Wo Menschen sich zusammenfinden und ernstlich in Kontakt treten, wird beides deutlich: die Einheit und Einigkeit, aber auch die Unterschiede
Wo Menschen sich zusammenfinden und ernstlich in Kontakt treten, wird beides deutlich: die Einheit und Einigkeit, aber auch die Unterschiede
Sr. Mag. Christine Rod MC schreibt in der Zeitung der Erzdiözese Wien "Der SONNTAG" zum Evangelium zum 7. Sonntag der Osterzeit (2. 6. 2019).
zum 7. Sonntag der Osterzeit; Johannes 17, 20-26
mit Impuls - Inspiriert vom Evangelium
Papst Franziskus nennt uns Ordensleute einmal „Experten des gemeinschaftlichen Lebens“. „Wir haben uns nicht gesucht, aber wir haben uns gefunden“, hat eine Mitschwester einmal seufzend-schmunzelnd gesagt.
Natürlich sind wir nicht die alleinigen „Expertinnen“ für gemeinsames Leben, aber Gemeinsamkeit, Einheit und Verschiedenheit, das sind doch „Dauerbrenner“ in der Ordenswelt.
Einheit und Verschiedenheit, Gemeinsames und Trennendes, Verbundenheit und Eigenstand, diese Spannungsfelder sind so alt wie die Menschheit selber.
Im Einssein erfahren wir Menschen so etwas wie Geborgensein und Vertrautheit, wie Zugehörigkeit und Beheimatung.
Im Anderssein erleben wir, dass jeder und jede von uns einzigartig ist und sich auf seine Weise entfalten und sich seinen Platz im Leben suchen kann.
Wo Menschen sich zusammenfinden und ernstlich in Kontakt treten, wird beides deutlich: die Einheit und Einigkeit, aber auch die Unterschiede. Manchmal sind es sogar mehr und schmerzlichere Unterschiede, als es Gemeinsamkeiten gibt. Und es wird klug sein, nicht nur auf das Gleichgesinntsein zu pochen, sondern einem hohen Maß an Unterschiedlichkeit, vielleicht sogar auch bis hin zum Fremdsein zuzustimmen.
Menschen in einer Gemeinschaft leben von dem, was sie verbindet und eint, und sie leben von dem, was sie unterscheidet und trennt – und dadurch inspiriert und bereichert.
Jesus wird dieses menschliche Urthema im heutigen Evangelium in den Mund gelegt. Und das am 7., am letzten Ostersonntag, nachdem die Himmelfahrt schon den endgültigen Abschied von Jesu Erdenleben eingeläutet und ihn unübersehbar konkret gemacht hat.
Irgendetwas muss also der Johannesgemeinde an diesem Thema besonders wichtig gewesen sein, so dass es gleichsam wie ein Vermächtnis zum Schluss noch dazugegeben wird.
Vielleicht ist diese Spannung von Einssein und Verschiedenheit nicht nur ein allgemein-menschliches Thema, sondern vielleicht ist sie auch ein besonderes Geheimnis unseres Glaubens: Wir sind gerufen und berufen, ganz nah bei Gott zu sein, mit ihm verbunden zu sein und zu bleiben.
Und gleichzeitig (zugegebenermaßen an anderer Stelle im Evangelium) sind wir gesandt, aus unserem schönen vertrauten Umfeld in die Welt „hinaus zu gehen“. Aber nicht, um eine Trennung oder gar eine Spaltung zwischen Gott und der Welt zu schaffen, wie wir sie leider in der Theologie und in unserem Glauben viel zu lange hatten. Sondern im Gegenteil: Gott will ganz – mit unserer Hilfe - in und mit unserer Welt sein, „damit die Liebe in ihnen ist und damit ich in ihnen bin“.
Deshalb sagt uns das 2. Vatikanische Konzil gleich zu Beginn der Kirchenkonstitution, dass die Kirche „Zeichen und Werkzeug für die innigste Vereinigung mit Gott und für die Einheit der ganzen Menschheit“ ist.
nach Johannes 17, 20-26
In jener Zeit erhob Jesus seine Augen zum Himmel und betete: Ich bitte nicht nur für diese hier, sondern auch für alle, die durch ihr Wort an mich glauben.
Alle sollen eins sein: Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, sollen auch sie in uns sein, damit die Welt glaubt, dass du mich gesandt hast.
Und ich habe ihnen die Herrlichkeit gegeben, die du mir gegeben hast, damit sie eins sind, wie wir eins sind, ich in ihnen und du in mir. So sollen sie vollendet sein in der Einheit, damit die Welt erkennt, dass du mich gesandt hast und sie
ebenso geliebt hast, wie du mich geliebt hast.
Vater, ich will, dass alle, die du mir gegeben hast, dort bei mir sind, wo ich bin. Sie sollen meine Herrlichkeit sehen, die du mir gegeben hast, weil du mich schon geliebt hast vor Grundlegung der Welt.
Gerechter Vater, die Welt hat dich nicht erkannt, ich aber habe dich erkannt und sie haben erkannt, dass du mich gesandt hast.
Ich habe ihnen deinen Namen kundgetan und werde ihn kundtun, damit die Liebe, mit der du mich geliebt hast, in ihnen ist und ich in ihnen bin.
Inspiriert vom Evangelium
Ich nehme mir vor, auf das zu schauen, was uns in meiner Pfarrgemeinde, in meiner Gemeinschaft, in meiner Familie unterscheidet und trennt – bereichernd ebenso wie schmerzlich?
Ich versuche, bei aller Sehnsucht nach dem Eins-Sein, das Anderssein zuzulassen – im Vertrauen darauf, dass es da noch etwas zu entdecken gibt.
Und ich glaube daran, dass dann die Aufmerksamkeit wachsen kann, das Gemeinsame, das Einende, die Einheit in neuer Freiheit zu entdecken.
Sr. Mag. Christine Rod MC
ist Regionalleiterin der Missionarinnen Christi für Deutschland und Österreich.
Wir bieten hier den Pfarren die Doppelseite des SONNTAG mit den Schriftstellen und dem Evangeliumskommentar zum Ausdruck als *pdf an.
weitere Informationen zu
E-Mail-Adresse: redaktion@dersonntag.at