die Rechnungen nicht begleichen können. Jeden Winter erfrieren dutzende Menschen, zum Teil in ihren Wohnungen. Durch den Krieg hat sich die Armutssituation der Familien vor allem in der Pufferzone entlang der Frontlinie zugespitzt. Es gibt kaum Möglichkeiten, Geld zu verdienen. Der Verfall der Währung Hryvna, gepaart mit einer hohen Inflation, verschärft die Not zusätzlich."
Landau war bei seinem Ukraine-Besuch in den ostukrainischen Städten Charkiv, Slowjansk und Kramatorsk sowie in der Pufferzone unterwegs - jener Zone, die direkt an die Frontlinie zwischen der ukrainischen Armee und den Separatisten angrenzt. In der Pufferzone sei die Armut noch deutlicher und zeige noch dramatischere Auswirkungen, vor allem auch auf Kinder, so der Caritas-Präsident. Zehntausende Kinder, die innerhalb der Zone leben, seien nicht nur den Gefahren eines Aufwachsens im Krieg ausgeliefert, sondern auch isoliert - "nicht zuletzt von dem, was ein Kinderleben ausmacht: lernen, lachen, spielen, entdecken".
Die Caritas betreibt in der Ukraine 15 Kinderzentren und unterstützt eine Reihe weitere Einrichtungen, in denen tausende Kinder in ihrer psycho-sozialen Entwicklung gefördert werden. Die Kinder erhalten Nachhilfe, damit sie dem Schulunterricht wieder folgen könne, sie bekommen psychologische Unterstützung, um ihre im Krieg erlittenen Traumata aufzuarbeiten, sie bekommen zu Essen und können mit anderen Kindern spielen bzw. an Freizeitaktivitäten teilnehmen.
In Zusammenarbeit mit den lokalen Caritas-Zentren sind mobile Teams aus Ärzten und Krankenpflegern in den Regionen Donezk und Lugansk unterwegs. Sie führen Untersuchungen durch und verteilen Medikamente und Hygieneartikel. Außerdem erhielten 200 Freiwillige eine Basisschulung in Hauskrankenpflege. Sie besuchen gegen eine geringe Aufwandsentschädigung regelmäßig bedürftige Menschen. Die Freiwilligen helfen auch beim Einkauf. Trinkwasser zum Beispiel muss herangeschafft werden, denn in vielen Orten ist das Leitungswasser nicht genießbar. Insgesamt 1.200 Menschen erhielten Unterstützung. Dieses Projekt wurde durch die staatliche Österreichische Entwicklungszusammenarbeit kofinanziert.
Die Winterhilfe der Caritas ist auch in der Pufferzone bereits im Gange. Viele Häuser sind schwer beschädigt und im Winter kaum zu heizen, da Fernwärme- und Wasserleitungen zerstört sind. Im Rahmen eines Wiederaufbauprogrammes gemeinsam mit lokalen Partnerorganisationen wurden 750 Häuser in der Region Lugansk winterfest gemacht. An der Kontaktlinie und in den nichtregierungskontrollierten Gebieten wurden 800 Haushalte mit Kohle und Brennholz versorgt. - Die Caritas ist eine von wenigen Organisationen, denen es fallweise möglich ist, im Separatistengebiet humanitäre Einsätze durchzuführen. Um die Hilfe im bis zu minus 30 Grad kalten Winter in der Ukraine fortzusetzen, "brauchen wir aber dringend Unterstützung", so der Appell Landaus.
Caritas Februarsammlung-Spendenkonto: Erste Bank, IBAN: AT23 2011 1000 0123 4560, Kennwort: Kinder in Not
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